Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
Blick wanderte weiter zu Finn, dem Steuermann, der ungeduldig vor dem Steuerrad stand und gelangweilt in die eine oder andere Richtung drehte, ohne dass etwas geschah. Es war die Ruhe vor dem nächsten Sturm, nicht einmal die Strömung war hier stark genug, um sie ihrem Ziel näher zu bringen – im Gegenteil hätte sie sie eher in die falsche Richtung getragen, wenn auch sehr langsam.
Captain Barron war nicht mehr aus seinem Quartier gekommen, außer um sich bei Edward Essen zu holen oder um mit Finn und Samuel zu sprechen – worüber auch immer, Kimberly war es gleich. Sie wollte nicht über das, was er ihr gesagt hatte, nachdenken. Sie wollte ihn nicht sehen und sie wollte nicht mit ihm sprechen. Wer wusste schon, wie viele Lügen dieses Mal aus seinem Mund kommen würden?
Ethan hing gelangweilt im Krähennest und kämpfte mit der Müdigkeit, denn die schwere Luft ließ sie alle schlapp und müde werden, jetzt, da nichts geschah und sie ihre Wachsamkeit schwächer werden ließen. Nicht einmal ein feindliches Piratenschiff oder ein Segler der spanischen Flotte waren zu sichten. Normalerweise waren sie froh darum und eigentlich war Kimberly es auch jetzt, aber unter der Mannschaft herrschte eine so ungeduldige Langeweile wie schon lange nicht mehr und das konnte gefährlich werden. Harmlose Prügeleien wurden unter gereizten Piraten schnell schlimmer, als es zunächst den Anschein hatte, vor allem dann, wenn es keine Möglichkeit gab, sich aus dem Weg zu gehen.
Smutje Edward plünderte mit einigen anderen die Rumfässer, damit die Würfelspiele mit der Zeit nicht zu langweilig wurden – sobald sie um ihre Kleider würfelten, suchte Kimberly sich stets einen anderen Platz, um einer Einladung zu entgehen.
Unter ihr lachte Frankie und klopfte Tyler kumpelhaft auf die Schulter, der jedoch streifte die Hand mit einer beiläufig wirkenden Bewegung ab und ließ den Piraten wortlos stehen. Kimberly rollte mit den Augen. Wie konnte man nur so kühl und verbittert sein?
„Hey, Ethan, tut sich was auf Jamaica?“
Der Pirat sah zu ihr nach unten und schüttelte den Kopf. „Soweit ich von hier erkennen kann, herrscht da genauso Flaute wie bei uns. Als würde die ganze verdammte Karibik auf etwas warten.“
„Aye“, seufzte Kimberly und streckte sich noch einmal auf der Takelage, aber solange die Sonne nicht schien, hatte auch die Höhe keinen Reiz für sie, schon gar nicht, wenn Frankie nicht zu ihrer Unterhaltung da war. Andererseits wusste sie nicht, wo sie sonst hinsollte. Sie hatte das unangenehme Gefühl, dass ihr jeder aus dem Weg ging, den sie vor Tylers Ankunft für einen Freund gehalten hatte. Jetzt stand er zwischen ihnen und zu ihrem Entsetzen schienen sie sich auf seine Seite zu stellen. Captain Barron, Samuel, jetzt vielleicht auch Frankie?
Kimberly grub die Hände so tief in die Seile, dass es weh tat. Er sät Zwietracht unter uns.
Solange sie nicht diesen einen Ausdruck in seinen Augen sah, der sie denken ließ, dass da etwas war, das es wert war, beschützt zu werden, war es leicht, ihn zu hassen. Ihn zu fürchten. Solange da nur der harte, kalte, unnahbare Tyler war. Aber sobald Bernstein und Smaragd miteinander verschmolzen, sobald das Gold unter ihrem Blick weich wurde, wurden ihre Gefühle zwiespältig und sie wusste nicht, ob ihr das gefiel. Ob es ihr gefallen sollte.
Verärgert wollte sie die Gedanken abschütteln. Tyler beschützen ? Der Mann konnte gut auf sich selbst aufpassen, er hatte im Dschungel von Puerto Rico unter den Spaniern überlebt – wie und wie lange, das wusste sie nicht. Vielleicht war es auch einfach das falsche Wort. Aber manchmal hatte sie einfach nicht das Gefühl, dass sie ihn hassen sollte, sondern … das Gegenteil .
Kimberly stieß hart die Luft aus, eine Mischung aus Schnauben, Stöhnen und Seufzen. Es hatte keinen Sinn mehr, länger hier oben herumzuliegen und ihren Gedanken nachzuhängen, letzten Endes würde es sie wahrscheinlich nur noch mehr verwirren. Leichtfüßig kletterte sie an der Takelage herunter und sprang auf das Deck, wischte sich Schweißtropfen von der Stirn und lief ziellos zum Bug des Schiffes. Erst als sie vor der Kombüse stand, dachte sie, dass sie ihre Zeit auch damit verbringen konnte, Edward mit dem Fisch zu helfen. Es war gerade dabei, das Holzfeuer zu entfachen, der frisch gefangene Fisch lag noch unausgenommen auf dem Tisch. Sie hatten Glück, dass sie in letzter Zeit so viel zu ihrer Verfügung hatten. Kimberly fragte sich, wann die
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