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Wenn das Glück dich erwählt

Wenn das Glück dich erwählt

Titel: Wenn das Glück dich erwählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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er im April oder spätestens im Mai die Ranch verlassen würde, um nie wieder zurückzukehren?
    Evange li ne widersprach ihm nicht. Sie hatte heute hart gearbeitet, wie immer eigentlich, und war bereit, sich bei ihrer Näharbeit ein wenig zu entspannen oder vielleicht sogar ins Bett zu gehen. Sie ahnte, dass sie heute Abend Schwierigkeiten haben würde einzuschlafen und dass sie, falls es ihr dann doch gelingen sollte, wahrscheinlich von dem schwarzen Wolf träumen würde. Oder von Scully, wie er auf seinem Hengst die Ranch verließ, ohne sich auch nur ein einziges Mal noch nach ihr umzuschauen.
    Ihre Kehle war wie zugeschnürt, als sie zustimmend nickte, ohne ihn anzusehen, und aufstand, um das Kleid zu holen, das sie für sich nähte. Es war grün, eine Farbe, von der sie hoffte, dass sie gut zu ihren Augen passte, und im Allgemeinen erfüllte es sie schon mit Freude, diesen feinen Stoff bloß in der Hand zu halten. Heute Abend jedoch war es anders, was nicht weiter überraschend war. Ihre Stiche waren nicht so gleichmäßig wie sonst, vielleicht, weil ihre Hände noch immer zitterten, und nach einer Weile gab sie es auf, legte Stoff und Garn beiseite und sehnte sich plötzlich nach einem Bad.
    Evange li ne liebte heiße Bäder, aber sie waren schon unter den günstigsten Umständen sehr schwer zu bewerkstelligen, und meist begnügte sie sich daher mit einer Katzenwäsche in dem kleinen Anbau. In dieser Nacht jedoch, nach dem Wolf, dem Kuss und Scullys Ankündigung, im nächsten Frühjahr fortzugehen, hätte sie sich nichts Tröstlicheres vorstellen können, als tief in einer Wanne mit heißem Wasser zu versinken und die parfümierte Seife zu benutzen, die sie aus dem Osten mitgebracht hatte. Sie war ein Abschiedsgeschenk von Rachel, dieses kleine, ovale Stück Seife aus duftendem Lavendel und pflegendem Lanolin, und eine Rarität, die für ganz besondere Gelegenheiten aufgehoben werden musste.
    Irgendwann ging Abigail zu Bett, und Scully verschwand wortlos in seinem Anbau, mit einer Lampe in der einen Hand und einem Buch in der anderen. Evangeline wartete, bis sie eine gute Stunde später sein Licht ausgehen sah, bevor sie den großen Waschzuber aus der Speisekammer zum Kamin hinüberschleppte und ihn ganz dicht vor das Feuer schob. Ihn zu füllen erforderte eine weitere Stunde und das gesamte Wasser, das im Haus war, aber darüber machte sie sich keine Sorgen. Sie würde gleich morgen früh zur Quelle gehen, um mehr zu holen, obwohl sie diesmal Scullys Revolver mitnehmen und Abigail zu Hause lassen würde, in der Hütte, wo sie sicher war.
    Das Wasser kühlte ein wenig ab, während Evange li ne die Lampen löschte - sie li eß nur eine brennen und drehte den Docht sehr tief herunter -, aber als sie sich auszog und in die Wanne stieg, stellte sie fest, dass es noch immer ziemlich heiß war. Dankbar setzte sie sich hinein und lehnte sich seufzend zurück, als sie spürte, wie die Wärme ihre Muskeln entspannte und in jede einzelne ihrer Poren drang. Sie nahm sie wahr bis in die Knochen, diese Wärme, und hatte das Gefühl, dass sie sogar bis in ihre Seele vordrang, um ihr neue Kraft zu geben.
    Sie nahm das kostbare Stück Seife und schäumte es mit den Händen ein, bis sie seinen würzigen Duft wahrnehmen konnte. Sie war sehr empfindlich für Gerüche, gute wie auch schlechte, und dieser hier entführte sie in eine anmutigere, sanftere Welt, in der immerwährender Friede herrschte und Träume sich verwirklichten - oder zumindest doch die meisten. Sie wusch sich am ganzen Körper mit der Seife und genoss den wunderbaren Duft.
    Diese herrlich verträumte Stimmung verflog jedoch schlagartig, als Evangeline merkte, dass Scully in der Tür zu seinem Zimmer stand, ein Schatten nur, der bewegungslos am Rahmen lehnte.
    Sie starrte ihn an und verschränkte rasch die Arme, um ihre Brüste zu bedecken, aber sie war nicht halb so schockiert, wie sie es eigentlich hätte sein müssen. Es war nichts Obszönes an der Art, wie er dastand, nichts Hässliches. Stattdessen schien er wie hypnotisiert zu sein, wie urplötzlich zu einer Salzsäule erstarrt zwischen zwei Schritten, sodass er sich weder vorwärts noch zurückbewegen konnte.
    »Scully?«, rief sie leise, um Abigail nicht zu wecken.
    »Ich wollte nicht...«, begann er.
    »Ich weiß«, antwortete sie leise.
    »Ich dachte, du würdest schon schlafen. Ich war auf dem Weg hinaus.«
    »Schon gut, Scully«, sagte sie. »Aber es wäre gut, wenn du mir jetzt den Rücken zukehren

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