Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
ihr Angst machen, anstatt sie zu verletzen. Ein letzter Blick aus schwarzvioletten Augen, dann drehte er sich um und verschwand im Dschungel.
Kimberly holte zitternd Luft, der Dolch entglitt ihren Fingern und landete im Dreck. Ihr Herz schlug schnell und hart gegen ihre Rippen und ihre Sicht wurde mit jedem Atemzug verschwommener. Sie wollte sich die Tränen aus dem Gesicht wischen, doch ihr Arm blieb schlaff an ihrer Seite hängen und schließlich konnten ihre Beine sie nicht mehr tragen. Ihre Knie sackten unter ihr weg und sie landete unsanft auf dem Boden.
Was habe ich nur getan?
Ein Lachen hallte durch den Dschungel und sie zuckte zusammen, aber vermutlich hatte sie es sich genauso ausgedacht wie den Gavin während des Sturms. Gavin. Tyler. Bill. Frankie. Jack. Sie hatte so viele verloren und alle auf eine andere, schreckliche Art und Weise. Und doch alle irgendwo auf die gleiche, denn wenn sie den Stein nicht geborgen hätte, wäre all dies niemals passiert. Der Dämon hätte ihr niemals ihre Familie nehmen können, wenn sie ihn nicht befreit hätte.
Je brennender die Tränen über ihr Gesicht flossen, desto stärker wurde ein Gedanke, der in ihr heranwuchs: Sie musste ihn aufhalten. Für manche war es vielleicht noch nicht zu spät. Gavin und Bill konnte sie nicht mehr retten, für die anderen bestand vielleicht noch Hoffnung. Auch wenn das bedeutete, dass sie Tyler hierlassen musste.
Ihr Herz verkrampfte sich und die Gewissheit, ihn für immer verloren zu haben, raubte ihr den Atem. Widerstandslos ließ sie es zu, dass Frankie, der bisher reglos abgewartet hatte, sie packte und sich über die Schulter warf. Mit schlurfenden Schritten näherten sie sich der Holy Devil, wo die Crew bereits auf sie wartete. Die Crew – und Gavin.
Gefangen
Seit drei Wochen segelten sie schon ihrem neuen Ziel entgegen und selbst in ihrer Kammer, in die man sie eingesperrt hatte, glaubte Kimberly die kühlere, englische Luft riechen zu können. Nur noch wenige Tage und sie hatten ihren Zielhafen erreicht und noch immer wusste Kimberly nicht, was sie tun sollte. Eigentlich wusste sie gar nichts mehr. Seit sie Gavin am ersten Tag auf Deck gesehen hatte, war er nicht mehr verschwunden. Er hatte sich verändert, seit seinen Besuchen im Dschungel. Er war … wieder mehr er selbst. Seine Augen wirkten nicht mehr leer und tot, sondern zeigten die gleiche Lebensfreude wie damals, bevor das alles passiert war. Auf seinem schmächtigen Jungenkörper trug er mehrere Narben und Kimberly konnte genau sehen, welche von dem Tag stammte, an dem er erschossen wurde. Lange hatte sie gezweifelt, hatte ihn für eine Halluzination gehalten und, wann immer sie ihn gesehen hatte, die Augen geschlossen und an Tyler gedacht. Tyler, der irgendwo auf Tortuga herumlief, mit violetten Augen und ohne Erinnerung an sie. Tyler, dem es letztendlich doch nicht gelungen war, ein Mensch zu bleiben. Und das war alles ihre Schuld.
Doch jetzt, nach drei Wochen, in denen Gavin immer wieder zu ihr gekommen war, immer wieder versucht hatte, mit ihr zu sprechen, sie zu trösten, sie zum Essen zu bewegen, zweifelte sie an ihrem Wissen. Sie hatte gesehen, wie Gavin angeschossen wurde und wie er gefallen war, aber seine Leiche hatte sie nie gesehen. Gavin hatte ihr erzählt, dass er auf einem Markstand gelandet war, inmitten von teuren Tüchern. Und die Verkäuferin, die ihm zuerst den Hals umdrehen wollte, weil er ihre Stoffe ruiniert hatte, bekam ein weiches Herz und nahm ihn zu sich. Sie verscheuchte die Marionetten-Männer, heilte seine Wunden und gab ihm Zeit, bis er die Gelegenheit bekam, auf einem neuen Schiff anzuheuern, das ihn nach Tortuga bringen würde. Den einzigen Ort, von dem er wusste, dass er Kimberly dort finden konnte.
Die alte Kimberly hätte weiter nachgeforscht, solange, bis sie sicher sein konnte, dass er die Wahrheit sagte. Doch die neue Kimberly, die, die alles verloren hatte, war einfach nur froh, etwas wiedergefunden zu haben. Und nach und nach wurde der Schmerz in ihrem Inneren ein kleines bisschen erträglicher und sie begann, Gavin alles zu erzählen. Von Captain Barrons Plänen, von der Macht der Dämons, von Crow und ihren Blüten, von Frankie und Oliver und von Tyler und was aus ihm geworden war.
Er hörte ihr zu, lächelte sie aufmunternd an und nahm sie tröstend in die Arme, wann immer sie es brauchte. Als sie die Geschichte von Tyler erzählt hatte, was aus ihm geworden war, was sie ihm angetan hatte, drückte Gavin sie wieder
Weitere Kostenlose Bücher