Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)
hinter sich schloss, wandte sie sich um und sah ihm in die Augen. „Auch ohne dich.“
13. KAPITEL
Montagmorgen
New Mexico
Jamison Haley saß an einem kleinen runden Tisch in der Ecke des angesagten Kaffeehauses, nippte an seinem doppelten Cappuccino und versuchte, entspannt und zuversichtlich zu wirken, obwohl sein Herz vor Nervosität raste. Seit fünf Tagen war er nun schon auf sich allein gestellt, letzte Nacht hatte er sich schließlich ein Zimmer in einem der örtlichen Hotels genommen und satte acht Stunden durchgeschlafen. Wenn er es rechtzeitig zu dem Treffen mit Saige morgen Nachmittag in Denver schaffen wollte, musste er sich bald wieder auf den Weg machen, aber nach all den Stunden in überfüllten Zügen, Bussen und kleinen Inlandsflugzeugen wollte er wenigstens einmal irgendwo ein schnelles Frühstück zu sich nehmen, das nicht nach dem Schweiß genervter Mitreisender schmeckte.
Saiges geheimnisvolles Kreuz brannte in seiner Hosentasche wie ein Phantomschmerz, eine ständige Erinnerung an seine Freundin und die Gefahren, von denen sie geredet hatte. Er hätte sie gern angerufen, um sicherzugehen, dass mit ihr alles in Ordnung war, aber er hatte ihr versprechen müssen, außer in Notfällen keinen Kontakt aufzunehmen. Und bisher war seine Reise eher ereignislos verlaufen. Fast hätte er erwartet, irgendwelchen Monstern entwischen zu müssen wie in einem dieser Horrorfilme, aber außer einem Säufer in einem Zug in Mexiko, der Jamisons reservierten Sitzplatz nicht räumen wollte, war die Reise bar jeder Aufregung gewesen. Er konnte nur hoffen, dass es Saige ebenso erging. Sie dort zurückzulassen hatte ihm gar nicht gefallen, aber sie hatte ihm versichert, auf sich aufzupassen, und ihn nur um diesen einen Gefallen angefleht. Normalerweise war Jamison viel zu selbstbezogen, um für irgendjemanden sein Leben aufs Spiel zu setzen, aber bei Saige war das etwas anderes.
Für Saige wäre er bis ans Ende der Welt marschiert.
Er lehnte sich zurück und sah sich in dem überfüllten Kaffeehaus um, bestaunte die vielfältige Kundschaft, die von schlafmützigen Schülern bis zu hektischen Yuppies reichte, deren Handys an ihren Ohren zu kleben schienen. Aber vor allem eine Rothaarige in schwarzem Lederminirock und hohen Stiefeln erregte seine Aufmerksamkeit. Was vielleicht daran lag, dass sie ihn an Saige erinnerte – und in die war er schon immer heimlich verknallt gewesen – oder vielleicht auch daran, dass sie ihn so komisch ansah, als wollte sie ihn bei lebendigem Leib verspeisen. Wie auch immer, Jamison konnte die Augen nicht von ihr lassen, während sie ihn ihrerseits einladend fixierte. Sie war unglaublich hübsch, seine Wangen erhitzten sich, bestimmt war deutlich zu sehen, dass er rot wurde, und das war ihm furchtbar peinlich.
Sie nahm ihren Kaffe zum Mitnehmen entgegen, warf ihm noch ein Lächeln zu, trat aus dem Laden und verschwand in der Menge. Jamison schüttelte den Kopf über sich selbst, atmete unsicher aus und wartete, bis sein Körper sich wieder beruhigte, dann schnappte er seinen eigenen Kaffeebecher und machte sich auf den Weg zu seinem Hotel. Er musste noch sein Gepäck holen und bezahlen, bevor er sich in den Mietwagen setzen und die lange Fahrt hinauf nach Denver antreten konnte. Dort angekommen, würde er sich ein nettes Plätzchen suchen und so lange auf Tauchstation gehen, bis er Saige das Kreuz zurückgeben konnte. Dannach konnte er endlich heim nach England fliegen und einen langen, sehr verdienten Urlaub antreten.
Jamison lächelte den Portier in seinem Hotel an, betrat den Fahrstuhl, fuhr hoch in den fünften Stock und schloss mit der Chipkarte auf. Er hatte gerade die Tür hinter sich geschlossen und die Karte zu Saiges Kreuz in die Tasche gesteckt, als er aus den Augenwinkeln etwas Rotes aufleuchten sah. Er fuhr herum und erschreckte beim Anblick der hübschen Rothaarigen aus dem Kaffeehaus, die auf seinem Bett saß. Sie hatte ihre langen schönen Beine übereinandergeschlagen, stützte sich mit den Händen im Rücken auf der Matratze ab, eine provozierende Pose, die ihre Brüste unter dem engen schwarzen T-Shirt betonte.
So saß sie geradezu aufreizend verführerisch da, als hätte sie nichts Schlimmeres im Sinn, als mit einem Fremden ein Stündchen zwischen den Laken herumzutollen. Aber es war dieser kalte, berechnende Blick aus ihren großen grünen Augen, der sie verriet.
Na ja, das und diese unheilvoll aussehende Neunmillimeter, die neben ihr auf dem Bett
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