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Wenn das Herz im Kopf schlägt

Wenn das Herz im Kopf schlägt

Titel: Wenn das Herz im Kopf schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
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das Land. Langsam dreht er sich um die eigene Achse, versucht, sich die Autos und Menschen wegzudenken.
    Warum gerade hier? Zufall oder Absicht? Bist du zufällig oder absichtlich vorbeigekommen? Warum dieser Mann? Zufall – Absicht? War Gietmann zufällig oder willentlich hier? Wart ihr verabredet? Warum hast du seinen Stock auf der Straße liegen lassen? Zufällig oder willentlich? Hast du ihn übersehen? Hattest du es eilig?
    Er atmet tief durch und folgt Bongartz.
    Der Wirtschaftsweg teilt sich in zwei von Treckern ausgefahrenen, unbewachsenen Reifenspuren mit einer grasbewachsenen Mittellinie. Der Tote liegt auf seiner rechten Körperseite in der linken Spur. Sein Kopf mit dem dichten, grauen Haar ruht auf dem grünen Mittelstreifen. Die Hände sind ihm auf dem Rücken mit einem Hanfseil zusammengebunden. Sein rechtes Bein ist gestreckt, das linke angewinkelt. Wenn man ihn aufrichten würde, wäre er ein Läufer im Sprint.
    Der Lodenmantel ist geöffnet und vom Nacken aus über die Oberarme heruntergezogen. Die Mantelschöße liegen hinter dem Körper. Nur die gefesselten Hände und das ausgeflossene Blut scheinen seinen Mantel zu halten und ihn am Lauf zu hindern.
    »Verblutet ist der. Solche Mengen Blut fließen nicht, wenn einer schon tot ist.« Bongartz bewegt sich sicher zwischen den kleinen Nummerntafeln der Spurensicherung. »Die Pulsadern sind fachmännisch aufgeschnitten, aber nicht weit genug. Der ist langsam gestorben!«
    »Langsam?« Böhm wartet. Er wartet darauf, dass der Tote aufspringt und losrennt. »Wie langsam?«
    »Über Stunden.« Bongartz stemmt seine Hände in den Rücken und richtet sich mühsam auf. »Entweder die Arbeit eines Stümpers oder eine echt fiese Geschichte.«
    Böhm schaut sich die Knoten der Handfessel an. Warum hat man dir das angetan? Zufall? Oder hast du jemand anderem etwas angetan? Hast du ihn gekannt? »Haben wir alle Fotos?«
    Joop nickt. »Hat Lembach gleich als Erstes erledigt!«
    Bongartz macht sich an der Hose des Toten zu schaffen.
    Böhm dreht sich weg. Für ihn ist und bleibt das der Augenblick, in dem einem Mordopfer die Würde genommen wird. Bis heute weigert er sich, Zeuge dieses Vorgangs zu sein. Hier im Beisein von Fremden, wird dem Mann die Hose heruntergezogen, seine Pobacken gespreizt und die Temperatur genommen. Böhm weiß genau, wann er sich wieder umdrehen kann. »Wie lange?«
    »Nicht lange!« Bongartz dreht den Toten auf den Bauch und zieht Pullover und Unterhemd hoch. Er betrachtet die Liegeflecken der Leiche und nickt zufrieden. »Ja, das passt! Etwa acht Stunden!« Er beginnt seine Utensilien zusammenzupacken. »Außerdem hat er eine satte Prellung am Hinterkopf, und die hat er sich zu Lebzeiten geholt. Die ist nämlich prallvoll mit Blut.« Er winkt die beiden Männer des Bestattungsunternehmens zu sich heran. »Packen Sie ihn ein und bringen Sie ihn ins Städtische, aber seien Sie vorsichtig. Wenn Sie hier auch nur eines dieser kleinen Nummernschilder verschieben, zeigen wir Sie an wegen Vernichtung von Beweismaterial.«
    Böhm sieht die beiden an. Es sind keine Männer, sondern ein Mann und eine Frau, die eine graue Wollmütze trägt. Er lächelt sie an. »Er ist ein bisschen krank. Sonst ist er nicht so.«
    Die Frau reagiert nicht. Zwei dünne Kabel kriechen unter ihrer Mütze hervor und verschwinden im Kragen ihrer dunkelgrünen Sweatshirtjacke.
    Böhm schluckt. Sie hört Musik.
    »Können wir die Fesseln lösen?« Der Mann zeigt auf die zusammengebundenen Hände.
    »Ja! Kein Problem.«
    Die Frau kniet sich nieder und entfernt geschickt die Fessel.
    Joop zieht die Lippen schmal und schüttelt den Kopf. »Bin ich ein Macho, wenn ich finde, dass das kein Job für eine Frau ist?«
    Böhm zieht die Augenbrauen zusammen und nickt. »Ja, das bist du.«
    Lembach und seine Leute sind in ihre Arbeit am Straßenrand vertieft. Aus der Ferne sehen sie in ihren weißen Overalls aus wie Imker auf der Suche nach verloren gegangenen Bienenschwärmen
    Van Oss steht schweigend neben ihm. Diese Stille! Nicht einmal die allgegenwärtigen Krähen schreien. Plötzlich sieht er es. »Wo sind seine Schuhe?«
    »Lembach sucht noch, aber er vermutet, dass der Mörder die anhat.« Van Oss zeigt auf die Täfelchen, mit denen Lembach dokumentiert hat, wo er überall Fußabdrücke gefunden hat. »Oder besser, dass der Mörder die getragen hat, während er seiner Arbeit hier nachgegangen ist.«
    Ohne den Blick von dem Toten zu nehmen, ruft er Bongartz zu: »Weißt du,

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