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Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Titel: Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hudson
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Gesicht meines Vaters vorstellen, wie er diese Grabplatte in dem Bestattungsinstitut aussuchte, und die Hände meiner Mutter, wie sie diese Gänseblümchen im Bastel- und Dekoladen zusammensuchte.
    Mein totes und nicht schlagendes Herz konnte anscheinend immer noch vor Trauer schmerzen. Und zwar heftig. Ich wischte mir die einzelne Träne weg, die sich meine Wange hinab einen Weg gebahnt hatte, drehte mich wieder um und starrte Eli an. Selbst sein unangenehmes Gesicht wäre ein besserer Anblick als die letzten Geschenke, die meine Eltern mir hinterlassen hatten.
    Eli erwiderte meinen Blick und nickte grimmig. » Jetzt verstehst du also, woher ich deinen Nachnamen kenne, Amelia Ashley.«
    » Wie hast du das hier gefunden?«, fragte ich.
    » Ich war vor einem Monat hier, bin ein bisschen herumgewandert und habe nachgedacht. Und, siehe da, wer tauchte aus dem Nichts auf? Meine kleine Amelia, genau auf diesem Fleckchen Gras hier, würgend und nach Luft ringend. Du musst dich hier materialisiert haben, ohne es gewollt zu haben. Indem du das tatest, hast du ein großes Geheimnis gelüftet: Wohin geht Amelia, wenn sie verschwindet? Nachdem du das Rätsel für mich gelöst hattest, bist du weggelaufen, ohne mich zu sehen oder zu spüren.«
    Ich nickte geistesabwesend und verarbeitete diese Informationen. Eli hatte mich also beobachtet, wie ich aus einem Albtraum erwachte. Das erklärte, woher er über » meinen« Friedhof Bescheid wusste und wie er meinen Nachnamen herausgefunden hatte. Doch eine weitere Frage blieb offen.
    » Wieso warst du überhaupt hier, Eli?«
    Eli schob den Unterkiefer ein Stück vor. » Es mag dich überraschen zu erfahren, Amelia, dass mir dieser Ort genauso zuwider ist wie dir. Aber genau wie du, kehre ich gelegentlich hierher zurück, und zwar aus Gründen, die noch nicht einmal ich völlig begreife.«
    Meine zusammengezogenen Augenbrauen verrieten eine unausgesprochene Frage.
    Zur Antwort streckte Eli die Hand aus. » Komm schon. Ich zeige es dir.«
    Ich starrte misstrauisch auf seine ausgestreckte Hand.
    Eli seufzte ungeduldig und bedeutete mir, näher zu kommen. » Es ist keine Schlange, Amelia. Sie wird dir nicht wehtun.«
    » Nein, aber du vielleicht.«
    Eli seufzte erneut und zog die Hand zurück. » Schön. Würdest du mir dann wenigstens folgen?«
    Ich dachte einen Moment über die Bitte nach, erhob mich und versuchte nicht darüber nachzudenken, dass ich gerade auf meinem eigenen Grab stand. Und dass ich tatsächlich über mein eigenes Grab lief, als ich Eli weiter auf den Friedhof folgte.
    Eine Weile schlenderte Eli langsam durchs Gras, bis er zu einem verwitterten Grabstein kam. Er blieb am Fuß des Grabes stehen und starrte es ausdruckslos an.
    » Deswegen.« Er deutete auf den Stein. » Deswegen komme ich her.«
    Die Schrift auf der Tafel war einfach und nichtssagend, vielleicht absichtlich.
    Eli Rowland
    1956 – 11. Juli 1975
    Climbing the Stairway to Heaven
    » Eijeijei«, murmelte ich.
    Eli schnaubte zustimmend. » Meine Bandmitglieder konnten sich offensichtlich nicht an meinen Geburtstag erinnern. Ich glaube noch nicht einmal, dass sie meine Familie wegen meines Todes benachrichtigt haben. Aber die Led-Zeppelin-Inschrift ist rührend, nicht wahr?«
    » Tief empfunden.« Ich drehte mich zu ihm um. » Also … das bedeutet, dass wir auf demselben Friedhof begraben sind?«
    Er nickte, und dann erhellte ein winziges Lächeln seine Züge. Als er sprach, hatte sein Tonfall etwas von seiner bitteren Schärfe verloren. » Ein Beweis mehr, dass es unser Schicksal ist, zusammen zu sein, findest du nicht?«
    » Wenn dem so wäre, Eli, hätte ich einen ganzen Friedhof voller Wahlmöglichkeiten, nicht wahr?«
    Eli lachte düster, richtete dann aber wieder kommentarlos den Blick auf seinen Grabstein. Er sah mir noch nicht einmal nach, als ich von ihm wegging.
    Ich bahnte mir einen Weg durch die Wiese, zurück zu dem relativ gepflegten Bereich, in dem meine eigene Betonplatte lag. Dort angekommen, kniete ich am Fuß meines Grabes nieder und drückte die Hände in das kurze Gras. Es fühlte sich recht fest unter meinen Händen an. Dieser Flecken Erde war kein Traum, kein Albtraum.
    Mir kam ein unvermittelter, grässlicher Gedanke: Was lag jetzt in dem Grab, bloß zwei Meter unter meinen Fingerspitzen? Ich wusste es nicht, aber ich konnte raten. Unaufgefordert blitzte ein Bild in meinen Gedanken auf, und ich musste würgen. Ich wandte mein Gesicht zur Seite, um nicht mehr das auf einmal

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