Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)
fragte: „Wo ist es?“
„Die meisten aus unserem Grabungsteam sind letzte Woche abgereist, aber Jamison, ein Archäologe, ist noch dageblieben, zusammen mit mir. Er ist ein guter Freund, er wollte nicht, dass ich ganz allein hierbleibe. Nachdem ich das Kreuz gefunden habe … na ja, ich habe ihm die Lage erklärt und ihn gebeten, diesen Talisman für mich zurück nach Colorado zu bringen.“
In seinem Blick lag Abscheu. Wieder marschierte er auf und ab und fluchte irgendetwas vor sich hin. Dann wandte er sich an Saige. „Du hast diesem Kerl also die ganze hässliche Geschichte erzählt“, höhnte er, „und er hat dir das einfach so geglaubt?“
„Ja.“
„Anscheinend ein extrem gutgläubiger Bursche, was?“
Bevor sie etwas erwidern konnte, legte er leicht den Kopf schräg. „Hast du mit ihm gevögelt?“
Saige kniff die Augen zusammen. „Das geht dich überhaupt nichts an.“
„Und ob mich das was angeht.“ Die Hände steckten noch in seinen Hosentaschen, sie waren zu Fäusten geballt. „Du verwickelst den armen Kerl in diese Sache, und wegen dir wird er wahrscheinlich als Hackfleisch enden. Ich muss wissen, wie eng eure Beziehung ist.“
„Er ist ein Freund“, stieß sie durch zusammengebissene Zähne hervor. „Und ein Kollege. Lieber Himmel, Quinn, hältst du mich für die Art Frau, die mit Mitarbeitern herummacht?“
In seinen Augen blitzte etwas auf, grausam und voller Eifersucht, und sie wusste, dass seine nächsten Worte sie zutiefst verletzen würden. „Du wolltest mit mir vögeln, nachdem wir uns gerade mal ein paar Stunden kannten. Für was soll ich dich denn halten?“
„Du verdammtes Arschloch“, zischte sie und sprang mit erhobenen Fäusten auf. Er packte ihre Handgelenke und hielt sie fest. Eine solche Wut hatte sie noch nie zuvor in den Augen eines Menschen gesehen.
„Ich bin heute schon genug zusammengeschlagen worden, und das bloß wegen dir“, murmelte er kaum hörbar. „Denk nicht einmal dran.“
Als hätte ihn die Berührung ihrer Haut verbrannt, ließ Quinn plötzlich ihre Handgelenke los, drehte ihr den Rücken zu und starrte durch die gläserne Schiebetür nach draußen. Saige schloss die Augen und fuhr sich mit den Händen über das verdreckte T-Shirt, um ihre chaotischen Gefühle wieder unter Kontrolle zu bringen.
Lange Zeit war nur ihr keuchender Atem zu hören, bis er langsam und heiser weitersprach: „Du bittest also diesen Typ Haley, das Kreuz nach Colorado zu bringen, obwohl du verdammt genau weißt, wie gefährlich das sein könnte. Ich meine, Templeton war da bereits verschwunden, und dein Erwachen hatte schon begonnen.“ Ein hässliches Lachen kam aus seiner Brust. „Mann, ich habe fast Angst davor, zu erfahren, was du für den armen Kerl vorgesehen hast, sobald er da ankommt.“
„Ich habe überhaupt nichts für ihn vorgesehen. Er soll sich mit mir am Dienstagmorgen in dem Coffeeshop des Douglas Resort treffen, außerhalb von Denver. Sobald er mir das Kreuz gegeben hat, macht er sich auf den Heimweg nach England.“
„Wenn die Casus Verdacht schöpfen, dass er das Kreuz haben könnte, wird er niemals in Denver ankommen. Du musst ihn anrufen. Sag ihm, er soll so schnell wie möglich mit Riley Kontakt aufnehmen.“
„Ich kann ihn nicht anrufen.“ Sie stellte sich neben ihn. Während Quinn den dunkler werdenden Abendhimmel nicht aus den Augen ließ, starrte Saige gierig sein perfektes Profil an. Die Schatten auf seinem Kinn ließen ihn hart wirken … gefährlich, doch der sinnliche Schwung seiner festen, maskulinen Lippen machte ihn gleichzeitig wunderschön. Sie musste daran denken, wie sie bei dem warmen Geschmack seines Mundes geradezu dahingeschmolzen war, und ihre Stimme war heiser vor Lust. „Ich hatte Angst, jemand könnte über sein Handy seinen Aufenthaltsort feststellen, deshalb habe ich ihm gesagt, er soll es immer ausgeschaltet lassen, außer in absoluten Notfällen. Und mein Handy ist natürlich in meinem Rucksack, weshalb auch er mich nicht erreichen kann.“
Er ließ ein Geräusch hören, das tief aus seiner Kehle kam. „Na ja, das haben die Casus wahrscheinlich längst weggeschmissen. Die sind nur an diesen Karten interessiert.“ Er warf ihr einen frustrierten Blick zu. „Was hast du dir bloß dabei gedacht?“
Ob er mit der Frage Jamison meinte, das Handy oder die gesamte Situation, war Saige unklar, aber das spielte auch keine Rolle. Sie hatte für nichts davon eine befriedigende Antwort, und das wusste sie auch.
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