Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
Vom Netzwerk:
erinnern, wann sie das letzte Mal etwas Ähnliches empfunden hatte.
    »Das Informationsmaterial, das Mickey und Shane mir gebracht haben …«
    »Ja? Sie haben es mir zwar nicht gezeigt, aber ich weiß, dass es ein hartes Stück Arbeit war, es zusammenzustellen.«
    »Es ist sehr gut. Die beiden sind phantastisch. Anfangs dachte ich, Shane sei ein Taugenichts, aber ich habe mich eines Besseren belehren lassen. Er braucht jemanden, der ihn unterstützt den richtigen Weg einzuschlagen – damit er nicht über seine eigenen Füße stolpert.«
    »Dabei wird Mickey ihm schon helfen. Sie ist sehr umsichtig und ausgeglichen.«
    »Sie müssen sehr stolz auf Ihre Tochter sein.«
    »Das bin ich.« Sie liebte Mickey über alle Maßen und machte keinen Hehl aus ihren Gefühlen. Sie hätte sie nicht einmal dann verbergen können, wenn sie gewollt hätte. »Ich bin genauso stolz auf sie, wie Sie auf Frank gewesen sein müssen.«
    Er versuchte, seine Hand wegzuziehen, aber sie ließ nicht los.
    »Tim …«
    »Ich kann nicht über ihn sprechen, auch wenn ich es möchte. Ich schaffe es einfach nicht.«
    »Ich möchte nur eines wissen«, flüsterte sie. »Mehr nicht.«
    Tim saß reglos da, starrte aus dem Fenster. Zuerst dachte sie, er würde auf die bewährte Weise versuchen, sie davon abzubringen, indem er schwieg. Aber er drückte ihre Hand und nickte, den Blick auf Hanging Rock gerichtet. Den Paradiesfelsen …
    »Frank liebte dieses Fleckchen Erde. Es gehört zum Norman Bird Sanctuary – er hat in den Sommerferien im Vogelschutzgebiet gearbeitet.«
    »Er liebte Vögel«, sagte sie, um ihm auf die Sprünge zu helfen.
    »Ja. Und er liebte diesen Felsen. Er saß oft da und blickte aufs Meer hinaus; er sagte, wenn er lange genug hinschauen würde, könne er am East Ground den Tiefseegraben ausmachen, den das U-Boot an seinem letzten Tag ansteuerte. Frank sprach oft über seinen Großvater; er war sein Idol.«
    »Ihr Vater ist ein interessanter Mann.«
    Tim nickte – weder zustimmend noch widerwillig, und sie wusste, dass er in Gedanken bei Frank weilte. »Die großen Gletscher brachen mindestens viermal über New England herein. Keiner weiß genau, warum. Aber sie schufen die Inseln und Tiefseegräben, und Hanging Rock. Einmal saß Frank die ganze Nacht hier – auf der Suche nach einer Antwort, weil er die Landschaft so sehr liebte.«
    Neve betrachtete den riesigen Felsen. Die Dunkelheit brach herein und die ersten Sterne gingen am sanften, verhangenen Firmament auf. Sie dachte an den jungen Mann, der diesen Ort so leidenschaftlich geliebt hatte, dass er hier die ganze Nacht durchwacht hatte.
    »Hat Bischof Berkeley hier nicht immer gesessen? Und über das Leben und die menschliche Existenz meditiert?« Sie dachte an den berühmten Kleriker und Philosophen, der viel Zeit an diesem Ort verbracht hatte.
    »Ja. Er hat Frank ebenfalls inspiriert.«
    »Weil er ein Philosoph war?«
    »Wegen eines anderen Mannes namens Berkeley – ich spreche von dem Vogelmaler«, sagte Tim. »Er war oft hier, um zu malen, wie Sie bei Ihrer Recherche vermutlich herausgefunden haben; er hat sich nach dem Bischof benannt.«
    »Und als Vogelliebhaber interessierte sich Frank natürlich für ihn.« Neve war aufgeregt bei dem Gedanken an die Verbindung zwischen dem Bild, das sie in Joes Scheune entdeckt hatte, der bevorstehenden Berkeley-Ausstellung und dem Katalog, den sie erst kürzlich in Druck gegeben hatte.
    »Und weil er Franks Großonkel war.«
    »Was?« Neve sah in groß an.
    »Berkeley.« Tim wandte sich ihr zu. »Deshalb habe ich Sie hierher gebracht, an diese Stelle – viele seiner Bilder sind hier entstanden. Sein wirklicher Name war Damien. Damien O’Casey. Er war der Bruder meines Vaters …«

    »Nach dem Krieg hörte er auf zu malen«, fuhr Tim später fort, beim Kaffee. Sie hatten im Black Pearl gegessen – beide hatten die berühmte Muschelsuppe als Vorspeise gewählt; Neve hatte Zackenbarsch zum Hauptgericht gehabt und Tim hatte Schwertfisch bestellt. Das Kerzenlicht, reflektiert von dem dunklen, lackierten Holz, spiegelte sich in Neves Augen. Die Art, wie sie im Wagen seine Hand genommen hatte, hatte ihn elektrisiert – wie ein Stromstoß war es ihm mit purer Energie durch und durch gegangen –, und er konnte das Ende des Essens kaum erwarten, um sich zu revanchieren.
    »Darüber wurde viel spekuliert«, meinte Neve. »Es hieß, er habe das richtige Alter gehabt, um in den Krieg zu ziehen; manche Forscher meinten, er sei

Weitere Kostenlose Bücher