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Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
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erkannte sie ihn sofort wieder.
    Er sah genauso aalglatt und selbstzufrieden aus wie damals, und er wirkte eher verärgert als besorgt. Und doch hatte dieser Mann - da war sie sich sicher - kaltblütig und erbarmungslos zwei Menschenleben ausgelöscht und die Zukunft eines kleinen Kindes aufs Spiel gesetzt. Charlottes Zukunft.
    Wie viele Leben hatte er noch ruiniert? Kinder, die ihrem Zuhause und ihren Familien entrissen worden waren, vergewaltigt und eingesperrt, und dann … was? Weggeworfen wie Müll oder an andere weitergereicht, die sich mit gebrauchter Ware zufriedengaben? Oder auf die Straße gesetzt, wo ihnen nichts anderes übrigblieb, als ihren Lebensunterhalt mit Prostitution zu verdienen?
    Als die uniformierten Beamten eingetroffen waren, hatte Alexander gerade ein Essen für drei andere Männer gegeben, und der Sergeant, der den Einsatz leitete, glaubte durch die offene Küchentür einen Blick auf ein asiatisches Mädchen erhascht zu haben. Er hatte die Wohnung nicht betreten können, doch er hatte Alexander nicht erlaubt, allein mit seinen Gästen zu sprechen, bevor er ihn abgeführt und in den Streifenwagen verfrachtet hatte.
    Sie hatten Alexander im Yard abgeliefert, wo er in kalter Wut nach seinem Anwalt verlangt hatte.
    Kincaids Plan, Truman gegen Alexander auszuspielen, war jedoch nicht aufgegangen. Das Team, das sie zu Trumans Haus geschickt hatten, fand alles dunkel vor, die Läden geschlossen. Zwar hatte Kincaid eine Streife angewiesen, das Haus zu beobachten und ihn bei seiner Rückkehr abzufangen, doch Gemma befürchtete, dass sie den Tierarzt durch ihren Besuch am Tag zuvor aufgeschreckt hatten und er sich längst aus dem Staub gemacht hatte.

    Wenn sie doch nur gestern schon erkannt hätten, wer der wahre Täter sein musste. Ohne Trumans bestätigende Aussage würden sie Alexander möglicherweise auf freien Fuß setzen müssen, ehe sie einen Durchsuchungsbefehl für Haus und Wagen des Verdächtigen erwirken konnten.
    Ihre Hoffnung ruhte jetzt vor allem auf Cullens Team, das in der ruhigen, wohlanständigen Hoxton Street, in der Alexander wohnte, von Haus zu Haus ging. Melody hatte darauf bestanden mitzukommen - wovon Cullen, wie Gemma zu registrieren glaubte, nicht gerade begeistert gewesen war.
    Aber es war spät, schon kurz vor Mitternacht, und Gemma vermutete, dass sie von den Nachbarn eher Beschwerden als brauchbare Hinweise zu hören bekommen würden.
    Sie rieb ihren Ring am Revers ihrer Jacke, um ihn zu polieren. Er war die einzige handfeste Erinnerung daran, dass der Nachmittag kein Traum gewesen war. Sie hatte sich die Zeit genommen, ihr hübsches Kleid gegen einen Hosenanzug zu tauschen, da sie nicht die Absicht hatte, Alexander in ihrem feinen Hochzeitsstaat gegenüberzutreten. Und sie war fest entschlossen, ihn zur Rede zu stellen, koste es, was es wolle.
    Aber würde sie noch einmal eine Chance bekommen, mit ihm zu sprechen, ohne dass ein Anwalt zugegen war? Sie blickte den Flur auf und ab - von Kincaid war noch nichts zu sehen. Sie holte tief Luft, öffnete die Tür und trat ein.
    Miles Alexander saß in seinem Maßanzug am Tisch und inspizierte seine Fingernägel. Er blickte auf, als er die Tür hörte, und zog mäßig interessiert eine Augenbraue hoch.
    »Haben wir uns nicht schon einmal gesehen?«, fragte er.
    »Ja, im Krankenhaus«, sagte Gemma. »Meiner Mutter wurde ein Port im Arm gelegt. Sie waren ihr Anästhesist.«
    »Eine rothaarige Frau.« Er lächelte, als sei er stolz auf sein gutes Gedächtnis. »Leukämie. Ziemlich ungünstige Prognose, fürchte ich.«

    Die scheinbar beiläufige Bemerkung war eine ganz gezielte Grausamkeit.
    Entschlossen, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er mit seinen verletzenden Worten ins Schwarze getroffen hatte, erwiderte Gemma sein Lächeln. »Sind Sie immer so einfühlsam mit Patienten und Angehörigen, Mr. Alexander? Oder haben Sie sich Ihr Fachgebiet deswegen ausgesucht, weil ein Patient unter Narkose keine Widerworte geben kann?«
    »Sehr witzig. Es tut mir leid, aber ich habe Ihren Namen vergessen.« Alexander wirkte vollkommen ungerührt. »Und ich muss auch nicht mit Ihnen sprechen, auch wenn Sie offenbar bei Bewusstsein sind.«
    »Ich kann Sie nicht befragen, da haben Sie recht. Aber ich kann alles sagen , was ich will.« Sie trat einen Schritt näher und fragte sich, ob sie sich den metallischen, irgendwie chemischen Geruch, der von ihm ausging, nur einbildete. »Ich weiß nämlich, dass Sie Sandra Gilles und ihren Mann

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