Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
vermischten sich mit ihren Tränen. Als sie sich leer und ausgetrocknet fühlte, brach sie über der Hängematte zusammen und zwang ihren Kopf dazu, nicht mehr zu denken. Sie schlug mit der Stirn gegen die Wand, bis sie spürte, wie sich eine Beule bildetet und riss an ihren schwarzen Locken, als könnte sie damit die Gedanken aus ihrem Hirn ziehen. Irgendwann hielt sie ein blutiges Büschel in der Hand und fühlte, wie Blut von einer Platzwunde auf der Stirn in ihre Wimpern tropfte und ihre Sicht rot trübte. Ihre Hände fielen schlaff auf den Boden, sie kippte zur Seite und ließ es geschehen, dass die Dunkelheit sie umfing. Bewusstlosigkeit war besser als dieser Wahnsinn, in den sie allmählich verfiel.
Etwas polterte gegen die Tür. Klopf-klopf-klopf. „Kim?“
„Hau ab!“ Kimberlys Stimme brach, so wund war ihr Hals vom Weinen. „Ich weiß, dass du nicht echt bist! Lass mich endlich in Ruhe!“ Ihre Kehle verengte sich und ihre Augen brannten, aber sie hatte keine Tränen mehr übrig. Krampfhaft versuchte sie, die Gefühle hinunterzuschlucken, die sie zu ersticken drohten.
Die Tür öffnete sich knarzend und ein großer, muskulöser Männerkörper zeichnete sich gegen das Licht ab. „Der Captain will dich sprechen“, sagte eine monotone Stimme, die sie früher einmal geliebt hatte. Ein Stimme, die wunderbar Geschichten erzählen konnte. Eine Stimme, die ihr Angst machte. Frankie trat noch einen Schritt näher und nun konnte sie das rote Glühen in seinen sonst himmelblauen Augen sehen. Seine karamellfarbene Haut hatte einen blassen, kränklichen Ton angenommen, Bartstoppeln sprießten in seinem Gesicht und unter den unheimlichen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Die blonden Rasterlocken waren rostbraun und verkrustet von Blut und Schmutz. Der Mann vor ihr war nicht länger Frankie, der Geschichtenerzähler. Er war nur noch eine Marionette. Es war leichter zu ertragen, wenn Kimberly sich einredete, dass es so war. Dass die Crew sie nicht freiwillig verraten hatte, sondern dass sie alle unter dem Bann des Dämons standen und nicht anders konnten. Es war leichter, sie zu hassen, wenn sie glaubte, dass in den Körpern nicht mehr die Menschen steckten, die ihr einmal etwas bedeutet hatten. Es war leichter, eine Marionette töten zu müssen als einen Menschen.
Kimberly packte eine Scherbe des zerbrochenen Kruges und verbarg sie hinter ihrem Rücken. Frankie wankte mit unsicheren Schritten auf sie zu, doch der Griff, mit dem er sie am Arm packte, war erstaunlich fest. Seine Augen glitten über ihren immer noch nackten Körper. Kein anzügliches Lächeln auf seinem Gesicht, kein heftiger Atem, keine Beule in seiner Hose.
Keine menschliche Reaktion.
Sein Griff verstärkte sich und zog sie zur offen stehenden Tür. Von draußen drangen polternde Schritte herein, aber keine Stimmen, kein Lachen. Es waren die Geräusche eines Geisterschiffes. Bevor sie über die Schwelle traten, wurde Kimberly sich ihrer Nacktheit mehr als deutlich bewusst und Wut loderte in ihr auf. Sie holte aus und schlug mit der Scherbe nach Frankie. Der Pirat duckte sich weg, war aber nicht schnell genug. Sie ritzte seine Wange auf und konnte sich losreißen, bevor er sich von dem überraschenden Angriff erholt hatte und sie mitten ins Gesicht schlug. Sie konnte fühlen, wie ihre Lippe aufplatzte und hatte das Gefühl, als hätte er ihre Augen tiefer in ihren Kopf geschlagen. Scharfer Schmerz explodierte hinter ihrer Stirn und sie verlor für den Bruchteil einer Sekunde das Bewusstsein. Als sie wieder zu sich kam, hatte er sie über seine Schulter geworfen und auf Deck getragen. Ihr Kopf prallte gegen seinen haarigen Rücken und ihre Hand hielt noch immer die Scherbe. Ohne lange nachzudenken grub sie sie tief in seinen Rücken und zog eine blutige Spur. Rotes Blut. Er war eine Marionette, ja, aber kein Dämon. Vielleicht war irgendwo noch immer ein Rest des alten Frankie verborgen. Und vielleicht konnte sie den dämonischen Einfluss aus ihm herausschneiden. Sie setzte an, noch einmal zuzustechen, als Frankie wütend aufschrie und sie einfach fallen ließ. Hart schlug sie auf Deck auf und die Scherbe bohrte sich in ihre Hand. Sie biss die Zähne zusammen, um nicht zu schreien und fröstelte plötzlich im Wind. Es war kühler geworden. Waren sie etwa schon in England? Wie lange hatte sie in ihrer Kajüte gelegen? Die kühle Brise biss in ihre nackte Haut und verfing sich in ihren Haaren. Ein Tropfen platschte auf ihren Rücken, ihren
Weitere Kostenlose Bücher