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Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Neuigkeit verkündet. Ihr werdet alle im Fernsehen sein!«
    Alle hoben die Plastikbecher, um anzustoßen. Mickey blickte an ihnen vorbei auf die Wellen. Das Meer wirkte grenzenlos weit, die Schaumkronen der Wellen waren so weiß wie die schneebedeckten Kuppen der Berge. Der Pier führte ins Meer hinein; Mickey wusste, dass das U-Boot ungefähr in zwanzig Metern Tiefe lag, etwa hundert Meter vom Ufer entfernt, teils unter dem Sand begraben. Selbst wenn man den Anlegesteg als Anhaltspunkt nahm, gab es keine Möglichkeit, mit bloßem Auge auszumachen, an welcher Stelle sich das U-Boot genau befand. Dass es unsichtbar war, spielte keine Rolle; es war ein Teil der Landschaft, ein Teil ihrer Identität.
    »Was hast du mit denen zu schaffen?« Shane deutete auf die Meute.
    »Das sind meine Freunde«, erwiderte sie abwehrend.
    »Das stimmt nicht, und das weißt du.«
    »Jenna ist meine Freundin. Meine beste Freundin, seit dem Kindergarten.«
    »Nun, sie gibt sich mit Idioten ab. Die spielen verrückt, weil sie ins Fernsehen kommen – was soll das überhaupt für eine Sendung sein? Eine Reality-Show über die Zerstörung der Küste? Wenn diese Armleuchter auch nur zehn Sekunden nachdenken würden, statt auf den erstbesten Zug aufzuspringen, würden sie vielleicht merken, dass er sie für blöd verkauft.«
    »Nicht jeder hängt so an diesem Strand wie wir zwei.« Mickeys Blick fiel auf das Surfbrett, das hochkant im Sand steckte. »Warst du heute surfen?«
    »Nach der Arbeit, die ich ableisten muss. Bis zum Einbruch der Dunkelheit«, erklärte er stolz. »Auf diese Weise habe ich herausgefunden, dass hier eine Party stattfindet. Josh und seine Freunde waren vorzeitig da, um ihr sogenanntes Lagerfeuer zu entzünden. Du hättest sehen sollen, wie sie Treibholz hochgeschleppt haben, unten vom Ufer, von der Gezeitenlinie. Die Hälfte war patschnass – das Feuer ist ein paarmal ausgegangen, bevor er es in Gang bringen konnte.«
    Mickey musste wider Willen lachen. Sie sah, wie einige der Gruppe ihre Becher am Bierfass nachfüllten, dann entdeckte sie Jenna und Tripp, die Händchen hielten; sie standen außerhalb des Lichtscheins, den das Feuer verbreitete, und küssten sich. Der Anblick, in Verbindung mit Shanes Arm, der ihren Arm berührte, löste eine Hitzewelle in Mickey aus. Wie konnte sie auch nur an so etwas denken? Er war älter und viel cooler, sah in ihr vermutlich nur ein kleines Mädchen, das vom Fahrrad gefallen war.
    Als sie sich wieder zu ihm umwandte, ertappte sie ihn dabei, wie er sie ansah. Sein Gesicht war nur eine Handbreit entfernt, sie spürte seinen warmen Atem auf ihrer Stirn. Der Wind wehte noch immer ziemlich stark; er streckte die Hand aus, um ihr das Haar aus den Augen zu streichen. Das Gefühl, das seine Berührung auslöste, erschreckte sie, ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Seine Finger verweilten länger als nötig, und ihr wurde bewusst, dass er keine Handschuhe trug.
    »Hast du keine kalten Hände?« Ihre Stimme klang rauh.
    »Im Moment nicht.« Seine Hand glitt mit der Innenseite über ihre Wange.
    »Eigentlich müsstest du ein Eiszapfen sein. Hier draußen zu sitzen – ohne Decke, ohne Handschuhe … Wieso frierst du nicht?«
    »Ich bin daran gewöhnt, im Winter auf dem Meer zu surfen. Ich denke einfach nicht darüber nach. Warm, kalt, was macht das für einen Unterschied? Wichtig ist, dass wir leben – auch wenn wir nur für kurze Zeit auf der Erde sind, kürzer als man meint.« Seine Worte klangen harsch, aber auch bedrückt. Sie erinnerten Mickey an all die wichtigen Dinge, die ihre Familie verloren hatte – die frühere Nähe, das tröstliche Wissen, dass sie zu dritt unter ein und demselben Dach wohnten. Sie rückte näher an ihn heran.
    »Was heißt das, ›kürzer, als man meint‹?«
    »Mein Vater starb, als ich drei war.« Shane verstummte, als wäre das alles, was es darüber zu sagen gab. Dann räusperte er sich und sah Mickey an. »Er war erst zweiundzwanzig. Nur wenige Jahre älter als ich heute bin.«
    »Wie ist er gestorben?«
    »Er ist ertrunken.« Er sah auf die sich brechenden Wellen hinaus, dann kehrte sein Blick zu Mickey zurück. »Er war leidenschaftlicher Surfer.«
    »Er ist beim Wellenreiten ertrunken?«
    Shane nickte. »Hier. An diesem Strand.«
    »Im Winter?« Sie betrachtete Shane, der weder Handschuhe noch Mütze trug. Der Kragen seiner Jacke stand offen, er hatte keinen Schal umgebunden, um den Wind abzuhalten – er hatte sich nicht einmal die Mühe

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