Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat
Königlichen Marine, die den Ritt der Walküren spielten – da auf sämtlichen Kassetten, für die man nichts bezah-368
len muß, stets dasselbe ist, war dies auch nicht anders zu erwarten.
Auf jeden Fall funktionierte es. Die Höhlenmenschen ließen ihre vorsintflutlichen Waffen fallen und flohen.
Alle bis auf einen, der wie ein Kaninchen reagierte, das vom Scheinwerferkegel eines herannahenden Lastwagens erfaßt wurde. Der Lärm schien ihn regelrecht gelähmt zu haben, die Knie gaben ihm nach, und er ließ sich auf einen ebenso kurzen wie dicken Baumstamm fallen. Vielleicht mag der arme Kerl keine Musik, sagte sich Blondel, aber noch wahrscheinlicher ist, daß er Musik sogar sehr gern mag.
Dann hievte er sich aus dem Wasser, schüttelte sich und watete am Ufer entlang. Dabei sah er sich vor, dem Höhlenmenschen keinen weiteren Schrecken einzujagen, der, leise wimmernd, mit dem Kopf zwischen den Knien dasaß. Unglücklicherweise entschied sich die Kapelle genau in diesem Augenblick, mit dem Soldatenchor aus Faust loszulegen, und das schien dem Höhlenmenschen den Rest zu geben. Er taumelte wie wild hin und her und fiel dabei vom Baumstamm, der langsam auf das Wasser zurollte.
Leicht beschämt stellte Blondel die Musik aus und half dem Höhlenmenschen auf die Beine. Dann versuchte er, sich mit Zeichensprachen bei ihm zu entschuldigen. Als auch diese Bemühungen nicht fruch-teten, probierte er es auf die herkömmliche Weise.
»Komm schon, alter Freund, du gehst jetzt schön ar-369
tig in deine Höhle zurück, und wir reden nicht mehr darüber.«
Unterdessen rollte der Baumstamm bis an den Uferrand und plumpste schließlich ins Wasser. Blondel fiel auf, daß der Höhlenmensch nicht etwa ge-lähmt vor Angst war, sondern sich ausschließlich auf den Baumstamm konzentrierte und auf das, was dieser tat.
»Hör mal, ich gebe dir einen Rat …«
»Ra-ra-rat«, stammelte der Höhlenmensch. »Rat!«
Er hoppelte zum Wasser und fischte den Baumstamm heraus, schleppte ihn das Ufer hinauf und ließ ihn erneut hinunterrollen. »Rat!« brüllte er.
»O nein! Nicht schon wieder …«, seufzte Blondel.
Dann trottete er davon und machte sich wieder einmal auf die Suche nach dem Tunnel.
Wieder im Tunnel, fühlte er sich zwar erleichtert und trocken, doch zugleich hatte er das Gefühl, sich total verlaufen zu haben. Dabei überwog das letzte Gefühl bei weitem, und es wurde auch nicht besser, als er feststellen mußte, daß das Wasser im Höhlensee die Karte zu einem einzigen klebrigen und ekligen Brei-klumpen verwandelt hatte. Also mußte er sich erneut auf seine Intuition verlassen und bog folglich links ab.
Nach etwa fünfzig Metern entdeckte er den wunden Punkt an seiner Strategie – ein Trupp schwerbewaffneter Männer kam im Tunnel auf ihn zu. Die Männer schienen hocherfreut zu sein, ihn zu sehen; 370
ein Gefühl, das er nur schwerlich zu erwidern ver-mochte. Er blieb schliddernd stehen, drehte sich gewandt um und rannte in die Richtung zurück, aus der er gerade gekommen war. Fehler Nummer zwei.
Wenn er nicht so geistesabwesend gewesen wäre, hätte er sich selbst auf sich zurennen sehen können; so aber prallte er mit einer solchen zeitlichen Urgewalt mit sich zusammen, daß seine beiden Körper von der Wucht einige Meter zurückgeworfen wurden. Einen Augenblick lang war er gleich doppelt verblüfft.
»Du dämlicher Kerl!« rauchte er gleichzeitig.
»Paß auf, was du da sagst!«
»Warum paßt du nicht lieber auf, wo du hinrennst?«
»Das mußt du mir ausgerechnet sagen.«
»Hör mal«, sagte sein späteres Selbst, »ich werde von einer Sondereinheit vom Zeiterfassungskommando gejagt und habe jetzt nicht die Zeit …«
»Ich auch«, unterbrach ihn sein früheres Selbst.
»Aber die sind nicht hinter dir, sondern hinter mir her«, antwortete sein späteres Selbst. »Du rennst direkt auf sie zu.«
»Ich?«
»Ja.«
Der frühere Blondel blickte sein späteres Selbst belustigt an. »Woher willst du das wissen?«
»Weil ich fast direkt in die Kerle hineingelaufen wäre, deshalb«, antwortete der spätere Blondel. »So, und wenn du jetzt nichts dagegen hast, dann …«
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»Bevor oder nachdem du mit mir zusammenprallt bist?«
»Davor. Nein, danach. Hör mal, ist das jetzt so wichtig?«
»Aber das ist doch total verrückt. Das ist einfach unmöglich«, stellte Modell I fest.
»Meinst du?«
»Sicher«, beharrte Modell I, wobei es einen Schritt zurücktrat. »Weil ich … ähm … wir gar nicht mit denen
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