Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
heruntergefahren, in der Absicht, die Menschen dazu zu bewegen, sich außerhalb Adelaides um Arbeit und Brot zu bemühen und so die öffentlichen Kassen zu entlasten.
Der schmale Mund unter dem blonden Schnurrbart verzog sich fast nie zu einem Lächeln, was zu seinem Ruf beitrug, arrogant und selbstherrlich zu sein.
Natürlich hatte er nicht sofort alle Aufträge wieder dem Register zugesprochen. Mr. Thomas hatte sich gezwungen gesehen, nach London aufzubrechen, um dort seine Ansprüche zu verfechten. Bis zu seiner Rückkehr musste sein Partner Stevenson sehen, wie er zurechtkam.
Derweil kehrte Gouverneur Grey weiterhin mit eisernem Besen. Die Polizeikräfte wurden halbiert und mit Truppen aus Sydney aufgestockt. Im Vermessungsamt bemängelte er die » ruinöse Unbedachtsamkeit«, mit der weiter entfernte neue Landstriche erschlossen wurden.
Selbst die Missionsschule blieb nicht verschont. Eines Morgens brachte ein Bote einen knapp formulierten Brief, der August darüber in Kenntnis setzte, dass sein bis Ende des Jahres laufender Kontrakt leider nicht verlängert werden könnte.
» Das macht mir weniger aus, als er denkt«, vertraute er Dorothea an. » Ich habe bereits am Mechanischen Institut vorgesprochen, und dort würden sie mich als Gehilfen anstellen, sofern der Professor mich akzeptiert.«
» Wie schön für dich!«, sagte Dorothea geistesabwesend. Sie bewegten ganz andere Sorgen.
In letzter Zeit war Miles manchmal so seltsam gewesen. Wann immer sie die gemeinsame Zukunft anzusprechen versuchte, hatte er es einzurichten gewusst, sie davon abzulenken. Die ersten Male war es ihr nicht aufgefallen, aber inzwischen war es nicht mehr zu beschönigen: Er wich jedem Gespräch über Heirat oder Familiengründung so rasch aus wie ein Hase, der Haken schlägt. Sogar das letzte wöchentliche Treffen hatte er abgesagt. Angeblich war Mrs. Wilson krank gewesen. War sie das wirklich?
Die ersten, diffusen Zweifel, ob Miles ihre Beziehung so wie sie sah, hatte sie noch mühelos abgetan. Sie war so selbstverständlich davon ausgegangen, dass sie heiraten würden, dass sie gar nicht auf die Idee gekommen war, dass es bei ihm anders sein könnte. Doch seit einigen Tagen nagte genau diese Befürchtung an ihr. Liebte er sie nicht mehr? Rückblickend fiel ihr auf, dass hauptsächlich sie es gewesen war, die ihn mit Liebesbeteuerungen überschüttet hatte. Er hatte dann meist nur gelächelt und sie stumm geküsst.
Ihr wurde abwechselnd heiß und kalt vor Schrecken, als sie sich zu vergegenwärtigen versuchte, wann Miles von sich aus über Heirat gesprochen hatte: Nie. Er konnte sie doch nicht in dem Glauben gelassen haben, dass sie ein Ehepaar würden, wenn er…
» Schau mal!« Lischen hielt ihr eine verschwitzte Hand unter die Nase, aus der sich eine graugrüne Eidechse zu befreien versuchte. » Ist sie nicht schön?« Seit ihrem vorweihnachtlichen Ausflug mit Jane hatte die Kleine ihr Interesse für die Tierwelt der Umgebung entdeckt. Kaum ein Tag, an dem sie nicht stolz irgendein mit ihrem Schmetterlingsnetz gefangenes Exemplar anbrachte. » Ich werde sie in den Glaskrug setzen und mit Fliegen füttern.«
» Lass sie lieber frei«, sagte Dorothea automatisch. » Sicher hat sie Kinder zu Hause, die auf sie warten!« Das sagte ihre Mutter auch immer, wenn sie Lischen zu überreden versuchte, ihre Beute wieder laufen zu lassen. Aber diesmal versetzte ihr die harmlose Bemerkung einen Stich.
Konnte es wirklich sein, dass Miles sie so hintergangen hatte? Dass er sich so unglaublich hinterhältig verhalten hatte? Miles? Der stets so moralische Miles?
Nicht nur wegen der kühlen Temperaturen jetzt im Juni fröstelte sie, und sie zog sich das wollene Umschlagtuch enger um die Schultern. Morgen würde sie ihn zur Rede stellen. Und wenn es sich bewahrheiten sollte, dass er nur mit ihr gespielt hatte, würde sie ihm den Laufpass geben. Unbewusst ballten sich ihre Hände zu Fäusten. Heiße Wut stieg in ihr auf. Wut auf Miles– und auch Wut auf sich selbst. Wie hatte sie nur so unglaublich dumm sein können?
Sie hatte sich ihm ja praktisch an den Hals geworfen. Daran war nichts zu beschönigen. Eine solch leichte Beute dürfte er selten in seinem Zimmer empfangen haben!
In einem winzigen Winkel ihres Herzens hoffte sie noch, dass alles Misstrauen sich am nächsten Morgen zerstreuen würde wie die morgendlichen Nebel über dem Torrens River. Miles würde ihr einen förmlichen Heiratsantrag machen, und alles würde gut enden.
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