Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)
der Zeit war aufzubrechen. Ich musste noch David von der Frauenberatungsstelle abholen und es war schon spät geworden.
Zwölftes Kapitel
Mona fuhr mich zurück und wir holten David ab. Ich bedankte mich bei der Frau von der Beratungsstelle, denn sie war extra meinetwegen länger da geblieben.
„Danke!“, sagte ich zu ihr. „Vielen Dank, dass du mir heute geholfen hast. Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen!“
„Ist schon in Ordnung“, erwiderte sie. „David war die ganze Zeit sehr lieb. Wir haben mit den Autos gespielt, waren spazieren, haben Enten gefüttert und ein Schaumbad genommen. Dann habe ich ihm noch ein Brot und etwas Brei gegeben, und jetzt ist er müde und will nur noch ins Bett. Er hat gar nicht geweint oder nach dir gefragt.“
„Ach, das ist schön. Dabei ist er es überhaupt nicht gewohnt, dass ich weg bin. Das war wirklich ein langer, anstrengender Tag, aber jetzt ist alles vorbei.“
Nach diesen Worten verabschiedeten wir uns und fuhren in meine Wohnung. Kurze Zeit lag David im Bett und ich kroch auch bald hinterher. Als ich am Morgen aufwachte, sah ich den Zettel mit Aris Telefonnummer auf dem Tisch liegen. Und während ich duschte, dachte ich darüber nach, ob ich ihn anrufen sollte oder nicht.
David wurde wach. Ich wusch ihn und machte für uns das Frühstück. Der Zettel mit Aris Telefonnummer lag immer noch auf dem Tisch, doch ehe ich all meinen Mut zusammennahm, um ihn anzurufen, wollte ich prüfen, ob nicht noch andere Möglichkeiten existierten. Doch, es gab sie. Ich konnte nach Hamburg ziehen und mir dort eine Arbeit suchen. David könnte in den Kindergarten gehen und ich würde uns ein neues Leben aufbauen.
Ich griff nach meinem Handy, legte es aber gleich wieder hin. Dann nahm ich es erneut, tippte die Nummer ein und hielt es mir ans Ohr.
„Hallo, Herr Södermann“, meldete ich mich. „Hier ist Luisa Tamm. Ich habe mich mal vor Jahren bei Ihnen beworben.“
„Ja, ich erinnere mich. Wie geht es Ihnen?“
„Ich wollte fragen, ob Sie noch eine Stelle freihaben, ich werde demnächst nach Hamburg ziehen.“
„Aber ja, Frau Tamm. Sie haben Glück, vor einer Woche ist die Stelle der Finanzbuchhalterin freigeworden. Wenn Sie Lust haben?“
„Ja, sehr große, es ist nur so, ich bin jetzt nicht mehr allein. Ich habe einen kleinen Sohn.“
„Aber das macht gar nichts. Unser Handelshaus hat selber einen Kindergarten, da finden wir bestimmt noch ein Plätzchen. Wann sind Sie denn in Hamburg? Kommen Sie vorbei, dann bereden wir alles.“
Ich holte tief Luft und legte auf. Dann wählte ich Monas Nummer und erzählte ihr alles.
„Um ehrlich zu sein, Luisa, Hamburg finde ich nicht besonders passend. Viele Verbrechercliquen haben dort Verbindung zu München. Wiederum, wenn du Arbeit, Wohnung und Kitaplatz kriegst, ist das natürlich ideal.
Mona sah mich immer noch als gefährdet an und sie hätte am liebsten gesehen, wenn ich mir eine neue Identität zugelegt hätte. Aber das war gar nicht so einfach.
Am späten Nachmittag kam sie nochmal vorbei und wir redeten über alles.
„Hamburg ist eine schöne Stadt, aber sicher ist sie durchaus nicht. Sag mal, Luisa, warum nimmst du das Angebot von Matis Bruder nicht an. Zieh mit David zu ihm. Ari wird dich beschützen und ich glaube nicht, dass Mati sich mit seinem Bruder anlegen würde.
Ich wusste, dass Mona recht hatte, aber ich zögerte noch. Hamburg wäre so schön gewesen, aber was nicht ging, das ging nicht.
Noch am selben Abend rief ich Ari Tamm an und sagte, dass er mich in den nächsten Tagen mit David erwarten könnte. Er freute sich und sagte, dass ich das einzig Richtige tun würde.
So packte ich meine Habseligkeiten und fuhr an einem schönen Wintertag mit der S-Bahn in einen Vorort nahe München.
Ari holte uns an der S-Bahn-Station mit seinem Ford ab.
Aris Wohnung war so gemütlich eingerichtet, dass man niemals darauf gekommen wäre, dass hier ein Junggeselle wohnte. Alles war hell und großzügig, und die Möbel schienen direkt aus einem geschmackvollen Katalog zu stammen. Die Sofas waren breit und bequem, auf den Betten lagen jede Menge schöner Kissen, und über einem großen Sessel hing eine hübsche Wolldecke. Die Küche war zwar nicht groß, aber durchdacht und geschmackvoll eingerichtet. Die Regale waren mit italienischen Delikatessen und großen nougatfarbenen Cappuccinotassen gefüllt.
Ari machte uns etwas zu essen. Wir aßen köstliche Hühnerbrustfilets mit Champignonsauce und Reis. David
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