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Wenn du lügst

Wenn du lügst

Titel: Wenn du lügst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Salter
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bevor wir verlieren. Dann können wir jemand anderem die Schuld geben, falls er rückfällig wird.«
    »Ich arbeite nicht für Tommy«, bemerkte ich, was allerdings nur halb der Wahrheit entsprach. Ich arbeitete nicht direkt für ihn, aber falls es ihm einfiel, konnte er zweifellos weit genug die Nahrungskette hinunterlangen, um jemand zu zwingen, mich zu feuern. Ich war eine externe Expertin ohne den Schutz eines Staatsdieners. Er müsste noch nicht einmal einen Grund angeben. »Es tut mir leid, aber das ist verrückt. Ich will, dass dieser Typ in Haft bleibt, weil ich glaube, dass er gefährlich ist. Trotzdem bin ich nicht bereit, eine Scharade mitzuspielen, die zu nichts führen wird, nur damit es sich besser in der Zeitung liest.«
    »Das ist es, was ich an dir liebe, Rotschopf«, sagte Robert. Er war der einzige Mensch, der mich Rotschopf nannte, und irgendwie mochte ich es bei ihm. »Aber jetzt mal langsam. Hast du denn nichts - wirklich gar nichts -, womit wir etwas anfangen könnten?«
    »Na ja.« Ich zögerte und beschrieb dann das kleine Mädchen, auf das ich »in den Akten« gestoßen war.
    »Was stand da genau?«
    »Genau weiß ich es nicht mehr«, log ich. »Irgendetwas darüber, dass er als Verdächtiger im Todesfall eines kleinen Mädchens galt. Die Sache beunruhigt mich. Ich kann nicht aufhören, mich zu fragen, ob da noch mehr ist, von dem wir nichts wissen.«

    »Wann war das?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Es muss vor seiner Gefängnisstrafe gewesen sein, und er war erst seit ein paar Monaten in Seattle, als er den bewaffneten Raubüberfall beging. Also vermutlich Dallas-Fort Worth. Dort hat er vor Seattle gelebt.«
    »Ich kenne jemand im Büro des Generalstaatsanwalts von Dallas-Fort Worth. Ich werde dort anrufen. Feststellen, wer ihn kennt und ob wir irgendwas über den Mord an einem kleinen Mädchen herausfinden können. Ganz gleich, wie groß die Stadt ist, an die Ermordung eines kleinen Kindes erinnern sich die Menschen immer. Reich deinen Bericht noch nicht ein. Lass mir etwas Zeit. Wie du gesagt hast: Wer weiß, was es da noch gibt, wovon wir nichts wissen. Und sieh nach, ob du diese Erwähnung in den Akten wiederfinden kannst.«
    Aber da war keine Erwähnung in den Akten. Ich fühlte mich ein wenig schuldig, weil ich ihn angelogen hatte. Was, wenn das kleine Mädchen außerhalb meiner überaktiven Fantasie gar nicht existierte? Einige wohlmeinende Menschen würden dann auf der Suche nach ihm einem Phantom nachjagen. Außerdem würde, wenn Robert ihn für einen Kindesmörder hielt, der Druck, Collins in Haft zu behalten, noch steigen, und da das vermutlich nicht zu erreichen war, hatte ich damit völlig umsonst auch den Druck auf mich selbst erhöht.
    Trotzdem konnte ich schlecht sagen, na ja, ich halte ihn tatsächlich für einen Kindesmörder, aber ich gebe dir nicht die Zeit, das zu überprüfen. »Ruf mich an, falls sie irgendwelche Informationen haben«, sagte ich. »Zufällig muss ich nächste Woche sowieso nach Dallas, um
in einem Heilsarmee-Prozess auszusagen. Ich könnte mit den Leuten des Generalstaatsanwalts sprechen und mir ansehen, was sie bis dahin haben.«
    »Interessante Sache?«
    »Ich sage nur als Sachverständige aus. Kein besonders aufregender Fall. Mal wieder so ein Heilsarmeeoffizier, der eine Jugendgruppe leitet und die meisten der Jungs sexuell belästigt. Ich sage natürlich für die Kinder aus.«
    »Es ist eine kranke Welt, Rotschopf. Ich werde sehen, was ich herausfinden kann. Besuch mich doch irgendwann mal. Ich besitze eine großartige Bob-Dylan-Sammlung, und ich habe einen tollen neuen Weißwein entdeckt, den du lieben würdest. Vor meinem Kaminfeuer lässt sich Geborgenheit finden, weißt du? Du nimmst das nur nicht annähernd so oft in Anspruch, wie du solltest.«
    Ich legte auf und seufzte tief. Auch in seinem Bett ließ sich Geborgenheit finden, so viel war sicher. Ich dachte daran, wie Roberts Finger sanft meine Wirbelsäule nachgezeichnet hatten, und musste lächeln. Trotzdem hatte ich nie das Gefühl gehabt, dort hinzugehören. Robert war bei der körperlichen Liebe ebenso leistungsfähig wie bei allem anderen. Er gestaltete das Liebesspiel ebenso gewissenhaft, wie er vor Gericht einen Fall präsentierte. Aber der Sex wirkte gleichgültig und mechanisch, Robert selbst irgendwie weit weg. Ich bezweifelte nicht, dass er ein gutes Herz hatte - er arbeitete härter an Fällen von Kindesmissbrauch als jeder andere, den ich kannte. Ich bezweifelte lediglich,

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