Wenn das Herz im Kopf schlägt
...«
»Die den Wagen gegen zweiundzwanzig Uhr im Ort gesehen haben!« Böhm nickt ihm freundlich zu.
»Genau! Seit wann bist du denn schon hier?«
Böhm geht zurück zu seinem Schreibtisch.
Joop löffelt das Kaffeepulver in den Filter. »Peter, was ist los? Ich will ja niet onbeleefd sein, maar ... du siehst scheiße aus.«
Böhm atmet hörbar ein. »Brigitte ist weg!«
»Was soll das heißen?« Van Oss kommt mit der Kaffeedose zum Schreibtisch.
Joop und Brigitte mögen sich. Er war oft mit seiner Freundin Janine bei ihnen zu Besuch.
Böhm erzählt.
»Aber sie sagt, sie will nachdenken. Wieso sagst du, ze komt niet terug?« Van Oss sitzt auf der Schreibtischkante, die Kaffeedose hält er zwischen Oberschenkel und Unterarm.
»Ich bin noch nie auf die Idee gekommen. Aber gestern Morgen, als sie ging ... Zum ersten Mal nach vierundzwanzig Jahren habe ich gedacht, da ist ein anderer.«
Joop nickt. »Ja, das verstehe ich!«
Böhm weiß, dass Joop das versteht. Janine hat sich mehrere Seitensprünge erlaubt, unter denen er sehr gelitten hat. Einmal hat er total betrunken morgens um drei Uhr bei Böhm Sturm geschellt. Er hat kein verständliches Wort mehr herausgebracht und ist schließlich umgekippt. Böhm hat ihn ins Krankenhaus gebracht.
Er steht auf und klopft van Oss auf die Schultern. »Lass uns arbeiten. Die Fotos sind da, und Lembach hat auch Ergebnisse. Außerdem muss Achim jeden Augenblick eintreffen.«
Sie breiten die Fotos aus.
»Sag mir, was du denkst, Joop. Hat der Mörder gewartet, oder ist er mit Gietmann zusammen angekommen?« Böhm schaut noch einmal über die Fotos und lässt seine eigenen Eindrücke am Tatort Revue passieren.
Joop beginnt. »Gut, gehen wir davon aus, dass alles, was man uns bisher erzählt hat, stimmt. Gietmann fährt gegen neunzehn Uhr in die Stadt beziehungsweise in ein Etablissement an der Landstraße nach Xanten. Er kommt dort allerdings nie an. Sein Wagen wird gegen zweiundzwanzig Uhr wieder im Dorf gesehen. Das würde bedeuten, er ist zurückgekommen, und zwar nicht um nach Hause zu fahren.«
Böhm greift nach seiner Kaffeetasse, steht auf und stellt sich ans Fenster. Sein Blick wandert über das Kopfsteinpflaster des Platzes hinüber zu der geduckten Häuserreihe. Sie sind so niedrig, dass man im Vorbeigehen in die Dachrinnen fassen kann. Dicht an dicht stehen sie – wie Schafe bei starkem Frost auf einer Weide. »Die Zeugen konnten nicht sehen, ob er alleine im Auto gesessen hat, oder ob eine zweite Person da war. Wenn es eine zweite Person im Auto gegeben hat, hat er seinen Mörder wahrscheinlich mitgebracht.« Böhm schüttelt energisch den Kopf.
»Warum sollte man nachts, bei regnerischem Wetter, zu einem Hochsitz fahren und von dort aus einen Spaziergang unternehmen?« Joop schiebt seine Daumen unter die Hosenträger.
Böhm dreht sich vom Fenster weg. »Versuchen wir es anders! Er kommt alleine zurück. Er will nach Hause. Auf der schmalen Landstraße gibt es irgendetwas, was seine Aufmerksamkeit erregt. Er steigt aus.« Er sieht van Oss an und sieht ihn nicht. »Ja, das wäre eine Möglichkeit. Er steigt aus. Was er sieht, lässt ihn den Feldweg hinaufgehen, und dort wartet sein Mörder.« Sein Blick fällt wieder auf die ausgebreiteten Fotos. »Es muss eine Verabredung gegeben haben. Wenn er seinen Mörder erst dort getroffen hat, muss es eine Verabredung gegeben haben.«
Van Oss steht mit dem Rücken an die Landkarte gelehnt. »Ja, aber am Hochsitz, da wo das Auto stand. Sonst hätte der Wagen über Stunden auf der Landstraße gestanden, keine zwanzig Meter vom Tatort entfernt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das riskiert hat.«
Böhm stützt sich mit beiden Händen auf den Schreibtisch und betrachtet noch einmal die Fotos. »Hatte Gietmann ein Handy?« Er greift zu Lembachs Liste, in der alles aufgeführt ist, was am Tatort und im Auto gefunden wurde.
»Brauchst du nicht suchen!« Van Oss stößt sich von der Wand ab und kommt zum Schreibtisch. »Es ist kein Handy gefunden worden.«
»Er hatte bestimmt eins!« Böhm wird ganz unruhig.
Joop zieht eine Nahaufnahme des Toten zu sich heran. »Wann können wir mit Mevrouw Gietmann sprechen? Der wollte Gietmann, und dafür muss es einen Grund geben!« Er legt das Foto zurück.
Böhm schiebt seine Finger in den Rollkragen seines Kaschmirpullovers und streicht sich um den Hals. »Denk an die Todesanzeige, Joop.
Unendlich die Erinnerung!
«
Böhm nimmt einen Schluck seines nur noch lauwarmen
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