Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
liebkosten sie wie tausend Finger, als sie sich einfach nur auf dem Rücken treiben ließ. Mit jedem Mal, mit dem Wasser gegen ihre Wange platschte und über ihren Körper rollte, fühlte sie sich sauberer, befreiter. Als fiele nicht nur Schmutz und Schweiß, sondern auch ein Teil Sorgen von ihr ab. Das war etwas, das die Höhe nicht tun konnte, sondern nur das Meer; Dinge einfach mit sich nehmen und in den Tiefen verschwinden lassen und wenn man die gleiche Stelle irgendwann wieder erreichte, gab es keine Erinnerung mehr daran.
Die Stimmen über ihr rückten in den Hintergrund und das Seil, das neben ihr ins Wasser klatschte, nahm sie nur am Rande war – ihre Rückkehrmöglichkeit, für den Fall, dass Frankie nicht da war, wenn sie ihn rief.
Der Fisch in ihr regte sich, wollte die Oberhand übernehmen. Dreimal holte sie tief Luft, dann tauchte sie. Das Wasser war klar, aber fast fischlos und die wenigen, die ihr begegneten, schwammen hastig beiseite. Sie konnte die Unterseite des Schiffes sehen, die Ankerkette, die in der Tiefe verschwand. Es gab Tage, an denen jagte ihr die scheinbar bodenlose Dunkelheit unter ihr einen Schauer über den Rücken, aber heute verschwendete sie daran keinen Gedanken. Nahe der Schiffswand schwamm sie tiefer, wollte einmal unter der Holy Devil her tauchen, wie sie es früher immer getan hatte. Sie und Frankie und Gavin waren an Tagen wie diesen immer um die Wette geschwommen: schneller, tiefer, weiter, länger. Anmutig streckte sie sich am tiefsten Punkt des Schiffes, bewegte ihren zierlichen Körper wie ein Delphin und liebte die Strömung, die dabei an ihrem Bauch herabfloss und sie sanft kitzelte. Die Oberfläche über ihr war ein grauer Fleck im blauen Wasser und der Reiz, für immer hier unten zu bleiben, war groß; wenn es möglich gewesen wäre. Auf den letzten Metern atmete sie etwas aus, freute sich wie ein Kind an den Luftblasen, die um sie herum und mit ihr aufstiegen und schneller waren als sie.
Ihr Kopf durchstieß die seicht schaukelnde Oberfläche und gierig ließ sie frische Luft in ihre Lungen strömen.
Dann spürte sie es, eine Präsenz in ihrem Rücken, die sie vorher nicht bemerkt hatte.
Ihn.
Ihr erstes Gefühl war Freude, aber sie wurde so schnell von Überraschung und Schrecken abgelöst, dass sie später nicht mehr sagen konnte, ob sie sie wirklich gefühlt hatte.
„Tyler?“ Ungläubig drehte sie sich um und schnappte lachend nach Luft, denn auf den Anblick, der sich ihr bot, war sie nicht vorbereitet gewesen. Er strampelte neben ihr im Wasser, aber sie konnte sehen, dass um seinen Bauch ein Seil gebunden war, das ihn davon abhielt, unterzugehen. „Schwimmtraining?“, prustete sie und machte sich nicht einmal die Mühe, ihr Lachen zu zügeln. „Angst, noch einmal zu ertrinken?
„Angst, noch einmal von dir gerettet werden zu müssen“, knurrte Tyler und zog an dem Seil, aber es war niemand da, der ihn nach oben ziehen würde. „Warum starrst du mich so an?“
„Was machst du hier?“
„Hast du was auf deinen hübschen Kopf bekommen?“
Kimberly überging die stichelnde Bemerkung einfach. „Ich meine nicht im Wasser, sondern hier , bei uns. Was soll das? Du wolltest weg aus Puerto Rico? Fein! Wir sind hier an der Küste von Jamaica. Da hinten sind deine Leute, mehr Briten, als du dir wünschst, also worauf wartest du?“
„Das wüsste ich selbst gerne“, murmelte er, aber es war so leise, dass sie sich nicht sicher war, es wirklich gehört zu haben. Tyler zog wieder am Seil und dieses Mal war Oliver da, um ihn aus dem Wasser zu holen. Aus einem Impuls heraus stieß Kimberly sich ab, packte seine starken Schultern und drückte ihn wieder nach unten. Über sich hörte sie Olivers verärgerten Aufschrei.
„Hier kannst du mir nicht weglaufen. Und du wirst nicht gehen, bevor du mir die Frage nicht beantwortest hast.“
Tyler stieß sie grob von sich und brachte etwas Abstand zwischen sie, zog aber nicht noch einmal an dem Seil. „Das letzte Mal bist du weggelaufen.“
Kimberly sah ihn abwartend an, aber als er keine Anstalten machte, zu antworten, tauchte sie stattdessen und schwamm unter ihn, wo er sie nicht sehen konnte. Durch das Wasser sah sie seine suchenden Bewegungen und das Seil, das um seinen Bauch hing. Es war nicht so straff, dass sie ihn nicht ein kleines Stück …
Ihre Finger schlossen sich um seine Fußknöchel und zogen so kräftig daran, dass er nach unten glitt, vom Wasser verschluckt wurde. Luftblasen stiegen auf, als er
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