Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Ritter Blaubart
ein wenig Philosophie. Ich wollte immer leben wie ein Dandy, und jetzt tue ich es. Leben wie Baudelaire und die ‚Blumen des Bösen‘ schreiben. Oder wenigstens ein Gedicht über die Schönheit.“ Er sah sie intensiv an.
Sie wich dem Blick nicht aus. „Dann will ich hoffen, du hast eine bessere Meinung von den Frauen als ein Dandy.“
Sein Gesichtsausdruck war ernst. „Wenn du glaubst, ich spiele nur mit dir, dann irrst du dich. Du bedeutest mir sehr viel. Schon seit Längerem.“
Amelie sah ihn unsicher an. „Warum hast du dich mir dann nie genähert?“
„Das ... hat seine Gründe.“ Er schwieg. Der Saal hatte sich geleert. „Möchtest du tanzen?“
Sie schüttelte den Kopf. Am liebsten hätte sie sehr klar geantwortet, was sie wollte, doch sie hielt sich zurück. Er hatte eine ganz andere Erziehung genossen als sie. Sie wollte nicht derb und stumpfsinnig wirken. Anscheinend verriet ihr Gesicht ohnehin, was sie wollte. Er grinste, als er in ihre Augen sah.
„Verstehe.“ Er zog sie vom Stuhl und nahm sie mit. Auf dem Weg hinaus gab er Pierre ein paar Anweisungen. Er verabschiedete zwei weitere Gäste. Dann waren sie endlich allein.
Alain führte sie in den runden Saal, in dem sie Pierre und seine Begleiterinnen beim Liebesspiel beobachtet hatten. Die meisten Kerzen waren erloschen, aber noch immer verbreiteten die restlichen Flammen ein warmes Licht. Der Raum lag in einem schattigen Halbdunkel. Gerade hell genug, um zu sehen, dass er leer war.
Amelies Blick wanderte über den Teppich, auf dem die schöne Rothaarige gelegen und sich befriedigt hatte. Sie lief zu den Pflanzenkübeln, hinter denen das Gitter aufragte. Ihre Hand berührte das kalte Metall der Käfigstäbe.
Alain trat hinter sie. „Möchtest du wissen, wie es sich anfühlt, da drin zu stehen?“ Er griff an ihr vorbei und drückte auf eine Vertiefung im Metall. Die Tür vor ihr sprang ein winziges Stück auf. Amelie zögerte.
„Wir kennen einander kaum.“
Seine Hand legte sich um ihren Nacken, ganz behutsam. „Ich tue nichts, was du nicht willst. Diesen Knopf kannst du auch von innen betätigen. Man ist in diesem Käfig nie wirklich eingesperrt. Das, was einen zurückhält, sind die Fesseln an der Decke.“ Er wies auf die metallenen Handgelenksfesseln, die von einer Strebe herabfielen.
Amelie trat zurück, damit sie die Tür weiter öffnen konnte. Sie trat ein. Er schloss die Tür. Ihre Finger berührten erneut das kalte Metall. Dieses Mal von innen. Es war ein sonderbares Gefühl. Hilflos. Ausgeliefert. Aber auch lustvoll. Sie sah ihn an.
„Bist du jetzt der schwarze Ritter, der seine Prinzessin gefangen hält?“
Er grinste. „Allerdings. Ich werde Lösegeld für dich fordern. Du hast ja keine Ahnung, wie viel Geld es verschlingt, ein Anwesen wie dieses zu führen. Da muss man erfinderisch sein. Wie viel denkst du, ist deine Schwester bereit, zu zahlen?“
„Nicht mehr als meinen Erbanteil.“ Amelie wurde rot. Was ging ihn das an? Sie streckte die Hände nach den Fesseln aus. Versuchte, sich vorzustellen, wie es war, gefesselt hier zu stehen. Jeglicher Fluchtmöglichkeit beraubt. Es war sicher unangenehm, die Arme längere Zeit über den Kopf zu halten. Sie umklammerte mit den Händen die Handschellen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich.
Alains Blick lag unverwandt auf ihr. Er schien zu mögen, was er sah.
„Warum hast du meine Unterhose mitgenommen?“ Amelie musste die Frage einfach stellen.
„Vermisst du sie?“
„Gib mir eine Antwort.“
„Bist du gerade in der Position, Forderungen zu stellen?“ Sein Grinsen war unverschämt. Aber auch verdammt niedlich. Amelie seufzte.
„Gibt es eine Möglichkeit, mein Eigentum zurückzuerhalten?“
„Vielleicht. Wenn du da herauskommst und endlich das tust, was du kaum erwarten kannst.“
Sie lächelte. Sie konnte es wirklich kaum erwarten, aber sie liebte die Vorfreude. Wie schnell konnte ein Orgasmus vorbei sein.
Sie umschlang die Gitterstäbe und presste sich so dicht an ihn, wie es ihr innerhalb des Käfigs möglich war.
„Wie kannst du mich lieben, wo du mich kaum kennst?“
„Wie kannst du mich begehren, ohne mehr als meinen Namen zu wissen?“
Er sah sie unverwandt an. Gern hätte sie ihn geküsst, aber der Gitterabstand zwischen ihnen war eng. Sie öffnete die Tür und trat ihm entgegen. Er umarmte sie und presste sie an sich.
All die Hitze, die sie heute bereits gespürt hatte, schien sich in ihrem Inneren gesammelt zu haben. Flammender als der
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