Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila
Wunder, wenn ich feststelle: Unsere Psyche wirkt fast augenblicklich auf den Körper. Angst macht zum Beispiel kalte Hände und Füße, Spaß rosige Wangen. Umgekehrt funktioniert das aber genauso! Sobald wir uns gerade halten, mit stolz erhobenem Kopf, nach hinten gezogenen Schultern und aufrechtem Rücken, fühlen wir uns augenblicklich souveräner und weniger angreifbar. Toller Nebeneffekt: Wir sehen auch viel besser und schlanker aus als jemand mit zusammengesunkener Quasimodo-Haltung. Außerdem quetschen wir unsere inneren Organe nicht über Gebühr, sodass die dadurch reibungsloser arbeiten können. Das ist logischerweise viel gesünder. Doch leider sinken viele von uns unbewusst im Sitzen oder Stehen immer wieder in sich zusammen. Das muss nicht sein! Um immer so eine selbstbewusste Körperhaltung zu behalten, ist ein gut trainiertes Muskelkorsett von unschätzbarem Vorteil. Ganz besonders gut sind dafür Sportarten, die nicht nur Muskeln aufbauen, sondern auch tatsächlich die Haltung schulen wie Tanzsportarten (ich verdanke meine Haltung immer noch dem Ballettdrill als Kind), Yoga oder Kampfsport. Letztere geben obendrein noch der Psyche Auftrieb, denn wenn wir immer wissen, dass wir uns im Notfall mit dem eisenharten Handkantenschlag und gnadenlosen Roundhouse-Kick Respekt verschaffen könnten wie Uma Thurman als »Braut« in »Kill Bill«, verleiht uns das die Aura einer Superheldin. Ha!
Auch Placebo-Medikamente sind quasi sich selbst erfüllende Prophezeiungen in Pillenform. Die Placebos, also Fake-Pillen ohne Wirkstoffe, werden von den Patienten nämlich in dem Glauben eingenommen, sie seien »echt«. Das häufige Resultat: Die prophezeite Wirkung tritt ein, obwohl die Placebos nicht mehr sind als reine Zuckerdragees. »Nur« weil die Leute daran glauben, scheint der Körper von selbst alles dranzusetzen, die versprochene segensreiche Wirkung auch herbeizuführen. Na wenn das kein Beweis für die Macht unserer Gedanken ist!
Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung ist eine Annahme oder Vorhersage, die lediglich durch ihre Existenz das vorhergesagte Ereignis verursacht und so sich selbst »beweist«.
PAUL WATZLAWICK
In der sechsten Klasse hatte ich natürlich noch keinen Schimmer von solchen Mechanismen. Trotzdem habe ich damals, quasi ohne es zu wissen, Bekanntschaft mit dem SFP-Phänomen gemacht. Und zwar gleich doppelt: Lange hatte ich es als »Tatsache« angesehen, dass die anderen in der Klasse insgeheim etwas gegen mich hatten. Ich war mir vollkommen sicher, dass sie mich für eine eingebildete Balletttussi hielten. Dadurch verhielt ich mich noch schüchterner, als ich sowieso schon war – schließlich galt es, vor möglichen Angriffen auf der Hut zu sein! Ergebnis: Ich hatte tatsächlich bald den Ruf weg, arrogant zu sein und mir etwas auf mein »Tutu-Rumgehopse« einzubilden. Aber, hey, das war natürlich Wasser auf meine Mühlen! Hatte ich es nicht vorhergesehen? Die anderen waren doof und mochten mich nicht! Siehe da: Meine Annahme hatte sich auf (gar nicht so) wundersame Weise erfüllt. Dass das vor allem das Ergebnis meines eigenen Verhaltens war, sah ich natürlich nicht. Stattdessen zog ich mich noch mehr in mein Schneckenhaus zurück. Die Folge davon: Die anderen hielten mich für noch eingebildeter. Ein Teufelskreis!
Etwas Ähnliches, nur andersrum, passierte, als ich schließlich die Spirale durchbrach: Meine Fröhlichkeit war zunächst reine Notwehr – wurde aber schnell zu einer ganz echten Fröhlichkeit. Denn je ungezwungener ich mich verhielt, umso besser drauf waren die anderen in meiner Gegenwart. Dadurch wurde wiederum ich noch lockerer und fühlte mich auf einmal wirklich besser. Eine echte Aufwärtsspirale! In diesem Fall hatte sich die Fröhlichkeit sozusagen selbst erfüllt.
Was lernen wir also daraus? Genau: Es ist schlau, an unsere guten Eigenschaften zu glauben und sie vor allem gezielt zu pflegen. Wir werden so, wie wir glauben, dass wir sind.
Ah, ein Zwischenruf! Sie meinen, das steht im Gegensatz zu unserer Authentizität? Mitnichten! Nicht authentisch sind wir nämlich nur dann, wenn wir eine Rolle spielen, von der wir glauben, dass sie von uns erwartet wird. Das ist etwas absolut anderes, als wenn wir in das Schatzkästchen unserer Persönlichkeit greifen und die Juwelen zutage fördern und polieren, bis sie blinken. Also: Schauen wir nach, welche Schätze da bei uns so im Verborgenen schlummern – es lohnt sich!
Zum Sich-selbst-Mögen
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