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Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Titel: Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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drei Zentimeter über der Schloßblende ein sauberes Einschußloch zu sehen.
    Das Guckloch in der Tür wurde zurückgeschoben und erfüllte (jedenfalls kam es den Anwesenden so vor) die Zelle mit einem blendenden Lichtstrahl.
    »Siehst du das?« fragte der Wärter ungehalten.
    »Was denn?«
    »Das hier ist ein funkelnagelneuer Hut«, fuhr der Wärter fort. »Und jetzt sieh dir das mal an!«
    Guy errötete und murmelte verlegen: »Tut mir leid.«
    »Kann man sich hier nicht einmal mehr in den Sessel hauen und ein Nickerchen machen, ohne gleich ein Loch in den Hut zu kriegen?« grummelte der Wärter. »Wo soll das bloß noch mal alles enden?
    frage ich mich.«
    »Das ist aus Versehen passiert, ehrlich«, entschuldigte sich Guy.
    »Ach so?« Der Wärter schien davon nicht sehr be-eindruckt zu sein.
    »Ja«, bekräftigte Guy. »Ich … ähm … also eigentlich wollte ich das Schloß treffen und muß es dabei 379
    versehentlich« – er schloß die Augen und versuchte, die Schande zu schlucken – »verfehlt haben.«
    »Du meinst, du hast danebengeschossen?«
    »Ja.«
    »Ich verstehe.«
    »Schön.«
    »Ich wollte schon gerade reinkommen und dir das Ding abnehmen, da Angriffswaffen hier verboten sind«, fuhr der Wärter fort. »Da du allerdings nicht einmal ein Schloß treffen kannst, halte ich das nicht mehr für nötig.« Die Blende vor dem Guckloch wurde zurückgeschoben, und in der Zelle herrschte wieder absolute Finsternis.
    Als Guy den Revolver in den Halfter zurücksteckte, stand für ihn endgültig fest, daß er Hüte mehr als alles andere auf dieser Welt haßte.
    Blondel öffnete die Augen und orientierte sich. Zu seiner Erleichterung stellte er fest, daß er nicht mehr da war.
    Allerdings lagen neben ihm etliche Gestalten, etwa dreißig davon, die ganz den Eindruck erweckten, als hätten sie vor kurzem einem Kampf beigewohnt.
    Einer der Soldaten stöhnte auf und hob leicht den Kopf an. Die Anstrengung schien jedoch zu groß, und der Kopf sackte wieder nach hinten.
    »He! Was ist hier eigentlich passiert?« wollte Blondel von ihm wissen.
    Der Soldat schlug die Augen auf und griff instink-380
    tiv nach einem Gegenstand an seiner Seite. Blondel trat mit dem Fuß darauf und lächelte.
    »Na, na! Also raus mit der Sprache, was ist passiert?«
    »Das sind diese anderen Kerle gewesen.«
    »Welche anderen Kerle?«
    »Die Kerle, die ein paar Minuten nach unserem Eintreffen hier den Korridor entlanggekommen sind«, antwortete der Soldat. »Wir wollten Sie gerade in Gewahrsam nehmen, Sir, als die hier angekommen sind und angefangen haben, sich mit uns zu streiten. Die haben behauptet, das hier sei ihr Bier und wir sollten uns gefälligst zurückziehen. Wir haben uns das natürlich nicht gefallen lassen. Schließ-
    lich ist auf Sie eine Belohnung ausgesetzt worden, Sir.«
    »Ach, wirklich?«
    »Klar.« Der Soldat grinste. »Denen haben wir es jedenfalls mächtig gegeben«, sagte er und wurde ohnmächtig.
    Blondel seufzte. In solchen Augenblicken fragte er sich, warum er sich überhaupt Sorgen machte. Allmählich hatte er nämlich den starken Verdacht, daß er eigentlich gar nichts anderes zu tun brauchte, als nur lange genug abzuwarten, bis sich alle auch ohne sein Zutun gegenseitig niedergemetzelt hätten.
    Er stand auf, zählte die reglosen Körper und kam dabei auf eine ungerade Zahl; das gefiel ihm überhaupt nicht.
    Von weitem hörte er jemanden schnell laufen.
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    »Hör mal!« rief er und zeigte in die Richtung, aus der das Geräusch kam. »Du gehst da lang, klar?«
    Dann nahm er die Beine in die Hand und lief in die andere Richtung.
    Er war nicht sehr weit gekommen, als er anhielt; un-freiwillig, denn eine Tür hatte ihm den Weg versperrt.
    Blondel rieb sich die Nase und blickte die Tür argwöhnisch an. Etwas sagte ihm, daß das, was ihn auch immer auf der anderen Seite erwarten mochte, nicht unbedingt erfreulich sein mußte. Die Tür machte jedenfalls einen solchen Eindruck.
    Hinter sich hörte er Fußschritte, die immer näher kamen. Sie klangen, als rührten sie von den Stiefeln der schwerbewaffneten Soldaten her, die sich kurz zuvor gegenseitig bekämpft hatten und die nun be-gierig darauf waren, ihre Schmach an einem unbe-waffneten und ungeschützten Dritten abzureagieren.
    Andererseits war das wahrscheinlich die am wenigsten einladende Tür, die er jemals gesehen hatte, und das trotz seiner großen, ja fast einzigartigen Erfahrung auf diesem Gebiet. Auf ihr stand nicht nur Kein Zutritt, sondern auch noch

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