Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)
würde. Mati hatte sich vor ein paar Tagen Zugang zur Wohnung von Melanie und ihres Freundes verschafft und sie einem Verhör unterzogen.
Außerdem hatte er ihre Schubladen und persönliche Habe durchsucht, in der Hoffnung, irgendeinen Hinweis darauf zu erlangen, wo ich mich aufhielt. Die Polizei befürchtete, dass jemand meinen Aufenthaltsort preisgeben könnte, wenn er von Mati mit einer Waffe bedroht würde.
Den Abend verbrachte ich allein. Meine Augen waren vom Weinen gerötet, die Haare hingen mir in Strähnen herunter, und ich hatte mir die Fingernägel blutig gekaut. Eine der Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle ließ David bei sich übernachten, damit ich ein bisschen Ruhe und Gelegenheit hatte, über den Schock hinwegzukommen. Ich hatte mich in eine Sofaecke zurückgezogen und stierte dumpf auf die Mattscheibe, bis mich plötzlich die Nachrichten aus meiner Apathie rissen: „Es war um sieben Uhr morgens, als ein Mitglied der Kirche in Unterhaching eine Bombe vor der Eingangstür entdeckte. Die Umgebung wurde weiträumig abgesperrt, ehe die Bombe mithilfe einer Druckwelle entschärft wurde. Wäre sie explodiert, hätte dies katastrophale Folgen gehabt. Häuser wären eingestürzt und ein ganzes Industriegebiet von der Explosion betroffen gewesen.“
Ein Reporter fragte: „Es hat sich also um eine Bombe mit extrem hoher Sprengwirkung gehandelt?“
Ein Polizist antwortete: „Ja, sie war äußert explosiv.“
Reporter: „Doch für den Bombenleger lief offenbar nicht alles nach Plan. Der Zeitzünder hat nicht funktioniert ...“
Polizist: „Die Bombe sollte schon nach wenigen Minuten explodieren. Warum der Zünder stehen geblieben ist, werden wir hoffentlich bald heraus bekommen.“
Da ich genug gesehen und gehört hatte, schaltete ich den Fernseher aus, legte mich ins dunkle Schlafzimmer und starrte an die Decke.
Wer konnte mir jetzt noch helfen? Wie würde es weitergehen? Ich knipste die Nachttischlampe an, kramte in einer der Tüten von Mama und fand eine kleine, rote Bibel. Ich dachte, wenn es einen Gott gibt, dann muss er mir jetzt helfen. Ich schlug den Psalm 140 auf und las:
Rette mich, Herr, vor bösen Menschen, vor gewalttätigen Leuten schütze mich! Denn sie sinnen in ihrem Herzen auf Böses, jeden Tag schüren sie Streit. Wie die Schlangen haben sie scharfe Zungen und hinter den Lippen Gift wie die Nattern. Behüte mich, Herr, vor den Händen der Frevler, vor gewalttätigen Leuten schütze mich, die darauf sinnen, mich zu Boden zu stoßen. Hochmütige fegen mir heimlich Schlingen, Böse spannen ein Netz aus, stellen mir Fallen am Wegrand. Ich sage zum Herrn: Du bist mein Gott. Vernimm, o Herr, mein lautes Flehen! Herr, mein Gebieter, meine starke Hilfe, du beschirmst mein Haupt am Tag des Kampfes. Herr, erfülle nicht die Wünsche des Frevlers, fass seine Pläne nicht gelingen!
Zu diesen Worten schlief ich ein.
Am 2. November um fünf nach elf wurde Mati von der Polizei festgenommen, als er gerade mit unserem Hund Rocky unsere gemeinsame Wohnung verließ. Er trug bei der Verhaftung ein Messer und eine Pistole bei sich. Illegaler Waffenbesitz sowie Bedrohung und schwere Körperverletzung in mindestens dreizehn Fällen wurden ihm vorgeworfen. Außerdem galt er als dringend tatverdächtig, die Bombe vor der Kirche in Unterhaching gelegt zu haben. Etwas, was Mati nie nachgewiesen werden konnte. Er leugnete, etwas mit der Bombe zu tun zu haben. Der Fall blieb ungeklärt.
Zu meinen Freunden und meiner Familie hatte ich in dieser Zeit nicht den geringsten Kontakt. Diejenigen, die bezeugen konnten, was David und mir angetan worden war, ließen mir Briefe über meinen Anwalt oder die Polizei zukommen. Zu Mona, die mich mehrmals besuchte, bekam ich jedoch einen sehr nahen und intensiven Kontakt. Ich glaube, es war ihre Fürsorge, die mir die Kraft gab, auf meinem Weg weiterzugehen.
Sie überbrachte mir Grüße und Briefe meiner Freunde sowie Kleider, Nahrungsmittel und Geld. All meine Bekannten waren inzwischen mehrfach verhört worden und hatten den Polizisten, der sie befragte, als unfreundlich und arrogant erlebt. Da hatte ich mit Mona, die meine Sorgen und Nöte ernst nahm, schon mehr Glück. Ich hätte mir gewünscht, dass diejenigen, die als Zeugen infrage kamen, von der Polizei mehr Hilfe und Unterstützung bekommen hätten. Als es schließlich zum Prozess kam, waren tatsächlich nur sehr wenige bereit, sich als Zeugen zur Verfügung zu stellen. Andere lehnten dies aus Angst um ihre
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