Wenn der Acker brennt
aufmerksam wurde. Als sie sicher war, dass er sich dem Hauseingang zuwandte, lief sie am Rand des Feldes entlang zur Rückseite des Hauses. Sie steuerte schon auf die Terrasse zu, als Rick aus dem Hohlraum darunter hervorschnellte, sie packte und in sein Versteck zog. Bevor sie etwas sagen konnte, schüttelte er den Kopf und legte sich den Zeigefinger auf den Mund.
»Du machst es dir verdammt schwer, Schwabe. Was krauchst du in deinem Zustand auch noch auf dem Boden herum?«, hörten sie Jeremias kurz darauf sagen. Die Holzbohlen über ihnen knarrten und bogen sich an einigen Stellen, als jemand mit schweren Schritten darauf hin und her lief.
Manni Schwabe, der Geldräuber, dachte Christine. Nach allem, was sie inzwischen wusste, war er vielleicht dem Irrtum aufgesessen, Georg Denninger hätte das Geld aus dem Raub an sich genommen. Aber was machte dann der Bürgermeister auf dem Hof? Hatte Denninger ihn vielleicht zu Hilfe gerufen?
Durch die Ritzen in den Bohlen sahen sie, wie Schwabe seinen Kopf anhob. Jeremias trat sofort zu. Sein Stiefel krachte gegen Schwabes Schädel. Dann war nur noch das Röcheln eines Menschen im Todeskampf zu hören. Als der Schuss fiel, empfand Christine zu ihrer eigenen Verwunderung Erleichterung. Manni Schwabe war erlöst. Gleich darauf baumelte eine leblose Hand über die Terrassenumrandung. Sie und Rick starrten auf den Ring, den Schwabe an seinem linken Ringfinger trug. Der grüne Stein glitzerte im Mondlicht. Er steckte in einer schlangenförmigen Silberfassung und sah aus, wie Amata Judiths Ring beschrieben hatte.
»Verdammt, müssen die euch im Gefängnis auch derart mästen?«, fluchte Jeremias, während er Schwabes Körper ins Haus schleifte.
»Nein.« Rick hielt Christine zurück, als sie ihre Deckung verlassen wollte, um ihre Tasche zu holen. »Dahin«, raunte er ihr zu und deutete auf die gefällten Baumstämme, die neben der Terrasse aufgestapelt lagen. Denningers Holzvorrat für den Winter, den er nach und nach in kamingerechte Stücke gehackt hätte, um sie unter der Terrasse zu deponieren.
Christine wollte Rick schon folgen, als die lose breite Silberschnalle ihres Gürtels gegen eine der tragenden Holzpfähle des Vorbaus schlug. Entsetzt verharrte sie auf der Stelle. Hoffentlich hatte Rimbar nichts bemerkt. Als es ruhig blieb, kroch sie auf allen vieren hinter die Baumstämme. Dann sah sie ihn. Er stand nur einige Meter entfernt von ihnen mit der Öllampe in der Hand auf der Terrasse und schaute sich um. Ihr stockte fast der Atem, als er sich plötzlich auf sie zubewegte, doch dann erregte etwas seine Aufmerksamkeit. Er hielt inne und wandte seinen Kopf Richtung Tisch. Amatas Tagebuch, dachte Christine, als Rimbar zum Tisch ging, die Aufzeichnungen ihrer Halbschwester in die Hand nahm und das Buch einen riesigen Schatten auf die Hauswand warf.
»Was ist mit Denninger?«, fragte Christine so leise, dass Rick die Worte mehr an ihren Lippen ablesen als hören konnte.
Bedauernd schüttelte er den Kopf und deutete dann hinter sich auf den steinigen Pfad, der in die Berge führte.
Sie verstand sofort, was er meinte. Auf dem Denningerhof gab es nichts mehr für sie zu tun, sie mussten zusehen, dass sie sich in Sicherheit brachten. Rimbar wurde von Amatas Tagebuch abgelenkt, das war ihre Chance. Geduckt liefen sie den ansteigenden Pfad hinauf, bis sie die ersten Bäume erreichten. Sofort wurde der Weg steiler, und einige losgetretene Steine rollten den Hang hinunter.
»Nicht bewegen«, flüsterte Rick.
Jeremias hatte keinen Moment gezögert und war sofort losgerannt. Kurz bevor er den Wald erreichte, schoss ein Fuchs aus dem Unterholz und verschwand talabwärts im Feld. Jeremias blieb stehen und sah ihm nach. Als sich nichts mehr regte, ging er noch ein paar Schritte in Richtung Wald, kehrte dann aber um.
»Noch eine Minute länger, und ich wäre vor Angst ohnmächtig geworden.« Christine atmete tief durch. Sie hatten Rimbar bei einem Mord beobachtet. Sie wollte gar nicht darüber nachdenken, was er mit ihnen tun würde, sollte er davon erfahren.
Zum Glück ließ Rick ihr keine Zeit, über ihre Lage nachzudenken. Er fasste sie an der Hand und zog sie von dem steinigen Pfad auf den weichen Waldboden. Dicht an den Bäumen entlang stiegen sie den Hügel hinauf.
»Verdammt«, fluchte Jeremias, als er Denningers Terrasse wieder erreichte und das Telefon unter dem Tisch entdeckte. Er brauchte nicht lange, um herauszufinden, wem es gehörte. Gleich die erste Nummer in der
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