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Wenn die Wahrheit nicht ruht

Wenn die Wahrheit nicht ruht

Titel: Wenn die Wahrheit nicht ruht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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Salon des stolzen Chalets. Etwas unbeholfen schlüpfte er in den Schuppen und kam kurz darauf wieder heraus. Das lange Seil aufgewickelt in der Hand , Feuerholz unter dem Arm und ein e schwere Abdeckplane über der Schulter , kehrte der Mörder zurück zum Haupthaus.
    Ohne auch nur ein Anzeichen von Reue oder Mitleid sah er auf die beiden Leichen herab, die aus starren leeren Augen zurückglotzten . Ohne die Lieder niederzudrücken machte er sich an die Arbeit. Er zog die beiden nebeneinander, drapierte das Feuerholz darüber, wickelte alles mit einiger Mühe in den Plastik , band das Seil um beide Körper und schnürte die Enden so fest, dass genügend übrig blieb , um sich das Seil über die Schulter zu legen. Dann begann er zu ziehen. Es dauerte eine Weile , bis die schlaffen Körper nachgaben und sich aus dem Haus in die eisige Nacht mitschleifen liessen. Zurück blieb nur eine blutrote Spur im Schnee.
    Draussen hievte der Mörder seine Opfer schliesslich auf einen grossen, mit Kuhleder überzogenen Holzschlitten, den er hinter dem Schuppen deponiert hatte, und zurrte sie mit der überschüssigen Schnur fest. Begegnete ihm wider E rwarten jemand, so würde derjenige seine Ladung für einfaches Brennholz handeln.
    Sich seine Erfahrung als Bergsteiger zunutze machend schleppte der Mörder sich und seine Last Schritt für Schritt aus dem Dorf hinaus und in die Richtung, in der nur das einsame Eis des Gletschers wartete.
    Die Sterne hinter den dichten grauen Wolken begannen bereits zu verblassen, als die Kraft langsam nachzugeben drohte und die Kälte unter dem dünnen Schweissfilm an den Knochen zu nagen begann. Die verbissene Entschlo ssenheit, den Plan bis zum Ende durchzuziehen , schien aber eine Quelle des Antriebs zu sein, die den Mörder und seine beiden Opfer noch einen weiteren Kilometer über das friedvolle Weiss des Gletschers trieb , bis eine dunkle Vertiefung gefunden war, die als Grab geeignet schien. An die nach sich gezogenen Spuren brauchte man keinen Gedanken zu verschwenden, denn während des Aufstiegs hatten tausende emsige Schneeflocken lautlos begonnen , alle Beweise unter sich zu begraben. Nach erneutem erheblichem Kraftaufwand glitten die leblosen Körper über die Kante. Den Halt des sicheren Bodens verloren , stürzten die seelenlosen Hüllen in die unbekannten Tiefen, um schliesslich im Schlund des Gletschers zu verschwinden und die letzte Ruhe zu finden. Dann richtete sich der Mörder auf, entledigte sich seine s blutigen Umhangs und machte sich an den Abstieg.
     
    Der neue Morgen dämmerte , als einige Wanderer den Weg eines fröhlich pfeifenden Bergsteigers kreuzten, der die Hand beschwingt zum Gruss erhob. Freundlich grüsste die Gruppe einstimmig zurück, schlängelte sich nicht s ahnend an dem Bergsteiger vorbei , ohne zu bemerken , dass an den S pitzen der am Rucksack befestigten Steigeisen frisch getrocknetes Blut klebte.
     
     

2010
     
    Obwohl die Bar nachts zuvor pünktlich hatte geschlossen werden können und Leonie sich entsprechend zu einer beinahe vernünftigen Zeit in ihr Bett kuscheln konnte , hatte sie lange nicht einschlafen können . Zu lange hatten sie ihre rotierenden Gedanken wach gehalten. Aber immerhin kam ihr in diesem Dämmerzustand eine Idee, der sie , wie sie be schloss, eine Chance geben wollte. Dies war auch der Grund , weshalb sie nun auf einem schwarzen gepolsterten Stuhl im Empfangsbereich des Tourismusbüros von Grächen sass und ungefähr zu m fünften Mal ausgiebig gähnte.
    Der Mann, der wild gestikulierend auf die Angestellte einredete , hatte offenbar irgendein Problem mit der Kurtaxe und verfiel in sei ner Aufregung immer wieder ins H olländisch e , weshalb die immerzu lächelnde und äusserst geduldige junge Dame hinter der Theke reichlich Mühe hatte, ihm zu folgen . Ein Umstand, der die Lösungsfind ung noch zusätzlich erschwerte. Es war auch nicht hilfreich, dass die, wie Leonie annahm, Ehefrau alle zwei Minuten durch die Tür stürmte, auf den Mann einsprach , wieder hinausstürmte, sich in das bis unters Dach mit Kindern und Gepä ck vollbepackte Auto quetschte und die Tür lautstark zuknallte, nur um sie sogleich wieder aufzureissen und die Prozedur zu wiederholen . Dass sie zum Zeichen ihres Drangs abzureisen nicht dauernd noch den Motor des Skoda s tartete, grenzte an ein Wunder.
    Da sich der nervöser werdende Mann nach zwanzig Minuten zum x-ten Mal die feuchten Hände an seiner Hose abwischte, kam nicht nur Leonie zum Schluss, dass

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