Wenn der Acker brennt
draußen stehen. In der Scheune war es um diese Zeit schon ziemlich dunkel, aber ich wusste, dass Denninger in dem alten Buffet neben dem Fenster Streichhölzer aufbewahrte. Ich nahm die Öllampe, die an der Wand hing, zündete den Docht an und stellte sie auf den Boden. Während ich die Strohballen zur Seite rollte, kam Amata. Sie war total sauer auf mich und wollte mich nach draußen zerren, aber ich hielt den Stahlring der Tür schon umklammert und war nicht bereit, wieder loszulassen. Die Holztür knarrte, als ich daran zog. Ein unheimliches Geräusch, weil es ansonsten absolut still war. Amata hielt mich sogar noch fest, als ich mit der Öllampe in der Hand auf die Leiter stieg. Erst als ich mich heftig wehrte, ließ sie mich los, weil sie befürchtete, ich könnte sonst von der Leiter fallen. Dann folgte sie mir.
Zunächst fanden wir uns in einem schmalen langen Gang wieder. Der Keller, ein rechteckiger großer Raum, lag am Ende. In den gemauerten Regalen standen Lampen, Büchsen und Schachteln mit Nägeln, Kerzen und Chemikalien. Eine ramponierte Destillationsmaschine war vor eine Ecke gerückt, und hinter der Maschine lag ein großer blauer Rucksack, der neu aussah und mir nur auffiel, weil ich hinter die Maschine kroch, um sie mir von allen Seiten anzusehen. Ehe Amata mich daran hindern konnte, hatte ich ihn vorgezogen und geöffnet.«
»Was war drin?«
»Der Rucksack war vollgestopft mit Geldscheinen. Das Messer, das obenauf lag, beeindruckte mich allerdings weitaus mehr. Es hatte eine kurze Klinge, eine giftgrüne Schlange schmückte den versilberten Griff. Erst als ich das Messer einstecken wollte, bemerkte ich, dass an der Klinge Blut klebte, und wich erschrocken zurück. Amata nahm es mir sofort aus der Hand und legte es wieder in den Rucksack.«
»Kann es sein, dass Georg Denninger den Rucksack auch gesehen hat?«
»Warum hat er dann meine Aussage nicht bestätigt?«
»Stimmt, vermutlich hat er ihn nicht bemerkt. Was ist danach passiert?«
»Gleich darauf hörten wir die Sirene eines Krankenwagens, die schnell näher kam. Das konnte nur bedeuten, dass sie entweder zu den Lachners, zu Denninger oder zu uns wollten. Alle Gehöfte lagen dicht beieinander. Aber Betti war mit dir und ihren Eltern in die Stadt gefahren, Denninger war auch nicht da, also mussten sie auf dem Weg zum Lindenhof sein. Amata drängte mich nachzusehen. Sie fand eine zweite Öllampe in dem Kellerregal, zündete sie an und stellte sie auf den Boden. Dann drückte sie mir meine wieder in die Hand und erklärte, ich solle vorgehen, sie käme gleich nach.«
»Sie wollte dich loswerden?«
»Vermutlich.«
»Warum?«
»Keine Ahnung. Vielleicht wollte sie sich nur vergewissern, dass wir keine Spuren hinterließen. Ich spürte, dass sie vor irgendetwas Angst hatte, aber ich wollte auch wissen, was auf unserem Hof los war. Also rannte ich durch den Gang und kletterte die Leiter hinauf, blieb aber auf der obersten Stufe stehen, weil ich etwas gehört hatte. Gleich darauf wurde das Scheunentor aufgeschoben. Ich löschte panisch die Lampe und stellte sie neben die beiseite gerollten Strohballen.
Mit zitternden Knien stieg ich die Leiter wieder hinunter und tastete mich den Gang zurück zu Amata, die noch immer vor dem Rucksack hockte. Mit Handzeichen machte ich sie auf die Schritte aufmerksam, die nun deutlich über uns zu hören waren, und sie schob den Rucksack in aller Eile wieder hinter die Destillationsmaschine.«
»War Georg Denninger zurückgekommen?«
»Das dachte ich zuerst. Sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich das Geheimnis seines Keller nicht respektiert hatte.«
»Aber er war es nicht, oder?«
»Nein.«
»Der fantasyman ?«
»Ich war mir immer sicher, was ich gesehen habe, zumindest in diesem Punkt. Amata und ich haben uns nicht vor einem Phantom versteckt.«
»Wo genau stand eigentlich der Lachnerhof?«, fragte Christine. Ihr war nicht entgangen, dass Rick eine Pause brauchte, bevor er weiter über die Geschehnisse im Keller sprechen konnte.
»Siehst du die Linde dort?« Er zeigte auf den mächtigen alten Baum, der sich in Richtung Dorf hinter Denningers Feldern erhob. »Dort war das Haus deiner Großeltern, und auf etwa gleicher Höhe in Richtung Westen lag unser Hof«, sagte er, als Christine seinem Blick folgte. »Jeremias’ Familie hat die Grundstücke gekauft und die Gebäude abreißen lassen.«
»Die Rimbars waren also schon immer wohlhabend?«
»Spätestens nachdem Jeremias eine entfernte
Weitere Kostenlose Bücher