Wenn die Liebe erwacht
Frau fern. Das schließt auch dich ein, Frau.«
»Du hast auch gesagt, du würdest jeden umbringen, der das versucht. Schließt das auch mich mit ein, Mylord?«
»Nein, ganz bestimmt nicht, Leonie, aber wenn du mich zwingst, diese Mauern einzureißen, bezweifle ich, daß hinterher noch viele Männer am Leben sind, um Pershwick wiederaufzubauen. Willst du deine Leute tot sehen?«
Sie schnappte nach Luft. »Das tätest du nicht!«
Rolfe wandte sich an seine Ritter. »Sir Piers, befehlen Sie, daß das Dorf in Brand gesetzt wird!« rief er.
»Rolfe, nein!« rief Leonie.
Rolfe wandte sich wieder an Leonie und wartete.
»Du … du kannst reinkommen, Mylord … allein. Und nur, um mit mir zu sprechen. Bist du damit einverstanden?«
»Befiehl, daß die Tore geöffnet werden«, sagte er kalt.
Leonies Züge drückten ihre Niederlage aus. Rolfe hatte sie gezwungen, Farbe zu bekennen. Ihr Vorteil war verloren, und sie wußten es beide. Er wußte auch, daß er in ihrer Burg sicher war, denn er hatte ein Heer vor ihren Toren stehen.
»Tun Sie, was Sir Rolfe sagt, Sir Guibert«, sagte Leonie leise. »Ich werde ihn unten im Saal erwarten.«
»Nehmen Sie es sich nicht so sehr zu Herzen, Leonie«, sagte er sanft. »Vielleicht gewährt er Ihnen, was Sie wünschen, nachdem er jetzt weiß, wieviel es Ihnen bedeutet.«
Sie nickte betrübt und ging.
Guibert spürte kalte Wut in sich aufsteigen, als er ihr nachsah. Er ertrug es nicht, sie so verzweifelt zu sehen. Er billigte das, was sie getan hatte, nicht, doch ihre Motive waren verständlich. Zornig machte er sich auf den Weg, um Rolfe d’Ambert einzulassen.
46. KAPITEL
Rolfe ritt in den Burghof und stieg von seinem mächtigen Streitroß. Er war wütend. Er hatte Crewel leichten Herzens verlassen in der Überzeugung, daß Leonie ihn liebte. Wie konnte sie derart leidenschaftlich zu ihm sein, wenn sie Montigny geliebt hätte, hatte er sich selbst gescholten.
Diese Frage war jetzt bedeutungslos, da Alain tot und begraben war. Rolfe war nicht dabeigewesen, aber er hatte davon gehört. Der junge Narr hatte das Dümmstmögliche getan: Es war ihm gelungen, sich in die Burg Blythe einzuschleichen und deren Bewohner, die unter Belagerung standen, aufzuhetzen, Rolfes kleines Lager außerhalb der Burgmauern zu überfallen. Dann hatte er die Männer nach Warling geführt, weil er geglaubt hatte, die Burgbewohner, die umzingelt waren, kämen auch heraus und würden sich den Kämpfen anschließen. Sie taten es nicht, aber das hätte auch nichts geändert. Montigny war entweder einfältig, oder er hatte die Größe von Rolfes Heer weit unterschätzt. Es kam gar nicht zu einem wirklichen Gefecht. Montigny hatte weniger als hundert Männer um sich versammelt. Sie wurden schnell überwältigt, und viele starben, darunter auch Alain Montigny.
Die Bewohner von Warling, die das Gemetzel mitansahen, einigten sich schnell auf die Bedingungen der Übergabe.
Rolfe war nicht dort gewesen und hatte diese erstaunliche Wende der Geschehnisse nicht miterlebt, weil er schon wenige Tage, nachdem er Leonie verlassen hatte, in die Normandie gerufen wurde. Er hatte die letzten Wochen damit verbracht, sich um die Güter seines verstorbenen Bruders zu kümmern.
Es war eine schwierige Zeit gewesen, in der er versucht hatte, dahinterzukommen, was er für seinen Bruder empfand. Schließlich war ihm klar geworden, daß er überhaupt nichts für ihn empfand. Dieser Tod ließ ihn nicht trauern. Er stellte jedoch fest, daß er nicht den Wunsch hatte, die Witwe und die Kinder sich selbst zu überlassen. Alles in allem war es eine aufreibende Zeit.
Und dann erst! Nach Hause zurückzukehren und zu erfahren, daß Leonie sich in all der Zeit in Pershwick verschanzt hatte und Vorkehrungen getroffen hatte, gegen ihn zu kämpfen, um dort zu bleiben! Wieder einmal hatte sie sein Vertrauen zum Gespött gemacht. Er entschied, das sei das letzte Mal, daß sie ihn verletzen konnte. Wenn sie sich so verbissen gegen ihn wehrte, daß sie etwas Derartiges tat, dann wollte er sie nicht mehr haben. Es war ein fester Entschluß.
Das hatte er zumindest geglaubt. Drei Tage lang hatte er jedem Impuls widerstanden, es sich doch anders zu überlegen. Das Problem bestand darin, daß er Leonie eben doch haben wollte, und zwar um jeden Preis. Er hatte sogar sein Heer mitgebracht, um es ihr zu beweisen. Und jetzt mußte er feststellen, daß das Motiv, das hinter diesem ganzen Drama steckte, nichts anderes als Eifersucht war! Er wußte
Weitere Kostenlose Bücher