Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
ihn noch einmal zu berühren.
Tyler lächelte ein so schüchternes Lächeln, dass sie sich einen Moment fragte, ob dies der gleiche Mann war, den sie aus Puerto Rico mitgenommen hatten. „Du könntest mir deinen Lieblingsplatz auf Tortuga zeigen.“
Die Wolken hatten sich ein wenig verzogen, aber über dem Ozean war der Himmel noch immer schwarz und unheilvoll. Der nächste Sturm würde bald folgen, aber noch hatten sie Zeit, die Insel zu erkunden. Edward kam ihnen mit einem Fass Rum entgegen und Oliver verschwand gerade im Freudenhaus, die Hose bereits halb heruntergelassen und die Hände an Stellen, die Kimberly niemals sehen wollte. Frankie verließ den Alten Klabautermann, als sie daran vorbeigingen und zwinkerte ihnen zu. Das Grinsen auf seinen Lippen trieb Kimberly die Röte ins Gesicht und sie wandte schnell den Kopf ab.
„Willst du was trinken?“ Kimberly blieb zögernd vor Bills Schenke stehen und sah Tyler fragend an. Dieser zuckte nur die Schultern.
Kimberly dachte daran, wie sehr der Besuch bei dem Dämon sie ausgenüchtert hatte und dass sie Bill einfach so stehen gelassen hatte. Vielleicht war das ihre Chance, ihr Verhalten wiedergutzumachen. „Komm mit. Bills Kokos-Rum ist unglaublich.“ Sie lächelte schüchtern und hätte sich dafür am liebsten geschlagen. Seit Tyler so verwandelt schien, verhielten sie sich beide seltsam, als trauten sie dem neuen Frieden nicht so richtig und als wüssten sie nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Kimberly dachte daran, wie er sie behandelt hatte und konnte nicht glauben, dass dies der gleiche Mann war. Und auch Tyler schien zu wissen, dass der Beginn ihrer Begegnung nicht gerade der beste gewesen war.
Sie betraten die Schenke und schoben sich zur Theke durch. Bill hob eine Augenbraue, als er sie sah, grinste dann aber und kam zu ihnen. „Männerbesuch?“, fragte er augenzwinkernd.
„Das ist Tyler. Er gehört zur Crew.“
„Ein Neuzugang?“ Bill lachte. „Genau das richtige Alter für unser Küken, nicht? Was wollt ihr beiden denn?“
„Das gleiche wie immer“, antwortete sie und warf Tyler einen entschuldigenden Blick zu. „Ich hätte dich warnen müssen“, sagte sie, als Bill neue Becher holte. „Er ist ziemlich … direkt.“
„Das habe ich schon gemerkt“, lachte Tyler und fügte grinsend hinzu: „Küken?“
Kimberly verzog das Gesicht. „Das hast du nie gehört.“
Bill stellte die Becher vor ihnen ab, bedachte Kimberly und Tyler mit einem letzten breiten Grinsen und widmete sich dann den anderen trinkbedürftigen Piraten.
„Bist du oft hier?“
Kimberly schüttelte den Kopf. „Klar, wenn wir Tortuga anlaufen, gehe ich auch von Board. Früher haben wir das häufiger gemacht, aber Captain Barron hat mich nicht trinken lassen, als ich noch kleiner war. Jetzt komme ich immer mal wieder her, um Bill zu besuchen, aber mein Lieblingsplatz ist das nicht. Es ist zu voll und zu laut.“
Tyler nickte und hob seinen Becher, um daran zu riechen. Die Schärfe des Alkohols wurde durch die süße Kokosmilch ein wenig überdeckt. Kimberly nippte an ihrem Becher, aber eigentlich war ihr nicht wirklich danach. Viel spannender fand sie es, Tyler zu beobachten, zu sehen, wie vorsichtig er den Kokos-Rum probierte und wie sich seine Nase leicht kräuselte, als der Alkohol in seiner Kehle brannte. Und immer wieder fragte sie sich, was passiert war, dass er plötzlich nicht mehr so kalt und unnahbar war. Dass er mit ihr sprach, sie anlächelte, sich von ihr Tortuga zeigen ließ.
„Machst du das schon dein ganzes Leben lang? Piratin sein?“
Kimberly nickte, überrascht von der Frage. „Seit ich denken kann. Ich bin auf der Devil groß geworden. Die Crew ist meine Familie.“
„Hast du denn keine … Was ist mit deinen Eltern passiert?“
„Das weiß ich nicht genau“, antwortete sie zögernd. „Meine Mutter ist schon vor langer Zeit gestorben, aber was mit meinem Vater passiert, weiß ich nicht.“ Er hat mich mein ganzes Leben lang begleitet und mich aufgezogen, ohne es mir zu sagen, dachte sie. Falls er da nicht auch gelogen hat.
„Du hast deine Eltern nie kennengelernt?“
Sie schüttelte den Kopf. „Was ist mit dir?“
Tyler zögerte und richtete den Blick auf seinen Becher. Für einen Moment schweiften seine Gedanken in die ferne Welt der Erinnerungen und seine Augen wurden dunkler. „Können wir woandershin gehen? Hier ist es zu … Hier sind zu viele Menschen.“
„Ja, sicher. Geh schon mal raus, ich sag Bill
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