Wenn die Liebe erwacht
mir wenigstens … angenehm finden. Ich bedaure zutiefst, daß du das nicht kannst.« Er sagte es mit einer Stimme voll tiefer Trauer.
Ihr Mut sank. »Du … du gibst mich also auf?«
Rolfes Augen zogen sich finster zusammen. Das war es also, was sie wollte. »Nein, ich werde dich nicht aufgeben.«
Ihr Herz überschlug sich vor Freude, doch sie mahnte sich, ihm nicht zuviel von ihrem Inneren zu zeigen.
»Was ist mit Amelia?« fragte sie ruhig.
Er seufzte matt. »Sie wird in eine andere Burg gebracht.«
»In eine andere deiner Burgen? Was ändert das schon?«
»Sei nicht herzlos, Leonie«, brummte er. »Du weißt, daß sie ein Kind bekommt. Willst du, daß ich eine schwangere Frau im Stich lasse?«
»Das würde ich nie von dir verlangen!« schrie sie. »Aber mußt du sie denn immer in deiner Nähe haben, damit sie da ist, um dich zu trösten, wenn du böse auf mich bist?«
»Verdammt noch mal, wie kommst du bloß auf diese Idee? Die Frau war meine Mätresse, ja, das stimmt. Ich bedaure, daß aus diesem Verhältnis ein Kind entstanden ist. Aber ich habe sie nicht angerührt, seit wir verheiratet sind, und es ist mir ein Rätsel, warum du immer wieder andeutest, ich hätte es getan – oder würde es tun.«
»Lady Amelia behauptet etwas anderes, Mylord«, teilte sie ihm mit.
»Du hast sie wohl falsch verstanden«, erwiderte Rolfe verbissen.
Leonie wandte ihm den Rücken zu und war so wütend, daß sie am liebsten mit irgend etwas auf ihn eingeschlagen hätte. Heilige Maria, wie konnte sie ihn lieben, obwohl er sie derart in Wut versetzte? Er log. Mit Sicherheit log er!
»Denk dir, was du willst, Leonie«, wandte sich Rolfe an ihren starren Rücken. »Wir gehen jetzt. Und zwar sofort. Und wenn dir Sir Guiberts Leben etwas wert ist, dann wirst du ihm sagen, daß du aus freiem Willen mit mir kommst.«
Sie wirbelte wieder herum. »Ich gehe nicht aus freiem Willen, aber du brauchst mich nicht fortzuzerren oder irgend jemanden umzubringen«, zischte sie ihn an.
Sie eilte an ihm vorbei, um anzuordnen, daß ihre Kiste gepackt wurde. Dann besprach sie sich mit Guibert, der sehr erleichtert war, als er erfuhr, daß sie eingewilligt hatte, mit ihrem Mann nach Hause zu reiten.
»Er ist doch nicht wütend auf Sie?« fragte Guibert argwöhnisch, als er Rolfe musterte, der mit ungeduldigen Schritten durch den Saal lief.
»Ich fürchte mich nicht vor seinem Zorn«, log Leonie tapfer.
»Er hat sich geweigert, die andere Frau fortzuschicken?« fragte ihr Vasall zögernd.
»Nein«, sagte sie seufzend. »Er hat eingewilligt.«
Guibert runzelte die Stirn. »Dann sollten Sie sich freuen, Mylady.«
»Ja, das sollte ich wohl. Aber ich tue es nicht.«
Guibert schüttelte den Kopf, als sie ihn stehenließ und er ihr nachsah.
47. KAPITEL
Die Dinge sollten sich jedoch auf eine Weise klären, mit der niemand hatte rechnen können.
Leonie war gerade erst in Crewel angekommen und betrat das Schlafzimmer des Schloßherrn, als sie von einem verzweifelten Dienstmädchen aufgesucht wurde.
»Mylady, sie liegt im Sterben! Sie müssen kommen – bitte«, rief Janie aus.
»Das ist eine List«, sagte Wilda sofort. Das junge Mädchen war Amelias persönliche Zofe und gehörte nicht zum Haushalt der Burg Crewel. »Die Frau hat gehört, daß sie fortgeschickt wird, und sie will es verhindern, indem sie eine Krankheit vortäuscht.« Sie warf Janie einen triumphierenden Blick zu.
Wilda hatte sich zwischen Leonie und Janie aufgebaut, und Leonie freute sich darüber, daß Wilda versuchte, sie zu beschützen, wie sie es so oft tat. Wenn sie schon nichts anderes damit erreicht hatte, daß sie nach Pershwick zurückgegangen war, dann war es ihr doch wenigstens möglich gewesen, Wilda wieder mitzubringen.
»Geh wieder zu ihr, und sag dieser Frau, daß wir sie durchschaut haben«, sagte Wilda unverfroren, und Leonie sah, daß sie dem ein Ende setzen mußte.
»Erzähl mir, was passiert ist«, sagte sie, und Janie brach in Wehklagen aus. »Sie wird wütend auf mich sein, daß ich zu Ihnen gekommen bin, weil sie nicht will, daß jemand erfährt, was sie getan hat. Aber sie blutet, und es will einfach nicht mehr aufhören. Sie stirbt, Mylady, ich bin ganz sicher!«
»Was hat sie getan?« fragte Leonie beharrlich weiter.
»Sie … sie hat etwas eingenommen. Sie hat gesagt, es sei dazu da, alles wieder in Ordnung zu bringen.«
Leonie verstand das Mädchen augenblicklich und wurde blaß. »Gott sei mir gnädig, das ist meine Schuld. Ich habe
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