Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
gekommen. Nicht mehr lange, und der närrische Captain würde ihn endgültig befreien und ihm ein neues Leben schenken. Nicht mehr lange und Kryz würde die anderen Dunklen für ihn finden. Nicht mehr lange und die Zeit der Dämonen war erneut gekommen.
… genus peribit humanum
Ein gleißend heller Blitz zerriss den schwarzen Nachthimmel und ließ unzählige Regentropfen aufleuchten. Die Kutschen blieben in der schlammigen Erde unmittelbar vor dem Friedhofstor stehen und das Schnauben der Pferde erfüllte die Luft. Sie waren unruhig.
Captain Barron stieß seine Geiseln in den Matsch und stellte sicher, dass beide noch immer gefesselt waren. Als er seiner Tochter eine Locke aus dem Gesicht strich, schnappte sie nach seiner Hand und grub ihre Zähne in die raue Haut. Angewidert spuckte sie sein Blut aus, bevor er ihr erneut ins Gesicht schlug. Tyler neben ihr fauchte und knurrte und wand sich wie das wilde Tier, zu dem er geworden war. Seine violetten Augen glühten in der Nacht und bohrten sich in Kimberlys, wann immer sie ihn ansah. Der Amethyst war kalt und hasserfüllt, es war nichts mehr von dem warmen Bernstein übrig, der so gerne mit ihren Smaragdaugen verschmolzen war.
Frankie packte sie beide an den Fesseln, die ihre Hände hinter ihren Rücken zusammenhielten, und stieß sie über die rutschige Erde auf das Friedhofsgelände. Er kümmerte sich nicht darum, dass sie sich wehrten, dass sie nach ihm traten und an den Fesseln zerrten. Er kümmerte sich um gar nichts mehr.
Barron führte sie zu einem verwitterten Grabstein. Die Erde rundherum war hart und voller Unkraut, die Inschrift war von Moos bedeckt. Mit einer beinahe liebevollen Geste wischte er Schmutz und Regenwasser beiseite, sodass Kimberly die Namen lesen konnte, die darin eingraviert waren. Matt und Melinda Barron.
„Graben!“, befahl Captain Barron seinen Männern, die widerspruchslos zu dem Grab schlurften und mit ungelenken Bewegungen begangen, die Erde mit bloßen Händen fortzuschaufeln. Kimberly sah mit Entsetzen zu, wie sie einen einfachen Sarg freilegten und musste würgen, als Barron befahl, den morschen Deckel zu öffnen. Ein süßlicher Geruch schlug ihr entgegen und beim Anblick der gelblichen Knochen, zwischen denen sich nur noch vereinzelte Würmer und Maden kringelten, drehte sich ihr der Magen um. Keuchend und würgend erbrach sie sich auf den schlammigen Boden. Wenn Frankie sie nicht noch immer an den Fesseln festgehalten hätte, wäre sie vorneüber gekippt.
„Bringt mir das Buch!“
„Captain“, schrie Kimberly mit rauer Stimme. „Bitte, hör auf! Du schändest ihr Grab!“
„Halt dein dummes Maul!“, blaffte Barron zurück. „Du weißt nichts, gar nichts!“
Noch einmal zerrte Kimberly an ihren Fesseln, aber Frankie hielt sie unerbittlich fest. Er reagierte weder auf ihr Toben und Fluchen noch auf ihr Flehen. „Sternenfänger, bitte“, flüsterte sie. „Lass mich gehen, das ist doch Irrsinn!“
Der alte Frankie hätte reagiert. Er hätte mit ihr gesprochen, sie Engelfisch genannt und sie getröstet. Er hätte sie befreit und ihr geholfen. Vielleicht hätte er nicht die versprochene Unsterblichkeit für sie aufgegeben, aber er hätte niemals zugelassen, dass Barron ihr etwas antat. Niemals. Das Ding, das sie festhielt, war nicht mehr Frankie. Er mochte rotes Blut haben und körperlich noch immer ein Mensch sein, aber den echten Frankie gab es nicht mehr. Die Gewissheit, dass sie vermutlich auch ihn für immer verlieren würde, machte sie unglaublich wütend. Nach allem, was geschehen war, konnte sie nicht einfach aufgeben und tatenlos zusehen, wie ihr Vater alles zerstörte, was sie liebte – aber sie konnte auch nichts tun, um es zu verhindern, nicht, solange sie gefesselt war.
Finn, der Steuermann, schlurfte durch den Schlamm und sank vor seinem Captain auf die Knie, das Buch in seine zum Himmel emporgereckten Hände gelegt. Barron hob den Kristall hoch über seinen Kopf, während er einen lateinischen Text rezitierte. Kimberly verstand nicht, was er sagte, aber sie spürte, was die Worte bewirkten. Die Luft füllte sich mit knisternder Energie, als würde jederzeit ein Blitz einschlagen und gleichzeitig fühlte sie sich dünner an. So dünn, als könnte die Realität jeden Moment entzwei gerissen werden und den Blick auf eine andere, schreckliche Welt offenbaren. Der Kristall schimmerte so hell wie nie zuvor und das schwarze Etwas darin schien zu wachsen.
Und plötzlich spürte Kimberly noch etwas
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