Wenn die Wahrheit nicht ruht
Türrahmen zu ihrer vollen Grösse auf und huschte behände in das Zimmer. Erst sah es so aus, als würde Leonie nichts be merken, doch dann hielt sie plötzlich inne . Sie wollte sich umdrehen.
Er musste handeln , und zwar schnell. Nur noch wenige Schritte trennten ihn von ihr.
Leonie wandte vorsichtig den Kopf, und schon legte sich ein Arm fest um ihren Körper und eine Hand blitzschnell auf ihren Mund. Instinktiv versuchte sie zu schreien, doch ein sanfter Hauch an ihrem Ohr mahnte sie zur Ruhe. Dann sagte er noch et was, das kaum den Schleier der Panik zu durchdringen vermochte. E rst als sich die Hand auf ihrem und der Griff um ihren Körper lockerten, begann sie zu begreifen. Der Situation noch nicht ganz trauend, wand te sie sich langsam um. Und vor Erleichterung hätten ihr beinahe die Beine nachgegeben. Genauso um Verge bung bittend wie treuherzig starrten die blauen Augen sie an. „Sören! Was zum…“
Sofort drückte Sören ihr die Hand wieder auf den Mund. „ Schscht ! Nicht so laut!“
„Was tust du hier?“ Obwohl sich Leonie bemühte zu flüstern , hatte ihre Stimme durch den rasenden Puls einen etwas schrillen Unterton.
„Ich habe an der Tür geklingelt, aber es hat niemand geöffnet. Also habe ich versucht nachzuvollziehen, wo du hingegangen bist und bin dir gefolgt. Dann hab ’ ich mich in dem dunklen Keller verirrt und mir ziemlich schmerzhaft das Knie gestossen . Hast du gewusst, wie gross dieser Keller ist?“ Wie ein geschlagener Hund blickte Sören nach unten und zeigte auf die z errissene Stelle in seiner Jeans.
Ohne auf die Frage einzugehen, seufzte Leonie erleichtert auf. „Du warst das also! Und ich hatte schon A ngst, dass noch jemand, dem ich keinesfalls begegnen wollte , dort unten war.“
„Jedenfalls darfst du mich verarzten , sobald wir hier raus sind. Aber interessanter ist im Augenblick eine andere Frage. Hast du was entdeckt?“
„Nein , nicht so richtig.“ Leonie wollte bereits zu einer Erklärung ausholen, da erfüllte plötzlich ein dumpfes Gurgeln den Raum. Sie zuckte leicht zusammen , und irgendwie ahnte sie, dass sie nicht die E inzige war. Das Geräus ch schien hinter der Wand durchzuwandern . Als könnten sie es sehen, wanderten ihre Blicke hinterher. Erst, als aus dem Raum nebenan das Rauschen eines Wasserhahns zu hören war, begriffen bei de. Entsetzt sahen sie sich an.
Dann griff Sören nach Leonies Arm. „Wir müssen hier verschwinden , und zwar sofort!“
„Du hast ja Recht, aber ich dachte , es hätte dir niemand die Tür geöffnet?“
„Vielleicht hat mein Klingeln einfach niemand gehört. Das Haus ist gross und die Frau wahrscheinlich alt, wenn es denn sie ist, die das Wa sser angedreht hat. Los jetzt!“
Sören zerrte an Leonies Arm und endlich gab sie dem Druck nach. Gemeinsam stürmten sie zum Ausgang des Zimmers. Dort drückte sich Sören an die Wand und zog Leonie hinter sich. Dann riskierte er einen Blick in den Gang, der immer noch im Dunkeln lag. Er wagte einen Schritt aus dem Raum zum Treppenabsatz und spähte erneut um die Ecke. Alles war dunkel, bis auf einen fahlen Lichtschimmer aus dem Zimmer neben der Kellertür.
Sören dachte kurz darüber nach, dennoch durch den Keller zu fliehen, verwarf die Idee dann aber, als i h m der Windfang ins Auge fiel. Mit einem Handzeichen hiess er Leonie ihm zu folgen.
Schnell war er bei der ersten Tür. Er zog sie auf, als aus dem Gang ein Schlurfen zu vernehmen war. Hektisch schob Leonie Sören in den Windfang und zog rasant, aber leise die Tür zu. Dann g ing das Licht im Gang an und leuchtete direkt durch das i n die Tür eingelassene Fenster.
Instinktiv duckten sich beide exakt in dem Augenblick, als auf der anderen Seite d es Windfangs ein Kopf erschien. Sören und Leonie pressten sich so nahe in die Ecke zwischen Tür un d Wand wie nur irgend möglich.
Leonie riskierte es, nach oben zu schauen und erhaschte gerade noch einen Blick a uf einen Schatten, bevor er sich von der Tür wegbewegte. Das Schlurfen wurde leiser und wec hselte nach einem leisen A ufstöhnen in ein raues , kratzendes Geräusch.
Schwer ausatmend sah Leonie zu Sören. Dieser zeigte mit einem Kopfnicke n auf die Tür. Leonie verstand.
Langsam schob sie sich dem Türblatt entlang nach oben, in Richtung des Fensters. Sie versuchte ihre Aufregung zu zügeln, damit ihre Hände zu zittern aufhörten. Dann spähte sie durch die Scheibe in den Wohnraum. Es war nichts zu sehen. Also drehte sie sich zu Sören um, der in
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