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Wenn die Mandelblueten bluehen

Wenn die Mandelblueten bluehen

Titel: Wenn die Mandelblueten bluehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Brooks
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den Jungen fürchterlich verzogen. Disziplin ist jedoch wesentlich, wenn das Kind so aufwachsen soll, wie ich es wünsche."
    Schweigend sah sie ihn an.
    Er schüttelte gereizt den Kopf. "Sie verstehen doch, worauf ich hinauswill? Man darf Francesco nicht ermutigen, eigenwillig zu sein."
    "Und Sie meinen, wenn ich ihm erlaube, mich beim Vornamen zu nennen, ermutige ich ihn zur Eigensinnigkeit?"
    fragte Daisy, ehrlich überrascht.
    "Natürlich nicht." Seine Miene wirkte finster. "Seine Großmutter ist manchmal ziemlich ungnädig zu ihren Angestellten, und ich möchte nicht, dass es auf Francesco abfärbt. Nachdem er sie einmal länger besucht hatte, musste ich feststellen, dass er Mario in einer Weise herumkommandierte, die ich nur als flegelhaft bezeichnen kann", erklärte Slade. "So ein Verhalten ist inakzeptabel und muss im Keim erstickt werden."
    "Wie hat Mario denn auf Francescos Befehle reagiert?"
    erkundigte Daisy sich vorsichtig. Sie verstand durchaus, dass er das Beste für seinen Sohn wollte, aber wenn er ins andere Extrem verfiel und zu sehr auf Disziplin bestand, richtete er mehr Schaden als Nutzen an.
    "Er fand es amüsant", antwortete Slade gereizt. "Ich nicht, und das hat Francesco sehr bald herausgefunden."
    "Slade, der Junge ist erst sechs Jahre alt."
    "In wenigen Wochen wird er sieben", erwiderte er schroff.
    "Trotzdem braucht er Zuneigung ebenso wie eine feste Hand", sagte sie heftig, von seinem Ton aufgestachelt. "Das sehen Sie doch ein, oder? Ich kann ihm nicht erlauben, mich Miss Summers zu nennen. Das bedeutet nicht, dass ich ihm irgendwelche Frechheiten durchgehen lasse, aber ich möchte, dass er mir gehorcht, weil er mich mag, nicht weil er Angst vor mir hat. Kinder ahmen die Verhaltensweisen der Erwachsenen nach, aber da er bestimmt oft genug sieht, wie Sie mit Ihren Angestellten umgehen, kennt er mit Sicherheit den richtigen Umgangston."
    Slade blickte weiterhin finster drein. "Ich bin mir da nicht so sicher! Angelica ist dem Jungen und seiner Großmutter gegenüber viel zu unterwürfig, und das ist nicht gut. Sie, Daisy, haben eben einen bezaubernden kleinen Jungen gesehen, und das kann er auch sein - manchmal! Er ist aber auch eigensinnig und versucht, seinen Willen durchzusetzen."
    Wie der Vater, so der Sohn, ging es Daisy durch den Kopf.
    Er schien zu ahnen, was sie dachte, denn er nickte. "Ja, das ist die typische Entschlossenheit der Eastwoods, und es tut mir nicht Leid, dass ich sie an meinen Sohn vererbt habe. Es gab Zeiten, in denen ich sehr dankbar war, dass mein Vater mir diese Eigenschaften von klein auf eingedrillt hatte. Aber der springende Punkt ist, dass sie kontrolliert und richtig eingesetzt werden müssen."
    "Das kann ich akzeptieren, aber ich würde mich nicht wohl fühlen, wenn der Junge mich Miss Summers nennen würde", erwiderte sie energisch. Slade ist hier nicht der Einzige, der Entschlossenheit besitzt, dachte sie aufgebracht. "Und wenn ich Francescos Erziehung übernehme, möchte ich freie Hand haben, um mit ihm so umzugehen, wie ich es für angemessen halte."
    Slade wollte etwas sagen, aber sie hob die Hand, und er zog erstaunt die Brauen hoch.
    "Ich werde mich ihm gegenüber nicht schwach zeigen", sagte Daisy schnell. "Aber Zuneigung und Umarmungen sind kein Zeichen von Schwäche im Umgang mit einem Kind, sondern ebenso wichtig wie Lachen, Spaß und dem Kind zu erlauben, ein Kind zu sein, nicht die Miniaturausgabe eines
    Erwachsenen."
    "Sie glauben, ich bin zu streng mit ihm." Es war eine Feststellung, keine Frage. "Na ja, Sie werden es noch lernen."
    "Vielleicht werden wir beide das tun", konterte Daisy unerschrocken.
    Sie erwartete eine seiner schneidenden Bemerkungen, doch er nahm ihr den Wind aus den Segeln, indem er laut lachte und dann sagte: "Sie sehen zart und zerbrechlich aus, aber Sie sind beherzt wie eine Löwin und verteidigen Ihre Ansichten. Ich habe mich nicht in Ihnen getäuscht."
    Ernst sah sie ihn an und wusste nicht, was sie von seiner Belustigung halten sollte. Sie hätte nicht gedacht, dass Slade Eastwood Widerspruchsgeist bei seinen Angestellten dulden würde - ganz im Gegenteil. Nein, sie verstand diesen Mann überhaupt nicht.
    "Ja, ich stehe zu meiner Meinung, vor allem wenn es um meine Arbeit geht", sagte sie schroff, denn seine Augen funkelten noch immer amüsiert.
    "Ich habe nicht Sie ausgelacht, Daisy", versicherte Slade, plötzlich wieder ernst.
    O doch, das hat er getan, dachte sie. Er war ihr ein Rätsel, und das beunruhigte sie.

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