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Wenn Die Nacht Beginnt

Wenn Die Nacht Beginnt

Titel: Wenn Die Nacht Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
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hätte sie gefeuert. Das einzig Gute an dem Gespräch – ihrer Meinung nach – war, dass Dr. Jim Kopecki nicht während des Telefonats hereingekommen war. Tatsächlich hatte sie den ganzen Tag nichts von ihm oder seiner Nichte gesehen.
    An diesem Tag konnte sie nichts mehr tun, also verbrachte sie die restliche Zeit damit, ihre Notizen und Beobachtungen abzutippen, über das Farmgelände zu streifen, mit den Tieren zu sprechen und sich die passenden Fragen für einen Mörder auszudenken.
    Freitag, 19. September
    In der Nacht wachte Amelia plötzlich auf und stolperte zu einem Fenster, von dem Geräusch eines laufenden Motors angezogen. Die Uhr neben ihrem Bett zeigte die Zeit an: halb zwei Uhr nachts.
    Die Scheinwerfer eines weißen Lastwagens erleuchteten schwach die Szene: Der Tierarzt und seine Nichte draußen am Rand einer Weide, wie sie etwas Dunkles und Schweres von der Ladefläche zogen und es in einer Vertiefung des Bodens ablegten. Danach schaufelten sie etwas – Erde? – darüber.
    »O Gott«, flüsterte Amelia, »was tut ihr da?«
    Was begruben die beiden? Sollte sie versuchen, die örtliche Polizei zu benachrichtigen? Aber wie – aus Kopeckis Büro, wo man sie erwischen könnte? Und wenn sie zu ihrem Auto rannte, würde er sie wegfahren hören …
    Amelia hatte das schreckliche Gefühl, dass sie Thomas Rogers nicht in den Tunnels finden würde. Falls das einträfe, würde sie der Polizei raten, das frische Loch – Grab? – in der Weide aufzugraben.
    Aber was würde dann mit dem Mädchen geschehen?
    »O Gott«, wisperte Amelia wieder, aber diesmal war es ein Stoßgebet.
    Es war schon die zweite Nacht, in der sie kaum schlief. Als schließlich die Sonne aufging, war sie erschöpft und äußerst verängstigt durch ihre eigene, lebendige Fantasie. Die Stunden, die sie allein in dem Zimmer, von der Dunkelheit draußen umgeben, verbrachte, verlangten einen hohen Preis von ihr.
    »Das kann ich nicht tun«, sagte sie zu ihrem Spiegelbild.
    Es versuchte nicht, mit ihr darüber zu streiten.
    Als sie nach dem Frühstück hinausging und so tat, als mache sie nur einen kleinen Spaziergang, sah sie die Erdschicht, die das bedeckte, was ein frisches Loch im Boden zu sein schien. Amelia rannte zurück zu ihrem Zimmer, griff sich ihre gepackten Koffer und stieg schnell in ihr Auto. Lassen wir New York die Rechnung bezahlen, dachte sie sich, ich will hier raus. Ihr Kopf sagte, sie würde niemals wieder hierher zurückkommen, aber ihr Herz spürte einen Verlust, als sie sah, wie die Zebras im Rückspiegel ihrem Blick entschwanden.
    Es war noch früh, als sie in Spale ankam.
    Amelia parkte am Stadtrand, um auf ihre Verstärkung zu warten. Sie fürchtete sich nicht mehr so sehr davor, in die Tunnel hinunterzugehen, weil sie nicht mehr erwartete, dort unten jemanden lebendig vorzufinden.
    Als der Leihwagen ihres Kollegen neben dem ihren hielt und der Fahrer ausstieg, reagierte Amelia schockiert.
    Es war der Mann selbst. Dan Hale.
    Er hatte sein charakteristisches, einseitiges Lächeln aufgesetzt, als sie eilig ausstieg, um ihn zu begrüßen.
    »Überrascht, Amelia? Das sollten Sie eigentlich nicht sein. Wissen Sie nicht mehr, woher ich komme?«
    »Aus Kansas, aber …«
    »Aus Spale in Kansas.« Sein Ton klang so, als ob sie es hätte wissen müssen, und Amelia fühlte sich augenblicklich gedemütigt. Sie war auch aufgebracht, denn wie hätte sie etwas wissen sollen, was sie niemals zuvor gehört oder irgendwo gelesen hatte? Das heißt, sie erinnerte sich sogar genau daran, gehört zu haben, dass er aus Kansas City kam. Sie war versucht, seine Verachtung mit einem eigenen sarkastischen »Na und?« zu beantworten.
    Stattdessen sagte sie nur: »Das wusste ich nicht. Aber trotzdem, warum …«
    »Weil ich sie kannte, Brenda und Tom. Wir waren eng miteinander befreundet.«
    Ihre Augen wurden größer. »Oh, Mr. Hale! Ach, das …«
    »Tut Ihnen Leid? Ihm wird es auch Leid tun, wenn wir mit ihm fertig sind. Er wird sich wünschen, er wäre im Gefängnis geblieben.«
    »Aber Mr. Hale, Thomas Rogers ist vielleicht gar nicht hier«, wandte sie ein und war ein wenig befriedigt darüber, dass es diesmal ihr gelungen war, ihn zu schockieren. »Er ist vielleicht nicht einmal mehr am Leben.« Amelia erzählte ihrem Chef, was sie von ihrem Fenster aus mit angesehen hatte.
    Hale sah verwirrt und verstört aus.
    »Das ist unmöglich«, sagte er.
    Amelia konnte sich nicht vorstellen, warum. Ihr schien es auf schreckliche

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