Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
August.
» Ich komme mit«, verkündete er, kaum dass sie diesen Vortrag beim Abendessen erwähnt hatte. » Überall wird schon davon gesprochen, dass der Professor sicher seine neuesten Entdeckungen präsentieren wird. Seit Jahren wartet man darauf, dass er Gold oder Kupfer findet. Schließlich hat er immer behauptet, in Südaustralien gäbe es eine Menge davon. Man müsse es nur finden. Es kann gut sein, dass es endlich so weit ist und er tatsächlich ein El Dorado aufgetan hat. Eine solche Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen.«
» Wie kommst du denn darauf? Es wird sicher fürchterlich langweilig«, versuchte sie ihn abzuschrecken. » Es geht nicht um Mineralien, sondern wo in der Kolonie die besten Böden für die Schafzucht oder für Weizenanbau zu finden sind und solche Dinge. Das interessiert dich doch gar nicht.«
» Na und? Vielleicht gelingt es mir, mit Menge ein paar Worte unter vier Augen zu sprechen«, beharrte August.
» Ich würde auch gerne mitkommen.« Alle starrten Jane an, als wären ihr plötzlich Hörner gewachsen. » Ich würde ihn gerne einmal wiedersehen.«
» Du kennst Professor Menge? Den Professor Menge?« August wirkte so irritiert, als hätte sie behauptet, mit der englischen Königin Tee getrunken zu haben.
» Wir haben ihn hier und da getroffen, wenn wir ins Winterlager wanderten«, erklärte Jane. » Er hat in den Bergen, die wir Yurrebillas Rumpf nennen, wie nannte er es doch noch…« Sie zog die Stirn kraus. » Ach ja, prosperiert. Er ist sehr nett. Er hat uns schöne Geschichten erzählt.« Sie lächelte. » Das erste Mal hielten wir ihn für einen Geist und sind schreiend weggelaufen. Er sah auch sehr seltsam aus mit seinen bloßen Füßen und den zerrissenen Kleidern.«
Professor Johann Menge war als Sonderling bekannt, der plötzlich monatelang im Busch verschwand und ebenso plötzlich wieder auftauchte. Mit den Eingeborenen verstand er sich glänzend. Mit derselben Leichtigkeit, mit der er Hindi, Farsi, Hebräisch, Lateinisch und eine beeindruckende Reihe anderer Sprachen beherrschte, hatte er sich auch die örtlichen angeeignet. Man munkelte, dass er seine Erfolge bei der Mineraliensuche zum großen Teil seinen guten Beziehungen zu den Stämmen im Hinterland verdankte.
Ob er auch mit den Frauen seiner Gastgeber in den Busch ging? Dieser Gedanke war Dorothea unwillkürlich durch den Kopf gegangen. Seit Miles sie geküsst hatte, beschäftigten solche Fragen sie zunehmend. Eines Abends beim Schlafengehen hatte sie Jane danach gefragt, wie es wäre, wenn ein Mann eine Frau » nahm«. Im Studierzimmer ihres Vaters, das er ihr zu benutzen erlaubt hatte, war sie zufällig auf eine » Menschliche Anatomie für jedermanns Hausgebrauch und zur geflissentlichen Beachtung für Studenten der Medizin« gestoßen. Darin waren nicht nur nackte Körper abgebildet, sondern sogar schematische Darstellungen des » Aktes«, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließen. Von daher war sich Dorothea jetzt über den Vorgang an sich im Klaren. Was sie allerdings mehr als alles andere beschäftigte, war: Wie fühlte es sich an? Darüber schwieg das Buch.
Auch Jane hatte sich nicht als sehr informativ erwiesen. » Es ist ganz verschieden«, hatte sie nachdenklich gesagt. » Manche Männer sind so grob, dass es wehtut. Manche sind behutsam, dann ist es nicht schlimm. Manchmal sogar angenehm.« Sie seufzte und strich sich versonnen über den kleinen Bauch. » Ich mag es, wenn Tim sich die Zeit nimmt, mich zu küssen. Dann kribbelt es hier. Und wenn er dann…« Sie unterbrach sich und demonstrierte, was sie meinte, indem sie den Zeigefinger der rechten Hand rhythmisch durch die zu einem Kreis geschlossenen Daumen und Zeigefinger der linken Hand stieß. » Dann habe ich manchmal verstanden, wieso die Männer es immerzu wollen.« Sie lächelte etwas verzerrt. » Meine Mutter hat immer gesagt, dass die Geister der Traumzeit sich so über die Frauen geärgert hätten, dass sie ihnen ihren Teil der Freude daran wegnahmen und alles den Männern gaben.«
» Warum? Was haben sie getan?«
Jane zuckte mit den Schultern. » Das wusste sie auch nicht. Frauen dürfen so etwas nicht wissen. Solche wichtigen Geheimnisse sind allein den bourka vorbehalten.«
Bei den Kaurna durchliefen die Männer diverse Stadien. Bis zum Alter von zehn Jahren galten sie als Kinder. Erst mit Vollendung der Tatauierung, im Alter von etwa zwanzig Jahren, waren sie wilyaru, erwachsene Männer. Das fünfte Stadium,
Weitere Kostenlose Bücher