Wenn der Hunger erwacht (German Edition)
bestand, so ein Arschloch zu sein. Aber sie wollte lieber seine groben Gemeinheiten ertragen, als sich allein um alles kümmern zu müssen. Besonders weil sie nicht so genau wusste, womit sie es überhaupt zu tun hatte. „Wenn ich falsch liege und es ihr gut geht, dann können Sie mir ins Gesicht lachen und mir sagen, ich soll mich verpissen. Der Sheriff muss davon gar nichts wissen.“
Ian konnte über diese leise gesprochenen Worte nur den Kopf schütteln. Wenn diese Frau annahm, man könnte hier nachts durch die Stadt schleichen und Riley würde das nicht mitkriegen, war sie unfassbar naiv.
Das war ziemlich unwahrscheinlich.
Ian marschierte durch das dunkle Wohnzimmer, ihr Blick ruhte auf seinem Rücken, das spürte er. Sein Handy lag auf dem Kaffeetisch, er ergriff es, dann drehte er sich zu ihr um. „Er wird es wissen.“ Er grinste verstohlen. „Glauben Sie mir. Der ist wie der Nikolaus. Er weiß immer alles.“
„Kennen Sie den Sheriff gut?“
„Kann man so sagen“, murmelte er, während er die Schuhe anzog und das Zimmer nach dem Autoschlüssel absuchte. „Erstaunlich, dass Elaina nichts davon erwähnt hat.“
„Es war ja nicht so, als ob wir getratscht hätten“, seufzte Molly. „Im Wesentlichen drängt sie mich dauernd, Sie zu finden und Ihnen diese Warnung zu überbringen, von der ich ständig rede.“
„Hah. Das klingt ganz nach ihr. Der Himmel weiß, dass diese Frau liebend gern an einem herumnörgelt“, erklärte er ihr, als das Handy in seiner Tasche zu fiepen begann. Er klappte es auf und konnte nicht glauben, welcher Name auf dem Display stand. „Wenn man vom Teufel spricht.“
„Wer ist es?“
Lachend wackelte er mit dem Handy in der Hand herum. „Der Sheriff.“
„Das ist nicht witzig.“
Er schnaubte und grinste ironisch. „Was Sie nicht sagen.“ Dann drückte Ian einen Knopf und hielt das Handy ans Ohr. „Ja?“
„Zieh dich an“, hörte er Rileys tiefe Stimme. „Ich muss mit dir reden.“
Das Grinsen verschwand, und wachsende Besorgnis zog über sein Gesicht. „Was ist los?“
„Es geht um Kendra.“
Ian kniff die Augen zusammen, und ein scharfer, gutturaler Fluch kam aus seiner Brust. Nein. Verdammte Scheiße, nein. Das konnte einfach nicht wahr sein.
„Wo bist du?“ Es war ihm einfach unmöglich, seinen Bruder zu fragen, warum er anrief.
Riley bekam einen Zuruf, kurz zu warten. „Draußen an der Marsden Road“, sagte er dann.
„Ich bin auf dem Weg.“
Das Schweigen lastete schwer, bevor Riley fragte: „Willst du gar nicht wissen, was ihr zugestoßen ist?“ Als Ian nicht antwortete, fauchte er: „Sie ist tot, Ian. Ermordet.“
Ian schluckte und brachte keinen Ton heraus. „Viertelstunde“, konnte er schließlich herausstoßen, bevor er die Verbindung unterbrach. Unendliche Wut stieg in ihm auf, die seine ganze Körperwärme verschlang, bis er zitternd dastand, die Haut kalt und klamm. Er wollte Molly nicht ansehen, suchte das Zimmer ab, bis er schließlich die Schlüssel auf dem Fernseher neben dem Fenster entdeckte.
„Der Sheriff ist Ihr Bruder, nicht wahr?“, fragte sie leise. „Riley?“
Er wollte nicken, zuckte aber nur mit dem Kopf, als hätte er einen Krampf. „Stimmt. Wie ich sagte, erstaunlich, dass Elaina diesen kleinen Hinweis weggelassen hat.“
„Sie hat gesagt, dass Sie einen Bruder und eine Schwester haben, mehr nicht.“ Erst noch ein tiefer Atemzug, dann traute sie sich, die Frage zu stellen: „Es ist etwas passiert, nicht wahr?“
Über die Schulter hinweg musterte er die kleine Frau. Wer zum Teufel war sie, was verdammt noch mal ging hier vor sich. „Kendra ist tot.“
Obwohl sie es doch schon gewusst hatte, zuckte sie zusammen, zitterte, alle Farbe wich aus ihrem Gesicht, als würde sie ausbluten, bis sie bleich und gespenstisch aussah, gespenstisch wie die verfluchten Stimmen, die sie offenbar in ihrem durchgeknallten Schädel hörte.
„Ich muss da hin. Riley wartet auf mich.“ Sein Magen fühlte sich an, als hätte er Salzsäure geschluckt, und er hatte Mühe, den Scotch drin zu behalten. „Wo sind Sie abgestiegen?“
„Draußen im Pine Motel.“ Er riss die Tür auf, und sie stand neben ihm, als er schnell abschloss.
„Das Pine Motel? Du lieber Gott“, murmelte er. „Was für ein billiger Schuppen.“
„Schönen Dank für diese lehrreiche Beobachtung.“ Ihrer Stimme war anzuhören, dass sie mit den Tränen kämpfte, während sie ihm die klapprige Treppe hinunter folgte. Er marschierte zu seinem
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