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Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Titel: Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Sie auf keinen Fall belästigt werden wollen, ist solche Dinge, eine Halle anzumieten, Plakate 64
    aufzuhängen oder sich um den Popcornverkauf und die Parkplätze kümmern zu müssen. Und genau an dieser Stelle greift der Agent ein.«
    Blondel dachte kurz nach. »Sie meinen, das ist so eine Art Haushofmeister?«
    Der Kaufmann blickte erstaunt drein. »Na ja, so etwas in der Richtung. Am wichtigsten ist jedenfalls, daß Sie Zeit zum Proben haben und Ihre – wie nennt man das doch gleich? – ah ja, künstlerische Integrität wahren. Sie müssen einfach darauf vertrauen können, daß der Kartenverkauf klappt und die Vorgruppe nicht nur gebucht ist, sondern auch rechtzeitig eintrifft.«
    »Was meinen Sie damit?« erkundigte sich Blondel verdutzt.
    Die Kaufleute blickten sich vielsagend an.
    »Wenn Sie Ihre Gigs machen, Ihre Konzerte«, sagte einer von ihnen.
    »Welche Konzerte?«
    Für eine ganze Weile herrschte absolute Stille; es war fast so, als hätte Gott gesagt: ›Es werde Licht‹, und eine Stimme hätte geantwortet: ›Wieso?‹
    Schließlich unterbrach der älteste Kaufmann das Schweigen. »Nun, ein Konzert findet dann statt, wenn viele Leute an einem Ort zusammenkommen, um Ihrem Gesang zuzuhören.«
    Blondel zog die Augenbrauen hoch. »Das klingt gut. Muß ich die dann bezahlen, oder reicht es schon, wenn ich Wein und etwas zu essen auftische?«
    Der jüngste Kaufmann murmelte sehr leise etwas 65
    vor sich hin, und das einzige Wort, das Blondel aufschnappte, war »Schwachkopf«.
    »Das halte ich allerdings nicht für wahrscheinlich«, ergriff der älteste Kaufmann rasch das Wort.
    »Vermutlich wird man Sie sogar dafür bezahlen …«
    »Ein symbolisches Honorar sozusagen«, mischte sich schließlich der dritte ein. »Mehr so etwas wie ein kleines Dankeschön …«
    »Ich weiß nicht recht. Das klingt ein wenig so, als würde ich zustimmen, von Fremden Geld zu nehmen«, wandte Blondel ein. »Das ist nicht mein Fall, wirklich nicht.«
    »Aber das ist doch nur zur Deckung der Kosten«, klärte ihn der älteste Kaufmann auf. »Und jemand, der so klug ist wie Sie, wird schnell dahinterkom-men, wie gut diese Idee ist. Ich meine, auf diese Weise können Sie Ihre Botschaft einem breiteren Publikum mitteilen, Ihren künstlerischen Auftrag er-füllen und all das, und das Ganze kostet Sie keinen Pfennig! Im Gegenteil.
    Nach Abzug aller Kosten könnte sogar noch etwas für Sie übrig sein. Zum Beispiel zehn Prozent der Einnahmen …«
    »Fünf Prozent«, schlug rasch einer seiner Gefährten vor.
    »Genau. Fünf Prozent der Nettoeinnahmen«, korrigierte sich rasch der älteste Kaufmann. »Nur für Sie. Sie können damit machen, was Sie wollen. Um den Rest kümmern wir uns für Sie.«
    »Ehrlich?«
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    »Kein Problem«, bekräftigte der älteste Kaufmann.
    Der dritte Kaufmann, der die ganze Zeit auf der Rückseite der Weinkarte etwas geschrieben hatte, stieß seinen älteren Kollegen an und zeigte auf das, was er gerade schriftlich aufgesetzt hatte. Der ältere Kaufmann nickte und fuhr fort: »Übrigens, mein Partner hier hätte gern ein Autogramm von Ihnen.
    Nicht für sich selbst, sondern für seine Frau. Sie ist nämlich ein Fan von Ihnen.«
    Blondel runzelte die Stirn. »Was ist ein Fan?«
    »Na, ein Fan eben, so was wie ein glühender An-hänger.«
    Blondel stutzte. Ein glühender Anhänger? Eine merkwürdige Art, jemanden zu beschreiben – wo-möglich hatte die arme Frau einen Sonnenbrand erlit-ten und rötlich glänzende Haut, aber ob sie auch wie ein Anhänger hin und her baumelte? Dann fiel bei ihm der Groschen, und ihm wurde klar, daß der Mann Anhänger im Sinne von Gefolgsleuten meinen mußte, und davon hatte König Richard eine ganze Menge.
    »Alles klar, wo soll ich unterschreiben?« willigte er schließlich ein. Er blinzelte mit den Augen. »Geht das hier unter dem ganzen Kleingeschriebenen in Ordnung?«
    Die Kaufleute versicherten ihm, daß es sogar ganz hervorragend sei, wenn er genau dort unten unterschreibe.
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    Zu seiner Überraschung erwies sich die Große Blondel-Europatournee (wie die Kaufleute sie bezeichne-ten) als ein Riesenerfolg, und er konnte unter sämtlichen Burgmauern des christlichen Abendlandes singen – zeitweilig vor mehr als zehntausend Zuhörern
    –, ohne einen Pfennig für die Kosten bezahlen zu müssen. Die drei Kaufleute schienen ihrerseits nie müde zu werden, ihm auf Schritt und Tritt zu folgen und Burgen zu finden, vor denen er auftreten konnte.
    Auch wenn sie darauf

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