Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
und ging ohne ein weiteres Wort davon, ließ sie verstört, verwirrt und voller Fragen zurück.
Sie verharrte noch eine ganze Weile in der Gasse, der Nieselregen benetzte ihr Gesicht, aber er war nicht stark genug, um all die negativen Gefühle von ihr zu waschen. Ein Teil von ihr sehnte sich nach Tyler, wollte zu ihm gehen und sehen, wie es ihm ging. Wollte sicherstellen, dass er wieder gesund wurde.
Aber der andere, viel größere Teil, fühlte sich nicht fähig, jetzt schon wieder unter Menschen zu gehen. So zu tun, als wäre alles in Ordnung, als würden sie all das Chaos schon irgendwie wieder beseitigen können. Als würde ihr Leben wieder normal werden. Denn sie war sich sicher, dass das nicht geschehen würde und diese Sicherheit machte ihr Angst. Wie sollte sie denn einen Dämon aufhalten? Sie hatte gesehen, zu was er fähig war, hatte seine Macht am eigenen Leib erfahren. Hatte so viele Freunde bereits verlieren müssen. Wie sollte sie dagegen ankommen? Ihr blieben nur das Messer und die Reste der Blüten, aber sie erinnerte sich nur zu gut, wie schwierig es gewesen war, diese winzige Kerbe in den Kristall zu ritzen. Wie sollte sie es jemals schaffen, den Stein zu zerstören?
Sie war nicht stark genug. Sie würde niemals schaffen, was man von ihr verlangte.
Wut strömte durch ihren Körper und ließ ihre Hände zittern. Wut auf den Dämon, auf die Welt, auf ihr Schicksal. Wut auf den Captain, der sich auf sie verließ, der sicher war, dass sie sie alle retten würde, wenn es sein musste.
Aber das konnte sie nicht! Oder…?
Kimberly schüttelte den Kopf, immer heftiger, als diese Gedanken nicht verschwinden wollten.
Sie hörte Schritte, die durch den matschigen Sand liefen, hörte das Schmatzen der Füße, die sich aus dem Schlick lösten. Eine Stimme rief nach ihr und sie erkannte darin Frankie, aber sie war noch immer nicht bereit. Nein, sie wollte nicht zurück, konnte jetzt noch nicht unter Menschen gehen. War sie selbst denn überhaupt einer? War sie menschlich, wenn sie doch angeblich ein reines Kind war?
Kimberly lachte hysterisch auf und verschluckte sich bei dem Versuch, den Anfall zu unterdrücken. Wo waren denn die Kräfte, die sie angeblich haben sollte? Wo war die Macht, die sie alle retten, die den Dämon vernichten sollte? Sie fühlte sich nicht rein und mächtig, nein. Sie war schwach und schmutzig und gereizt. Sie war müde und erfüllt von Trauer, Zorn und Misstrauen, sie war voller schlechter Gedanken und Gefühle und sie war sich sicher, dass dieses Mal nicht einmal das Meer all dies von ihr waschen konnte.
Ich bin kein reines Kind. Die alte Hexe muss sich getäuscht haben. Ich bin es nicht.
Und der Teil in ihr, der noch immer ein trotziges Kind war, fügte hinzu: All das hier gibt es nicht. Dämonen, dunkle Kinder, magische Blumen, all das existiert nicht. Das ist nur eine von Frankies Geschichten und ich träume sie weiter. Ich träume und wenn ich aufwache, ist Gavin wieder da und alles ist gut.
Einen Moment lang hielt sie an dem Gedanken fest und wünschte, sie könnte daran glauben. Dann ließ sie ihn gehen, glaubte zu sehen, wie er vom Wind davongetragen wurde, fort, fort, immer weiter fort.
Barrons Versprechen
Viel Zeit war verstrichen, ehe Kimberly aus der Gasse hinaus und hinunter zum Strand gegangen war, um in Ruhe nachzudenken, sich zu beruhigen und einen Moment lang die Stille zu genießen. Der Strand war so verwüstet gewesen, voller Palmwedel, Kokosnüsse und umgeknickten Stämmen jener Palmen, die noch zu jung waren, um dem Wind standzuhalten.
Als sie den Strand verließ, verging noch einmal eine ganze Weile, in der sie einfach nur vor der Tür der Schenke Zum Alten Klabautermann gestanden und wartete, unentschlossen, ob sie hineingehen oder weglaufen sollte. Sie wusste nicht, was sie erwartete und sie musste voller Entsetzen feststellen, dass die bisherigen Ereignisse sie nicht stärker, sondern ängstlicher und unsicherer gemacht hatten. Weglaufen war früher nie eine Möglichkeit für sie gewesen und jetzt wünschte sie sich nichts sehnlicher, als alles hinter sich lassen und irgendwo neu anfangen zu können.
Ein tiefer Seufzer entwich ihrer Kehle. Ihre Hand schwebte bereits über der Türklinke und sie wusste nicht recht zu benennen, was genau sie davon abhielt, sofort nach Tyler zu suchen. Vielleicht hatten Barrons Worte noch tiefer geschnitten, als sie bisher geahnt hatte.
Du wirst erkennen, wenn die dunklen Kinder in der Nähe sind.
Eine Flut aus
Weitere Kostenlose Bücher