Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
musste schlucken. » Wie kommst du darauf, dass die Eingeborenen an seinem Tod schuld wären?«
» Na, weil sie es immer sind.« Heather betrachtete sie mit abgrundtiefer Verachtung. » Wissen Sie das nicht? Hier, ganz in der Nähe, haben sie eine Menge Leute umgebracht. Sogar Kinder. Und sie lauern darauf, dass sie noch mehr erwischen. Ihr böser Zauberer braucht tote weiße Menschen für seine Beschwörungen.« Heathers kindliche Züge verzogen sich zu einer bösartigen Grimasse. » Besonders gerne nimmt er dafür weiße Frauen.«
» Schätzchen, das ist doch Unsinn.« Lady Arabella sah peinlich berührt in Roberts Richtung. » Das hast du dir bestimmt gerade erst ausgedacht, um der armen Dorothy Angst einzujagen. Das ist nicht nett von dir.«
» Ich habe mir gar nichts ausgedacht. Das hat King George vorgestern zu Eliza gesagt«, erwiderte die Kleine trotzig. » Ich habe es ganz genau gehört.« Sie presste die vollen Lippen zu einem Strich zusammen.
» Wenn das stimmt, warum hat Mrs. Perkins mir dann nichts davon erzählt?« Lady Arabella wirkte immer noch nicht überzeugt. » Ich meine, sie hätte es doch nicht für sich behalten, wenn hier nachts blutdürstige Wilde ums Haus schleichen.«
» Sie hat ihm nicht geglaubt«, erklärte Heather widerwillig. » Eliza hat ihn ausgelacht und gesagt, er sollte nächstens besser seinen Rausch ausschlafen, bevor er sich wieder blicken ließe.«
» Ach so.« Mit einem abgrundtiefen Seufzer der Erleichterung lehnte Lady Chatwick sich zurück und nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Glas. » Schätzchen, diese Schwarzen erzählen die tollsten Geschichten. Man muss nicht alles für bare Münze nehmen, was sie einem so auftischen.«
Dorothea erschien Lady Chatwicks Reaktion beinahe genauso befremdlich wie Heathers Geschichte. Robert war ihre Verwirrung nicht entgangen. » King George nennen wir den Häuptling des Stammes auf meinem Land«, erläuterte er. » Du wirst ihn sicher bald kennenlernen. Wenn er nicht gerade sinnlos betrunken ist, dann ist er ein ziemlich beeindruckender alter Herr.« Sein Gesicht wurde ernst, als er seine Tochter nachdenklich musterte. » Heather, man belauscht nicht die Gespräche anderer Leute! Das ist nicht nur ungezogen, es kommt auch zu Missverständnissen, weil man nur die Hälfte versteht.«
» Ich habe sehr wohl alles richtig verstanden«, beharrte Heather, aber ihre Unterlippe begann fast unmerklich zu zittern.
» Und dein ständiges Widersprechen ist auch nicht gerade wohlerzogen«, fuhr Robert ungerührt fort. » Ich bin überaus froh, dass Dorothy sich als deine neue Mutter bereit erklärt hat, dir Manieren beizubringen.«
Dorothea konnte nicht umhin, sich zu wundern, wieso ein Mann, den sie als feinfühlig eingeschätzt hatte, mit seiner Tochter derart ungeschickt umging. Die Situation war schon verfahren genug. Es war wirklich nicht nötig, noch Öl ins Feuer zu gießen. Heathers Feindseligkeit umgab sie wie eine düstere Wolke, als sie ihren Stuhl zurückstieß und mit kaum verständlicher Flüsterstimme erklärte: » Ich will keine neue Mutter! Ich hasse diese Deutsche. Warum konnten wir nicht so weiterleben wie bisher?« Wie ein Wirbelwind drehte sie sich um und rannte mit fliegenden Röcken davon.
» Heather«, schrie Robert ihr wütend hinterher. » Komm sofort zurück und entschuldige dich bei Dorothy!«
» Bitte, lass es gut sein«, sagte Dorothea, zum ersten Mal seit ihrer Ankunft sicher in ihrer neuen Rolle. Sie erinnerte sich nur zu gut an Lischens Zornausbrüche und wie ihre Mutter damit umgegangen war. » Sie ist so außer sich, dass es sinnlos ist, mit ihr vernünftig reden zu wollen. Ich werde morgen versuchen, zu ihr durchzudringen.«
Lady Chatwick betrachtete sie mit schräg gehaltenem Kopf, wodurch sie frappierend einer Eule ähnelte. » Du scheinst etwas von Kindern zu verstehen, meine Liebe«, stellte sie scharfsinnig fest. » Ich freue mich, dass du für Heather so viel Verständnis hast. Es wird ihr guttun, ihre Zeit mit dir zu verbringen. Ich altes, fettes Weib war einfach nicht die richtige Gesellschaft für ein dermaßen ungestümes Kind.«
» Du bist weder alt noch fett, und Heather liebt dich aufrichtig«, widersprach Robert vehement.
» Papperlapapp«, gab Lady Chatwick zurück. » Ich bin nicht blind, und hier gibt es genug Spiegel. Und ich bin auch nicht so blöde, dass ich nicht wüsste, dass Heather an mir vor allem schätzt, dass ich es gar nicht erst versuche, ihr etwas zu verbieten.« Sie
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