Wenn die Würfel fallen
Ladung, die Sie mit sich
herumtragen, hat mit Rüben nichts zu tun«, gab ich zu. »Also schön, Sie haben
keine Angst. Aber ich sage Ihnen noch einmal, daß das Syndikat sich
entschlossen hat zu handeln.«
»Ich sagte Ihnen vorhin schon,
daß ich nicht verstehe, wovon Sie reden«, antwortete sie. »Soll ich es Ihnen
vielleicht lieber schriftlich geben, damit Sie es nicht vergessen?«
»Ich werde es schon behalten«,
sagte ich. »Gäbe eigentlich gar keine schlechte Grabinschrift. >Sie wußte
nicht, wovon sie sprachen.< Wollen Sie mit zwei Würfeln in der Hand begraben
werden?«
»Warum verschwinden Sie nicht,
Leutnant?« sagte sie. »Sie langweilen mich.«
Ich fing selbst an, mich zu
langweilen. Ich stellte das leere Glas auf die Bar und ging zur Tür. Die
Klingel ertönte gerade, als ich die Tür erreichte. »Vielleicht ist das schon das
Syndikat«, sagte ich.
Nina lächelte verächtlich.
»Warum sollte ich mir Sorgen machen, solange ich einen Beschützer wie Sie
habe?« Sie ging an mir vorbei und öffnete die Tür.
In der Öffnung stand Gabrielle
und grinste freundlich wie eine Tigerkatze. »Hallo, Süße«, schnurrte sie.
»Howard wischte sich gerade den Lippenstift ab, als er hinaufkam. Du hast dich
in Pine City ganz schön rangehalten, Süße. Aber du warst noch nie ein Mädchen,
das Gras unter seinen Füßen wachsen ließ, stimmt doch?«
»Ich habe keinen Anlaß, mich
mit dir zu unterhalten!« Ninas Stimme war kalt wie Eis.
»Ich kam bloß her, um dir ’ne
kleine Erinnerung an mich zu geben«, sagte Gabrielle. Sie holte aus und schlug
Nina die Faust gegen die Kinnspitze. Der Rotschopf stöhnte leise und sank zusammen.
Aber Gabrielle packte sie mit beiden Händen an der Bluse und schleifte sie
durch die Wohnung ins Bad.
»Es dauert nur eine Minute,
Al«, sagte sie, als sie an mir vorbeiging. »Warten Sie auf mich.«
»Jawohl, Madam«, sagte ich
nervös.
Die Tür zum Bad fiel hinter den
beiden ins Schloß. Es hörte sich an, als wäre ein Handgemenge im Gange; auf
einen Schrei folgte ein Klatschen, dann gingen alle anderen Geräusche im
Plätschern des Wassers unter. Ich ging zur Bar hinüber und goß mir ein Glas
ein. Ich fragte mich schon, ob gerade ein weiterer Mord geschah und ob ich
vielleicht nicht doch besser eingreifen sollte. Aber dann kam ich zu dem
Schluß, daß mir der Mut dazu fehlte.
Fünf Minuten später ging die
Tür zum Badezimmer auf und Gabrielle kam ins Wohnzimmer. Sie trocknete sich die
Hände an einem Handtuch ab. »Gehen wir?« fragte sie.
»Haben Sie etwas dagegen, wenn
ich vorher noch einmal nachsehe?« fragte ich sie.
»Gehen Sie ruhig«, sagte sie
und zuckte die Schultern. »Aber bleiben Sie nicht zu lange. Ich habe Hunger,
und Sie werden mich zum Essen einladen.«
Vorsichtig öffnete ich die
Badezimmertür und blickte hinein. Auf dem Fußboden lag ein Häufchen
Kleidungsstücke. Die Tür zur Duschnische war geschlossen, und das Brausen des
Wassers erfüllte meine Ohren. Im Geiste sah ich drinnen blutrotes Wasser
rinnen, ich schauderte und stieß die Tür weit auf.
Eine mit Gänsehaut überzogene
Gestalt torkelte aus der Kabine und zitterte wie Espenlaub, als sie vor mir
stand. Ich drehte den Wasserhahn zu, damit man wieder hören konnte. »Ziehen Sie
mir das verdammte Ding herunter«, sagte Nina mit belegter Stimme.
Ich warf einen Blick auf sie
und schloß dann die Augen. Wo hatte denn Gabrielle bloß die Zwangsjacke
hergenommen? Dann blickte ich ein zweites Mal hin und entdeckte, daß es gar
keine Zwangsjacke war. Gabrielle hatte Ninas Hüftgürtel so weit nach oben
gezogen, daß ihre Arme darinsteckten . Das war
vielleicht wirksamer als eine Zwangsjacke.
»Stehen Sie nicht so herum!«
sagte Nina hysterisch. »Ich kann jede Minute an einer Lungenentzündung sterben!
Helfen Sie mir aus diesem Ding!«
Falsche Scham wäre in diesem
Augenblick fehl am Platze gewesen. So hakte ich denn meine Finger unter den
Rand des Gürtels und zerrte ihn über die Gänsehaut bis zu ihren Fußgelenken
hinab. Sie stieg aus dem elastischen Gefängnis, griff nach einem Badetuch und
hüllte sich darin ein. Dann ließ sie sich erschöpft auf den Rand der Badewanne
sinken. »Ich bringe sie um«, sagte sie mit bebender Stimme. »Ich werde ihr das
Herz aus dem Leibe reißen! Ich...« Sie kam auf intimere Einzelheiten zu
sprechen, und ich hätte sie mir gerne bis zu Ende angehört, aber Gabrielles
Stimme drang ungeduldig aus dem Wohnzimmer.
Als ich das Zimmer betrat,
schraubte Gabrielle
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