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Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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Öde.«
    Â»Voll öde«, sagt Bethany und nickt energisch. Soweit ich weiß, ist ihre einzige Lebensaufgabe, immer dem zuzustimmen, was gerade gesagt wurde.
    Â»Komm doch mit uns.« Tara schiebt eine Hand unter meinen Arm und drückt ihn. »Wir wollten ins La Villa zum Shoppen. Und später laufen wir noch bei Kents Party auf, dachten wir. Was hältst du davon?«
    Ich überdenke kurz meine Alternativen: Nach Hause kommt auf keinen Fall in Frage. Bei Ally bin ich bestimmt nicht willkommen. Das hat Lindsay klargemacht. Dann ist da noch Rob … Auf seinem Sofa sitzen, während er Guitar Hero spielt, ein bisschen knutschen und so tun, als merkte ich nicht, wie er mal wieder einen BH kaputt macht, weil er den Verschluss nicht aufkriegt. Konversation machen und winken, während seine Eltern das Auto fürs Wochenende vollpacken. Pizza und lauwarmes Bier aus dem Versteck in der Garage, sobald sie weg sind. Dann noch mehr knutschen. Nein, danke.
    Ich suche noch mal den Parkplatz ab und halte Ausschau nach Katie. Ich habe irgendwie ein schlechtes Gewissen, weil ich mit ihren Stiefeln abhaue – aber schließlich hat sie sich auch nicht gerade viel Mühe gegeben, mich zu finden. Außerdem hat Lindsay immer gesagt, dass ein neues Paar Schuhe dein Leben verändern kann. Und wenn ichjemals eine ernsthafte Veränderung in meinem Leben – oder in meinem Leben nach dem Tod, wie auch immer – nötig hatte, dann jetzt.
    Â»Klingt genial«, sage ich, und falls das überhaupt möglich ist, wird Taras Lächeln noch ein bisschen breiter. Ihre Zähne sind so weiß, dass sie aussehen wie Knochen.
    Als wir vom Schulgelände fahren, erzähle ich den Pinschern – ich muss sie in Gedanken einfach immer so nennen – von meinem Besuch bei der Konrektorin und dass Ms Winters was mit Mr Otto hat und wie ich ohne Nachsitzen davongekommen bin, weil ich ihr versprochen habe, ein Foto, das ich mit dem Handy von einem ihrer Treffen in Ottos Büro gemacht hätte, zu löschen (das war natürlich erfunden – ich würde nie Beweise ihrer Paarung aufbewahren, erst recht nicht in digitaler Form). Tara schnappt nach Luft, so sehr muss sie lachen, Courtney sieht mich an, als hätte ich gerade Krebs geheilt oder eine Pille entwickelt, von der man eine Körbchengröße mehr bekommt, und Bethany legt die Hand vor den Mund und sagt: »Heilige Mutter göttlicher Choco Krispies.« Ich weiß nicht genau, was das heißen soll, aber es ist auf jeden Fall das Originellste, was ich sie je habe sagen hören. Das gibt mir wieder ein gutes und selbstbewusstes Gefühl, und ich erinnere mich daran, dass heute mein Tag ist: Ich kann machen, was ich will.
    Â»Tara?« Ich beuge mich vor. Taras Auto ist ein winziger dreitüriger Civic und Bethany und ich sitzen auf den Rücksitz gezwängt. »Können wir auf dem Weg zum Einkaufszentrum kurz bei mir zu Hause vorbeifahren?«
    Â»Klar.« Da ist wieder ihr Lächeln, das sich wie ein Stück Himmel im Rückspiegel spiegelt. »Musst du was abstellen?«
    Â»Was holen «, korrigiere ich sie und lächele zurück, so breit ich kann.
    Es ist fast drei, von daher müsste Mom inzwischen vom Yoga zurück sein, und richtig, ihr Auto steht in der Auffahrt, als wir am Haus ankommen. Tara will sich hinter den Accord stellen, aber ich tippe ihr auf die Schulter und mache ihr ein Zeichen, weiterzufahren. Sie rollt vorsichtig die Straße entlang, bis wir hinter einer Gruppe immergrüner Bäume verborgen sind, die meine Mutter vor Jahren vom Gärtner pflanzen ließ, nachdem sie entdeckt hatte, dass unser damaliger Nachbar, Mr Horferly, gerne mitten in der Nacht splitterfasernackt über sein Grundstück spazierte. Das ist eigentlich die Lösung für jedes Problem, dem man in der Vorstadt begegnet: Man pflanze einen Baum und hoffe, dass man von niemanden die Geschlechtsteile zu sehen bekommt.
    Ich springe aus dem Auto und gehe ums Haus herum, bete dabei, dass meine Mutter nicht aus einem der Fenster im Hobbyraum oder im Arbeitszimmer meines Vaters guckt. Aber ich baue darauf, dass sie im Bad ist und wie üblich stundenlang duscht, bevor sie Izzy vom Turnen abholt. Und als ich die Hintertür aufschließe und in die Küche gleite, höre ich dann auch Wasserrauschen von oben und ein paar hohe, geträllerte Töne: Meine Mutter singt. Ich zögere den

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