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Wenn die Wahrheit nicht ruht

Wenn die Wahrheit nicht ruht

Titel: Wenn die Wahrheit nicht ruht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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Ihr Vater schien einer der Sorte gewesen zu sein, der die Arbeit selbst in den Familienurlaub mitbringen musste. „Ob Verena das gewusst hat? So wie ich sie einschätze, wäre sie stinksauer gewesen. Also hat sie es wohl nicht gewusst.“ Sie hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen, als sie auf einen B rief mit dem Poststempel von Grächen stiess .
     
    ‚ Sehr geehrte Frau Ebner,
     
    Vorweg möchte ich Ihnen mein herzliches Beileid aussprechen. Wir sind alle zutiefst erschüttert über diese Tragödie und wünschen Ihnen viel Kraft, um diese dunklen Stunden zu überstehen.
     
    Es ist mir äusserst unangenehm Sie in dieser Situation mit derart alltäglichen Banalitäten zu belästigen, aber beim Aufräumen der Wohnung bin ich auf Unterlagen gestossen, die seltsamerweise unter einem Sofakissen lagen. Bitte entschuldigen Sie, dass ich sie mir genauer angesehen habe , allerdings musste ich doch herausfinden, wem sie gehören. Ich bin zum Schluss gelangt, dass es Dokumente Ihres auf so tragische We ise verstorbenen Ehemannes sind und habe mir deshalb erlaubt, Ihnen jene mittels dieses Pakets zuzustellen.
     
    Mit nochmaligen besten Wünschen und dem Ausdruck unseres herzlichsten Beileids verbleiben wir
     
    mit freundlichen Grüssen
    Familie Wagner ’
     
    Die damalige Ve rmieterin, wie Leonie vermutete. „Unter dem Sofakissen? Also bitte, es gibt bessere Verstecke! Aber gut, scheinbar hat es ja ausgereicht.“ L eonie legte den Brief beiseite und veränderte ihre Sitzposition , weil ihr e Beine einzuschlafen begannen.
    Da fiel ihr Blick auf einen kleinen F etzen Papier, der unter dem Bett hervorlugte. Neug ierig zog sie den Zettel heraus. Da die ihr zugewandte Seite leer war, drehte sie ihn um. Und tatsächlich, in fein geschwungenen Lettern war eine mit blauer Tinte geschrieben e Nachricht zu erkennen. Als wäre es nicht schon schwierig genug, die Schrift an sich zu entziffern, war sie auch noch verschmiert.
    Leonie hatte einige Mühe, das G eschriebene zu lesen, konnte aber daraus, wie alles verwischt war , einige Schlussfolgerungen ziehen. „Linkshänder und erst noch eine Sauschrift. Du machst dir wohl einen Spass daraus, mir die Nachforschungen zu erschweren“, murmelte Leonie, den Blick auf die Zimmerdecke gerichtet. Sie kam sich vor, wie beim Glücksrad. Allerlei Buchstaben leuchteten deutlich lesbar auf der Ratewand und nun galt es, aus diesen einzelnen Mitglieder n des Alphabets etwas Z usammenhängendes zu gestalten, nur dass sie sich nicht in der privilegierten Position befand , am Rad zu drehen, um sich neue Buchstaben wünschen zu können.
    Aber auch als die Komponenten endlich zu sinnvollen Worten zusammengesetzt waren, glätteten sich die Falten auf Leonies Stirn ni cht im Geringsten . „ Was soll das heissen? ‚ Anrufer unbekannt, Bücher Hannigalpbahn, umhör en! ’ Versteh ich nicht.“
    Zögernd legte Leonie das Stück Papier beiseite. Es schien eigentlich nicht interessant zu sein, dennoch, es war immerhin bei den Unterlagen, die ihr Vater im Ferienhaus versteckt hatte und es war der Name der Gondelbahn aus dem Dorf darauf notiert. Diese Überlegungen führten sie immer nur zu einer Schlussfolgerung: Ihr Vater war nicht nur wegen eines Familienurlaubs in Grächen gestrandet. Diese Vermutung warf aber sogleich die nächste Frage a uf: Weshalb war er denn dann hier?
    Leonie schwirrte der Kopf. Sie liess von den Papieren ab, suchte ihr Mobiltelefon und versuchte während des Wählvorgangs ihre Jacke überzuziehen . Mehr oder minder graziös gelang das Unterfangen, weshalb sie wenige Minuten später telefonierend auf der Strasse vor dem Hotel stand.
     
    Aufmerksam lauschte Sören der Stimme am anderen Ende der Leitung, bestätigte kurz da s Gesagte und legte auf.
    „ Ich muss noch einmal weg. “ Mit gesenktem Kopf, den leeren Blick auf das zugeklappte Telefon gerichtet, stand Sören reglos im Raum. Die grauen Rauchwölkchen der im Aschenbecher vergessenen Zigarette waberten sich anmutig schlängelnd durch die Luft.
    „ Warum ? Wer war das am Telefon? “ Die Stimme klang schläfrig und doch schwang ein katzenhaftes Schnurren mit, dem deutlich zu entnehmen war, dass die Hitze der vorangegangenen Leidenschaft noch nachglüht. Sören liess von dem Telefon ab und drehte sich um. Seine unergründlich blauen Augen blitzten entschlossen im schwachen Schein der gedimmten Stehlampe auf.
    „Triffst du dich mit ihr ? “
    Sören antwortete nicht . Er griff nach seiner Kleidung und zog sie mit dem

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