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Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Ihrem Schreibtisch sieht es genauso aus wie bei mir, wenn ich Hintergrundmaterial über Gemälde für einen neuen Katalog sichte; bestimmt handelt es sich um ein großes Projekt.«
    »Ich suche nach einer Handhabe, um Cole Landrys Plan zu durchkreuzen, das U-Boot zu bergen.«
    Neve sah ihn an. »Ich habe in der Zeitung darüber gelesen … das kann er doch nicht wirklich tun!«
    »Cole Landry kann beinahe alles tun, wonach ihm der Sinn steht – zumindest möchte er das andere glauben machen. Mir ist zu Ohren gekommen, dass es im Frühjahr losgehen soll. Er hat einen riesigen Kran mit Stahlschlingen aufgetrieben, der das U-Boot vom Meeresgrund heben soll. Es gibt in Cape Cod bereits ein Grundstück, wo er es zur Besichtigung aufstellen will.«
    »Ich rede nicht von den technischen Möglichkeiten«, erwiderte Neve ruhig. »Ich finde es abwegig, dass er überhaupt Anstalten macht, es zu bergen.«
    Tim fuhr schweigend weiter. Sie ahnte nicht, wie sehr er ihr zustimmte und aus welchen Gründen. »Warum?«, fragte er nach einer Weile.
    »Das U-Boot ist ein Teil unseres Lebens. Ein Teil von Rhode Island. Ich bin hier aufgewachsen, und es ist Teil unserer Sagen und Legenden, seit ich denken kann.«
    Sagen und Legenden. Die Worte besaßen magische Wirkung, als stammten sie aus einem Märchen. Doch das U-Boot war real, ein Kriegsschiff, das über das Meer gekommen war, um amerikanische Schiffe anzugreifen und zu versenken. An Bord hatte sich eine Besatzung befunden, die zur Elite gehörte, es waren die Besten gewesen, die unter dem Kommando von Dönitz standen. Sie hatten es auf amerikanische Schiffe abgesehen und hatten zahlreiche Menschenleben auf dem Gewissen. Angespannt, die Hände am Lenkrad, starrte Tim auf die Straße, während sich seine Gedanken überschlugen und er nach Worten suchte.
    »Dieses Mal habe ich etwas Falsches gesagt.« Sie beobachtete ihn.
    »Nein, keineswegs, ich denke nur nach.«
    »Über das U-Boot?«
    »Ja. Es ist alles andere als eine Legende, sondern ein U-Boot der IXC-Klasse, 252 Fuß lang, 23 Fuß querab. Ein stählernes Ungetüm mit einer Wasserverdrängung von mehr als tausend Bruttoregistertonnen; es war mit drei Flakgeschützen, einer tiefergelegten Plattform mit Flakkanone und sechs Torpedorohren ausgerüstet, so gut wie brandneu in der Zeit, als es an unserer Küste auf Patrouille ging. Es überquerte den Atlantik nur zu einem Zweck: um uns anzugreifen.«
    »Ich weiß.«
    »Es ist mehr als eine Legende.«
    »Das war ja auch nur eine Redewendung.«
    An ihrem Tonfall erkannte Tim, dass er sie verletzt hatte. Er warf ihr einen raschen Blick zu, hätte ihr gerne gesagt, dass das Thema U-Boot für ihn genauso heikel war wie das Thema Scheidung für sie. Wie viel würde er preisgeben müssen, damit sie verstand, was in ihm vorging? Er spürte, wie er sich verspannte, als er sich für einen Versuch rüstete, doch in diesem Moment erreichten sie eine Haltebucht; der Strand und das offene Meer waren linker Hand sichtbar.
    Als er den Kopf wandte, fiel sein Blick auf den alten hölzernen Pier und die Eule, die unmittelbar neben dem Treibholz kauerte.
    »Wir haben Glück, sie ist wieder da.« Er deutete auf die Eule.
    »Gut.« Sie folgte seinem Blick und riss die Tür des Trucks auf eine Art auf, die ihm sagte, dass sie heilfroh war, von ihm wegzukommen. Er konnte es ihr nicht einmal verdenken. Er hatte die Bitterkeit in seiner eigenen Stimme bemerkt, die sich jedes Mal in ihrem Beisein eingeschlichen hatte. Zuerst war es um Gerichtsverhandlungen gegangen, und nun um das U-Boot. Themen, die sich nicht miteinander vergleichen ließen, doch in seinem Herzen und auf der Gefühlsebene waren sie eng miteinander verknüpft. Vergangenheit und Zukunft, die aufeinanderprallten, hier und jetzt.
    Er folgte ihr an den Strand, wo sie bereits dabei war, die Eule aus etwa dreißig Metern Entfernung mit einem langen Teleobjektiv zu fotografieren. Die Sonne befand sich in ihrem Rücken, hinter ihrer schlanken, dunklen, reglosen Silhouette. Er erkannte auf den ersten Blick, dass sie etwas vom Fotografieren verstand – auf diesem Gebiet eine Expertin, eine Künstlerin war. Er ertappte sich bei dem Gedanken, dass er sich die Aufnahmen gerne anschauen würde.
    Er stand dicht neben ihr, aber sie beachtete ihn nicht, war ganz in ihre Arbeit vertieft. Ein Windstoß fegte über den Strand mit dem weißen Sand, der Puderzucker glich, plusterte das Gefieder der Eule auf. Sie bewegte sich leicht, veränderte die Position nur

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