Wenn die Schatten dich finden: Thriller (German Edition)
Parkplatz. Ich fahre dir nach. Einer unserer Männer ist bereits in der Bar. Zwei weitere warten auf dem Parkplatz. Du gehst rein und setzt dich an einen Tisch. Ich bleibe dir so nahe wie möglich. Wenn Brian, oder vielmehr der, der sich für Brian ausgibt, kommt, rede mit ihm. In dem Moment, in dem du sicher bist, dass er unser Kerl ist, zupfst du an deinem linken Ohr.« Er fasste ihr Ohrläppchen und zog sanft. »So. Wir schnappen ihn uns, und du springst zur Seite, verstanden?«
Sie nickte. Es klang ziemlich einfach. Was sollte schon schiefgehen?
Drinnen war die Bar noch ekliger, als sie von außen schon aussah. Schweißgestank vermengte sich mit dem Geruch von Alkohol, billigem Aftershave und noch etwas anderem, das zu erkennen sich Samaras Nase weigerte. Ein einzelnes Fenster, ein Stück von der Tür entfernt, wetteiferte mit dem gelb gefliesten Boden um die dickste Dreckschicht. Samara versuchte blinzelnd, die Straßenlaterne draußen zu erkennen, aber die schmutzigen Fensterscheiben ließen es nicht zu.
Hatte sie vorher noch leiseste Zweifel gehabt, waren sie nun endgültig ausgeräumt. Der Brian, mit dem sie gechattet hatte, konnte kein Teenager sein, der sie beein drucken wollte. Kein Junge, egal wie dreist oder ahnungs los, würde ein junges Mädchen in solch eine Kaschemme bestellen. Dies hier war eine Bar, in der sich die Leute hoffnungslos betrinken und jemanden abschleppen wollten. Und die entsprachen nicht dem Typ, als den Brian sich beschrieben hatte.
Robert, der Türsteher, nach dem sie laut Brian Ausschau halten sollte, musterte sie unverhohlen. Eindeutig würde er sie mit Freuden vernaschen. Wenn das Theater vorbei war, brauchte Samara dringend eine lange, heiße Dusche. Und danach vielleicht etwas gegen das mulmige Gefühl im Magen.
Noah saß zwei Tische entfernt vor einem Bier und versuchte, die abgetakelte Kellnerin nicht zu beleidigen, die hartnäckig mit ihm flirtete. Er zwinkerte Samara ein paarmal zu, und tatsächlich gelang es ihm, dabei superschmierig zu wirken. Wahrscheinlich sollten seine Blicke so eklig wie Roberts sein, doch leider konnte Samara nur daran denken, wie gern sie zu Noah hinübergehen und sich von ihm in die Arme nehmen lassen würde. Sie schüttelte sich. Gott, war sie dämlich! Was musste der Mann denn noch tun, bis sie von ihm angewidert war? Sie umbringen?
Ein paar betrunkene und reichlich enthemmte Paare schwankten auf der Minitanzfläche gegeneinander, und die traurige Melodie eines depressiven Country-Sängers rundete die düstere Atmosphäre ab. Samara blickte sich vorsichtig nach dem Mann um, der sich als Brian ausgegeben hatte. Ihre verabredete Zeit war schon um eine Viertelstunde überschritten. Hatte er es sich anders überlegt? Verdacht geschöpft?
Sie hatte sich eine Cola-light bestellt und bisher kaum an dem fleckigen Glas genippt. Weil ihr Mund sandsturmtrocken war, hob Samara es nun doch an ihre Lippen und nahm einen kleinen Schluck. In dem Moment torkelte ein Betrunkener vorbei, stolperte gegen Samaras Stuhl und schlug ihr nach Halt suchend das Glas aus der Hand, dessen Inhalt sich über ihr Shirt und ihre Jeans ergoss.
Erschrocken sprang sie auf. Der Betrunkene murmelte etwas und torkelte von dannen. Samara griff sich die einzige Cocktailserviette auf dem Tisch und tupfte sich so viel Cola ab, wie die Serviette aufnahm. Noah hatte ihr gesagt, dass sie ihn nicht direkt ansehen dürfte, doch sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte.
Die voluminöse Kellnerin, die ihr die Cola serviert hatte, erschien vor Samara. Ein seltsam grimmiges Lächeln auf dem Gesicht, wies sie mit dem Kopf zu einer Tür. »Hinten sind die Klos. Geh und mach dich sauber.«
Samara blickte hinüber zu Noah. Sein Tisch war leer. Ein wenig beunruhigt schaute sie sich im Raum um, und ihre Anspannung steigerte sich, als sie ihn nirgends entdeckte. Er hatte gesagt, dass er sie nicht allein lassen würde. Samaras Knie wurden weich vor Erleichterung, kaum dass sie ihn auf sich zuschreiten sah. Zorn und Ekel spiegelten sich in seiner Miene. Was war geschehen?
Dann packte eine Hand ihren Oberarm, worauf Samara den Kopf herumriss. Die Kellnerin starrte sie mit kalten Augen an. »Komm mit, Kleines. Ich zeig dir, wo du hinmusst.« Mit diesen Worten schob sie Samara auf einen dunklen Flur zu.
Stolpernd entwand Samara sich ihr. »Ist schon okay … ich … warten Sie kurz. Ich weiß nicht …« Eine Hand hieb nach ihrem Gesicht, der Samara in letzter Sekunde ausweichen konnte.
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