Wenn das Herz im Kopf schlägt
Strich-Achter-Mercedes von Joop van Oss, zwei Einsatzwagen und den Bulli der Spurensicherung. Der Volvo von Bongartz ist auch da.
Als er aussteigt, kommt Joop ihm entgegen. »Hey! Ich hasse das.« Er schiebt seine Hände noch tiefer in die Taschen seiner roten Windjacke. »Ich kann das nicht haben, wenn die Toten im Freien liegen.« Er tritt mit der Fußspitze gegen den Reifen von Böhms Auto. »Wenn sie im Freien liegen, sehen sie immer aus wie weggeworfen.« Wieder tritt er gegen den Vorderreifen.
Böhm zieht den jungen Holländer am Ärmel von seinem Auto weg. »Komm, wir stellen uns an dein Auto und reden da weiter, ja?«
Van Oss stutzt einen Augenblick, dann grinst er breit. »Ach nee, lieber nicht! Außerdem ist das hier kein Auto, sondern eine Reisschüssel mit Deckel.« Sie gehen die schmale Straße entlang zum Feldrand. »Die Spurensicherung hat eine Brieftasche mit Ausweis in seinem Mantel gefunden. Der Mann heißt Gietmann. Manfred Gietmann, achtundsechzig Jahre alt, verheiratet, Bauunternehmer und Landwirt. Der Hof da vorne gehört ihm.« Van Oss streckt seinen Arm und zeigt auf einen roten, länglichen Backsteinbau. An den Seiten und nach hinter heraus kesseln helle Neubauten das Gebäude ein, als müssten sie es vor Angriffen aus dem Hinterland schützen. »Achim ist rüber und spricht mit seiner Frau.«
Böhm hebt die Augenbrauen. Auf seiner Stirn erscheinen lange, schnurgerade Querfalten. Van Oss kaut verlegen auf seiner Unterlippe.
»Joop!« Böhm sieht ihn über das Gestell seiner Nickelbrille hinweg an. »Du wärst dran gewesen!«
»Er hat sofort gesagt, dass er es macht.« Joop schiebt seine Hände tief in die Seitentaschen seiner Windjacke. »Ich kann so was nicht! Außerdem sind wir doch ein gutes Team. Achim hält sich nicht gerne bei den Toten auf und ich mich nicht gerne bei den Verwandten.« Er blickt angestrengt über die Felder. »Sonst wissen wir noch nichts. Raubüberfall war es jedenfalls nicht. Mynheer Gietmann hat vierhundert D-Mark in seinem Portefeuille.«
Sie steigen über das weiß-rote Absperrband. Der lehmige Boden des Ackers ist feucht, und die obere Schicht aufgeweicht.
»Der Doc wollte nichts machen, bevor du ihn gesehen hast.«
Böhm grüßt die beiden Wachtmeister per Handschlag. »Wer hat ihn gefunden?«, wendet er sich wieder an van Oss.
»Ein Ehepaar aus der Stadt. Sie waren auf dem Weg nach Nimwegen.«
Böhm bleibt stehen und sieht ihn mit großen Augen an. »Zu Fuß?«
»Nee, mit dem Auto!«
Er dreht sich um und geht zurück zur Straße.
Van Oss starrt ihm ungläubig hinterher. »Was ist denn jetzt?«
Böhm winkt ihn zu sich. »Joop, komm mal her und erklär mir was!«
Sie stehen nebeneinander auf der schmalen Landstraße. »Ich kann von hier aus nicht sehen, dass da irgendetwas auf dem Feldweg liegt. Und ich stehe hier! Wieso sieht das jemand, der hier mit dem Auto vorbeifährt?«
Joop nickt zufrieden. »Kann ich erklären!«
Kurt Bongartz kommt auf sie zu. »Mach hin, Peter! Es ist Samstag. Ich will wieder nach Hause, aufs Sofa.« Das Wort Sofa verliert sich in einem Hustenanfall. Sein rundes Gesicht und sein kahler Kopf laufen rot an, während er fiepend nach Luft schnappt.
Böhm gibt Bongartz die Hand. »Tag Kurt. Dich hat‘s aber erwischt!«
»Ja!«, Bongartz schnappt immer noch nach Luft, »und wenn man sich nicht krankschreiben lässt, rufen die einen, ohne Rücksicht auf Verluste.« Er kramt ein Taschentuch aus der Jackentasche. »Diese Zippe in der Zentrale sagt mir doch glatt: ›Sie stehen als Bereitschaft auf dem Plan, und eine Krankmeldung ist bei mir nicht eingegangen.‹ « Er wendet sich ab und schnäuzt dröhnend in das kleine weiße Papiertuch. »Der hab ich aber erst mal den Marsch geblasen, diese dreiste Pute. Seit wann muss ich mich bei einer Telefonistin krankmelden, hab ich sie gefragt. Und ob sie schon mal was von Kompetenzüberschreitung gehört habe.«
Böhm überlegt, welche der neuen Polizistinnen es wohl erwischt hat.
»Sie haben nicht den Toten gesehen, sondern den Stock an der Fahrbahn.« Van Oss fährt sich durch die dichten, blonden Locken.
Böhm schaut sich suchend um. »Welchen Stock?«
»Den hat die Spurensicherung in der Mache. Aber ich kann dir zeigen, wo er gelegen hat.«
Böhm sieht das kleine schwarze Schild mit einer weißen Nummer 12 am Straßenrand.
»Komm man. Das könnt ihr nachher auch noch machen«, mault Bongartz los. »Ich mein‘s ernst. Mir geht es verdammt schlecht!«
Böhm schaut über
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