Wenn die Liebe erwacht
Kräuter, die dich stärken. Bitte«, flehte sie ihn ernsthaft an. »Das ist das mindeste, was du für mich tun kannst, um mir eine Last von der Seele zu nehmen. Was können ein paar Kräuter schon schaden?«
Er nahm ihr den Kelch aus der Hand und leerte ihn. »Hörst du jetzt auf, dir Sorgen zu machen?«
»Ja«, erwiderte sie leise und reichte Wilda, die angesichts dieser Verstellung ihrer Herrin die Augen verdrehte, den Kelch.
Es dauerte nicht lange, bis der Schlaftrunk zu wirken anfing. Damian geriet in Panik, als Rolfe zu wanken begann. Er war von seiner plötzlichen Müdigkeit so verwirrt, daß er es Damian gestattete, ihm dabei zu helfen, sich auf das Bett zu legen. Leonie war erleichtert, denn sie glaubte, damit sei die Sache ausgestanden.
Doch Rolfe packte ihr Handgelenk, ehe sie von dem Bett zurücktreten konnte.
»Was … was hast du mit mir gemacht, Leonie?«
Seine Lider waren schon schwer, doch seinen Augen gelang es noch, sie zu durchbohren. Er wußte es. Es war sinnlos, es abzustreiten.
Sie sagte standhaft: »Ich habe für deine Sicherheit gesorgt, Mylord, da du es nicht selbst getan hast.«
»Ich schwöre … diesmal … zu weit.«
Seine Hand ließ die ihre langsam los, und seine Augen schlossen sich. Seine Worten waren zusammenhanglos, doch sie hatte sie verstanden. Sie war zu weit gegangen.
»Das haben Sie getan, Mylady?« Damian starrte sie ungläubig an.
»Ja.«
»Er wird Sie umbringen!«
Leonie erbleichte. Damian begriff, was sie getan hatte, aber nicht, warum. Rolfe würde es wissen, aber das würde nichts ändern. Für ihn spielte es keine Rolle, daß sie den Gedanken nicht ertragen konnte, er könnte sich wieder eine Verletzung zuziehen. Er ging von der irrigen Vorstellung aus, daß ihm nichts zustoßen konnte, und wenn er nicht zugeben wollte, daß er noch nicht wieder bei Kräften war, würde er auch nicht zugeben, daß ihr Vorgehen berechtigt war.
Es war zu spät, um ihre impulsive Entscheidung zu bereuen. Damian hatte recht. Er würde sie umbringen. Rolfe war Soldat. Was sie getan hatte, war unverzeihlich.
»Ich muß mit Sir Piers sprechen«, sagte Leonie, als sie auf die Tür zuging.
»Sagen Sie ihm bloß nicht, was Sie getan haben!« warnte Damian sie. »Er wird Sie niederschlagen.«
»Dann gehe ich eben zum König.«
Sir Piers versuchte, Leonie davon abzuhalten, das Schloß zu verlassen, ohne auf Rolfe zu warten, aber er war es auch, der sie schließlich zur Westminster Hall begleitete, als er erkannte, daß sie andernfalls allein den Hof verlassen hätte. Sie erzählte ihm nichts von dem, was sich abgespielt hatte, denn sie zweifelte nicht daran, daß Damian recht hatte.
Das einzige, was sie an diesem Morgen richtig machte, war, daß es ihr gelang, Heinrichs Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, ohne daß es einer der Männer, von denen er umgeben war, bemerkte. Er war noch beim Essen, als sie mit Piers den Saal betrat. Da er die Angewohnheit hatte, im Stehen zu essen und herumzugehen, während er sich mit seinen Höflingen unterhielt, fiel es nicht auf, daß er auf Leonie zuging.
»Ist Ihr Gemahl direkt zum Turnierplatz gegangen, um sich eintragen zu lassen?« fragte er.
Heinrich war bestens aufgelegt, und sie betete um seinen Beistand.
»Er wird nicht zum Turnier erscheinen, Mylord.«
Heinrich legte die Stirn in Falten. »Warum um Himmels willen nicht?«
Sie sagte es ihm und beendete ihre Erklärung mit den Worten: »Ich habe keine andere Möglichkeit gesehen, ihn zu schützen.«
»Ihn zu schützen! Ich glaube, er braucht Schutz vor Ihnen!«
»Ich habe das getan, was ich für das Richtige gehalten habe, Eure Majestät«, erwiderte sie kläglich. »Es tut mir nicht leid, daß ich ihn vor möglichem Schaden bewahrt habe. Mir tut nur leid, daß es nötig war, das zu tun.«
Heinrich schüttelte erstaunt den Kopf. »Sie kennen Ihren Mann nicht, Lady Leonie. Sie haben ihm keinen Gefallen getan. Mein Sohn Richard ist ebenfalls ein begeisterter Turnierkämpfer, und er hat mir erzählt, daß er gesehen hat, wie Rolfe d’Ambert eine Wunde nach der anderen empfangen und doch noch alle Turniere des Tages gewonnen und ein Vermögen an Preisen kassiert hat. Es gibt wenige, die es auf dem Turnierplatz gegen ihn aufnehmen können. Das ist seine Art – die Art des Wolfes. Er hat diesen Namen nicht nur wegen seines dunklen Äußeren bekommen, meine Liebe.«
»Das … das wußte ich nicht, Eure Majestät.«
»Er wird es Ihnen nicht danken, meine Liebe«, sagte der König und
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