Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
Tage kamen, an denen sie sich nur noch von kargen Rationen mit trockenem Zwieback ernähren konnten; wann sie die Karibik verließen.
„Hey, Ed, kann ich was tun?“
„Klar, nimm dir ein Messer, du weißt ja, wie‘s geht.“
Kimberly nickte, erleichtert, ihre Hände sinnvoll beschäftigen zu können und ihre Gedanken vielleicht einen Moment davon abhalten zu können, durchzudrehen.
Die Fische waren nicht sonderlich groß, aber es war besser als nichts und die Zeit der trockenen Zwiebackrationen würde schon früh genug wieder anfangen. Sie wusste nicht genau, was nach Tortuga kommen würde, aber da sie den Stein und das Buch hatten… Irgendetwas musste doch passieren, oder? Wenn sie nur mehr wüsste! Was hatte Barron vor, wozu wollte er den Stein, welche Macht hatte er? Und würden sie am Ende wirklich alle sterben oder gab es einen Ausweg?
Wer waren die Leuchtenden Kinder, wer waren die Knochenmenschen und wie konnten sie aufgehalten werden? Wie kam der Dämon an so viel Macht, warum tat er es und warum ließ Barron das zu?
Fluchend schnitt sie heftiger und schneller als beabsichtigt und erwischte fast ihren Finger. So viel dazu, dass sie weniger nachdachte, wenn sie etwas zu tun hatte.
„Wir sind ja immer dankbar für Fleisch“, sagte Edward, „aber deinen Finger will hier niemand essen, denke ich. Zumindest noch nicht. Pass also besser auf, dass er dran bleibt.“
Kimberly spürte, wie sie rot wurde, und nickte nur knapp. „Aye. Ich war nur etwas unaufmerksam.“
„Dann solltest du dich vielleicht lieber darum kümmern, dass das Feuer nicht ausgeht? Das Schiff brennt nicht so schnell wie du dir deine Finger abhacken kannst.“ Er zwinkerte ihr grinsend zu.
Seufzend legte sie das Messer wieder hin, wischte sie die Hände an der Hose ab und kniete sich vor die Feuerstelle. Das Feuer war gelblich und als sie ein Stück Treibholz nachlegte, schlug ihr eine grüne Flamme entgegen. Sie lächelte. Schon immer hatte sie die Wirkung des Meersalzes bezaubert, das aus roten, orangenen Funken ein magisches grün-blaues Feuer erstehen ließ. Es knisterte und qualmte ein wenig und schnell wurde die angenehme Wärme zu einer kaum auszuhaltenden Hitze. Kimberlys Haut glänzte vor Schweiß und einmal mehr sehnte sie sich nach dem Meer, um sich ein wenig abzukühlen.
„Bis später, Ed“, rief sie dem Smutje zu. „Ich muss noch was erledigen.“
„Sicher.“
Frankie lehnte an der Reling und starrte hinaus aufs offene Meer, in die Richtung, in der Tortuga liegen musste. Er drehte sich nicht um, als sie sich näherte und ein gemeines Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. Bemüht, lautlos aufzutreten, ging sie Schritt um Schritt weiter, die Arme ausgestreckt. „Arr“, knurrte sie und pikste ihn gleichzeitig von beiden Seiten in den Bauch.
Frankie fuhr zusammen und wirbelte herum, blickte direkt in Kimberlys lachendes Gesicht. „Tut mir leid, ich konnte einfach nicht widerstehen. Ich geh ‘ne Runde schwimmen, kommst du mit?“
Ihre Sorge war unbegründet gewesen, bis die Mannschaft die Segel gesetzt hatte, wäre sie längst wieder an Bord – und noch schien es nicht, als würde es in der nächsten Zeit Wind geben. Die Wolken hingen immer noch grau und schlaff am Himmel, ohne sich fortzubewegen.
Frankie bedarf sie mit einem strafenden Blick, schüttelte dann aber lachend den Kopf. „Nein, mir ist nicht danach. Und außerdem brauchst du jemanden, der meinen Engelfisch wieder an Bord holt.“
„Du bist ein Schatz, Frankie. Pass auf, dass ich dich nicht irgendwann plündere.“
„Ich bin viel zu alt für dich“, grinste er und zwinkerte ihr zu.
Kimberly schlug ihm empört gegen die Brust. „Reiß dich zusammen! Du weißt, dass ich das anders gemeint habe.“
„Aber sicher. Na los, mein Engelfisch, spring. Ich will dich fliegen sehen.“
Kimberly kletterte mit der Hilfe seiner Hand auf die Reling, richtete sich auf und streckte die Arme dann so weit aus, wie sie konnte.
„Flieg, Engel, flieg“, murmelte Frankie hinter ihr und sie hörte das Lächeln auf seinen Lippen. Nein, sie hatte ihn nicht an Tyler verloren, er war immer noch der Alte.
Sie drückte sich so kräftig ab, wie sie konnte, drehte sich in der Luft und tauchte kopfüber in die ruhigen Wogen ein. Wärme, gebrochenes Zwielicht und eine unglaublich beruhigende Ruhe hüllten sie ein, bevor sie wieder auftauchte. Salzwasser lief aus ihren Haaren und spülte Schweiß und Dreck mit sich, ließ es im Meer verschwinden. Sanfte Wellen
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