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Wenn das Herz im Kopf schlägt

Wenn das Herz im Kopf schlägt

Titel: Wenn das Herz im Kopf schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
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Gietmann geführt wurden, ging es einmal um ein Fenster, das im Rohbau nicht berücksichtigt worden war, und einmal um einen Keller, der schon nach einem Jahr Risse gezeigt hatte. Beide Male war es in den Güterverhandlungen zu Kompromissen gekommen. Alles keine Gründe für eine solche Tat.
    Böhm lehnt sich zufrieden zurück. So sehr er zu Anfang nach einer Spur sucht und jeden Strohhalm ergreift, so froh ist er in der zweiten Phase, wenn man Verdachtsmomente ad acta legen kann.
    Das Handy in seiner Jackentasche piept wie ein stotternder Vogel.
    Brigitte!
    Er zieht es aus der Tasche und sieht schon auf dem Display, dass es Joop ist.
    »Peter, wo bleibst du?«
    »Ich bin im Büro. Schaue gerade durch, was ihr den ganzen Vormittag gemacht habt.«
    »Wir waren fleißig, siehst du das?«
    Böhm lacht. »Ja, ich sehe es. Sag mal, könnt ihr mir nicht einen Salat mitbringen? Ich würde in der Zwischenzeit Kaffee kochen.«
    »Das hört sich gut an. Was willst du denn? Warte, es gibt ...«
    Er hört wie am anderen Ende geblättert wird.
    »Mit Thunfisch, mit Käse und Kochschinken, mit Lachs oder mit Schafskäse. Was findest du lecker?«
    »Mit Lachs wäre gut.«
    Er vertieft sich in die Notizen von Joop.
    Da ist es:
12. April 1967. Magdalena Behrens: Körperverletzung mit Todesfolge (siehe schriftliche Unterlagen)
.
    Böhm geht hinüber in Joops Büro. Der graue, ausgeblichene Ordner liegt auf dem Schreibtisch.
    In schön geschwungener Handschrift stehen das Aktenzeichen und der Name Behrens darauf. Er fährt mit den Fingern über das raue Papier. Die Mappe ist dünn, aber als er sie anhebt, hat sie Gewicht.
    In seinem Büro schlägt er sie auf. Die Blätter bestehen aus hauchdünnem Durchschlagpapier. Bei einzelnen Buchstaben ist das Blau an den Rändern verlaufen. Wie ausgefranst liegen sie im Text verstreut. So hat er auch noch gearbeitet. Mit mechanischen Schreibmaschinen und Blaupausen. Wenn man unachtsam war und mehrere Tippfehler hatte, konnte man von vorne anfangen. Wie er das gehasst hat.
    Er tätschelt zufrieden das Gehäuse seines Bildschirms. Dann vertieft er sich in die Unterlagen.
- 32 -
    Margret hat die Fenster einfach aufgerissen. Ein leichter Wind weht durch Küche und Wohnraum. Anna sitzt auf dem Sofa, hört sich ihre Ermahnungen an und sieht ihr beim Aufräumen zu. Behände und zielsicher bewegt sie ihren kleinen, drallen Körper durch die Räume. Jeder Handgriff scheint mühelos und selbstverständlich, über nichts muss sie nachdenken.
    Mamas Briefe gehören eigentlich ihr. Sie sind an sie adressiert
.
    Anna sieht, wie die Arbeitsfläche wieder sichtbar wird, wie Gläser, Teller und Tassen gespült in die Schränke verschwinden. Seit einem Jahr will sie Margret diese uralte Post geben. Aber es würde ihr das Herz brechen, wenn sie wüsste, dass ihre Schwester sie damals immer wieder um Hilfe gebeten hat.
    Margret redet munter weiter. »Ein bisschen frische Luft wird dir gut tun, mal wieder unter die Leute!«
    Anna spürt, wie sich ihr Magen zusammenzieht. »Margret, könntest du nicht ausnahmsweise alleine einkaufen gehen. Ich bin so erschöpft. Diese Medikamente ...«
    »Oh nein, Anna. Du weißt, was die in der Klinik gesagt haben. Und du weißt es aus eigener Erfahrung. Du musst jetzt nach und nach dein normales Leben wieder aufnehmen. Wenn doch wenigstens deine Tochter da wäre. Sie würde jetzt mit dir schimpfen.«
    Anna schüttelt müde den Kopf. »Es ist gut, dass sie nicht da ist. Sie hat genug unter meinen Depressionen und Angstattacken gelitten. Sie soll endlich ihr eigenes Leben leben.«
    »Geh jetzt duschen und zieh dich um. Ich stelle noch schnell eine Waschmaschine an.«
    Anna erhebt sich müde. Margret wird in den Keller gehen und die Fenster auflassen. Sie holt Unterwäsche, eine Hose und einen Pullover aus dem Schrank und schließt sich im Badezimmer ein.
    Wenn sie wieder gerne duscht, ist alles überstanden. Wenn sie morgens aufsteht und das Bedürfnis hat zu duschen, ist sie wieder gesund. So war es immer.
    Sie braucht lange. Margret föhnt ihr ihre dichten, dunklen Locken und schmiert ihr Creme ins Gesicht.
    »So eine schöne Frau. Und dann vergräbst du dich hier.«
    »Es ist nicht gut, eine schöne Frau zu sein!«
    »Anna, was redest du wieder für einen Unsinn?«
    Anna schweigt. Margret ist herzensgut, aber was sie nicht hören will, sollte man nicht sagen.
    Als sie zu Margret und Karl kam, haben sie sich liebevoll um sie gekümmert. Über zwei Jahre haben sie ihr erzählt, Mama

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