Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Aladins Wunderlampe
oben klettern kann. Ich freue mich schon auf meine Belohnung.“
Doch anstelle des Seils wurde der Eingang mit der Steinplatte wieder verschlossen. Das Geräusch der reibenden Steine verursachte eine Gänsehaut bei Leila.
„Was soll das? Onkel, öffne mir.“ Eilige Schritte entfernten sich und gedämpftes Gelächter erklang. Aladin sprang nach oben, doch er erreichte nicht einmal mit seinen Fingerspitzen die Felsplatte.
„Dieser elende Sohn eines Sandwurms hat mich betrogen!“, rief er und ballte die Hände zu Fäusten. „Wenn ich den erwische …“
Leila hätte ihm gern geholfen. So musste sie hilflos zusehen, wie Aladin vergeblich versuchte, an der steilen Felsenwand emporzuklettern und schließlich kapitulierte.
Sie fühlte Mitleid mit ihm, als sie Enttäuschung und Zorn in seinen Augen las.
„Hol mich hier raus! Ich kann dir helfen!“, rief sie und trommelte mit den Fäusten gegen die Alabasterwand. Aber er konnte sie nicht hören. Bei Allah und allen guten Geistern, wenn sie doch nur diese verdammte Lampe verlassen könnte.
Aladin setzte sich inmitten der schimmernden Pracht aus Perlen, Gold und Geschmeide auf den Boden. Laut verfluchte er seinen Onkel, der die Höhle zugeschüttet hatte, um sich seiner zu entledigen.
Seine Hände waren von den vergeblichen Befreiungsversuchen aufgeschürft.
Als die Fackel dann auch noch erlosch, fluchte er umso mehr. Leila war froh, dass sie wie eine Katze im Dunkeln sehen konnte, und beobachtete ihn.
Aladin bettete seinen Kopf auf die Knie.
„Oh, Jasmin!“ Er seufzte auf, riss den Turban vom Kopf und fuhr sich durchs Haar.
Leila fragte sich, wer diese Jasmin sein sollte und verspürte einen Anflug von Eifersucht.
Aladin ließ den feinen Sand durch seine Finger rinnen. Grübelnd zog er mit der Spitze seines Schnabelschuhs Furchen in den Staub und stieß dabei wieder gegen ihre Lampe. Diesmal stutzte er, hob sie auf und betastete sie.
Endlich. Leila stemmte die Hände in die Hüften. „Nun reib schon den Staub runter und lass mich raus!“
„Ah, eine Lampe. Wenn sich noch ein Tropfen Öl darin befindet, kann sie mir wenigstens Licht spenden“, murmelte er, während seine schlanken Finger den Alabaster vom Staub befreiten. Das führte er so sanft aus, als streichelte er sie. Vor lauter Aufregung hielt Leila den Atem an. Sie spürte, wie die magische Energie in ihren Körper zurückkehrte und ihre Sinne sensibilisierte. Es kribbelte herrlich in ihren Fingerspitzen.
Allmählich begann die Lampe, durch die entfesselten Zauberkräfte zu leuchten.
„Endlich frei!“ Jubelnd drehte Leila sich mit ausgestreckten Armen im Kreis. Das Kribbeln fuhr durch ihren ganzen Körper. Nach langer Zeit fühlte sie sich wieder lebendig. Sie kniff sich in die Arme, um sich zu vergewissern, dass sie nicht träumte. Tatsächlich pulsierte das Leben durch ihre Adern. Wie eine Wolke begannen sich die magischen Kräfte in ihr auszubreiten, drangen aus ihren Fingerkuppen und Zehenspitzen, und hüllten sie in einen Nebel.
Mithilfe dieses Zaubernebels verließ sie die Lampe, um sich vor Aladin als Frau zu materialisieren. Sie schnipste mit den Fingern. Einen winzigen Moment später hielt sie die Lampe in der Hand, in der eine kleine Flamme züngelte, und reichte sie ihm. Aladin sprang erschreckt rückwärts.
„Beim Barte des Propheten! Wer bist du? Eine Halluzination? Oder hat Allah meine Gebete erhört und schickt mir Rettung?“, rief er aus.
Leila verbeugte sich vor ihm. „Zu deinen Diensten. Mein Name ist Leila, ich bin dein Dschinn. Du hast mich befreit.“ Sie ging um Aladin herum und zupfte dabei an ihrem langen, braunen Zopf. Der Rock ihres grünen Seidenkleides raschelte leise. „Bei Allah, ich habe schon gedacht, ich müsste in dieser Lampe noch weitere tausend Jahre verbringen.“
„Ein Dschinn?“
Fast hätte Leila über seine verdutzte Miene gelacht, aber sie durfte es sich nicht mit ihrem ersten Gebieter verscherzen, sonst würde sie den Meisterdschinn wieder verärgern und weitere tausend Jahre in der Lampe schmoren.
„Sag bloß, du weißt nicht, was ein Dschinn ist?“
Aladin betrachtete sie nachdenklich, Ratlosigkeit lag in seinem Blick.
„Du weißt es also nicht.“ Leila stöhnte auf und rollte mit den Augen.
Das fing ja gut an. Ungeübter Dschinn trifft unwissenden Gebieter. Konnte das gut gehen?
„Du hast an der Lampe gerieben und mich heraufbeschworen“, erklärte sie und deutete auf die Lampe.
„Das ist ein Scherz.“
„Nein, ist
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