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Wenn es Nacht wird in Manhattan

Wenn es Nacht wird in Manhattan

Titel: Wenn es Nacht wird in Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Palmer
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mein Geld selbst verdienen, aber niemals mehr mit ihm unter einem Dach wohnen.” Er schloss die Augen. Die Erinnerung an den Schmerz, den Kummer und die Wut, die er an jenem Tag empfunden hatte, waren auf einmal wieder gegenwärtig. “Deshalb bin ich in der Kadettenanstalt geblieben, bekam gute Noten, wurde versetzt. Bei der Abschlussfeier soll er im Publikum gewesen sein, sagte man mir. Ich habe ihn aber nicht gesehen.
    Danach bin ich sofort in die Armee eingetreten und von einer Spezialeinheit zur nächsten gegangen. Manchmal habe ich auch Aufträge in Absprache mit anderen Regierungen übernommen. Nach dem Militärdienst war ich freiberuflich tätig. Ich hatte nichts, für das es sich zu leben lohnte, und auch nichts zu verlieren. So bin ich reich geworden.” Sein Oberkörper verspannte sich. “Damals schien ich auch niemanden zu brauchen. Ich war knallhart. Ist schon komisch – man sagt dir erst, dass es Sachen gibt, mit denen man nicht leben kann, wenn du sie schon längst getan hast.”
    Mit einer zärtlichen Geste streichelte sie über seine vernarbte Wange und folgte mit der Fingerspitze den Einkerbungen in der Haut. “Du bist immer noch dort”, sagte sie ruhig, und ihre Augen flackerten verdächtig, als sie in seine sah. “Du bist ein Gefangener deiner Vergangenheit. Du kannst ihr nicht entkommen, weil du den Schmerz, den Hass und die Bitterkeit nicht vergessen kannst.”
    “Kannst du das denn?”, fragte er in scharfem Tonfall. “Kannst du deinem Peiniger vergeben?”
    Sie seufzte leise. “Noch nicht”, gab sie zu, “aber ich habe es versucht. Zumindest habe ich gelernt, die Ereignisse zu verdrängen. Es gab eine Zeit, da habe ich die ganze Welt gehasst. Als Rory dann zu mir gekommen ist, habe ich erkannt, dass er an erster Stelle stehen muss und dass ich nicht länger in der Vergangenheit leben durfte. Ich habe es noch nicht ganz verwunden, aber es ist nicht mehr so eine Belastung wie früher, als ich jünger war.”
    Mit der Spitze seines Zeigefingers fuhr er über ihre Augenbraue. “Ich habe noch nie zuvor mit jemandem darüber so offen gesprochen.”
    “Ich schweige wie ein Grab”, antwortete sie sanft. “Bei der Arbeit bin ich die Vertraute von allen.”
    “Genau wie ich”, gestand er mit einem schwachen Lächeln. “Ich sage den Leuten immer, dass die Regierung stürzen würde, wenn ich mit meinem Wissen hausieren ginge. Na ja, vielleicht würde sie das ja wirklich.”
    “Meine Geheimnisse sind nicht so wichtig. Geht’s dir jetzt besser?”, fragte sie lächelnd.
    Er seufzte. “Ja, tatsächlich”, antwortete er dann überrascht. Er lachte leise. “Vielleicht bist du ja eine Hexe, die mich verzaubert hat”, scherzte er.
    “Ein Onkel von mir behauptete, unsere Familie stamme von den Druiden in Irland ab. Es war derselbe, der auch immer behauptet hat, einige unserer Verwandten wären Priester und einer ein Pferdedieb gewesen.” Sie lachte. “Er hasste meine Mutter und versuchte, das Sorgerecht für mich zu bekommen, als ich zehn war. Im selben Jahr ist er an einem Herzinfarkt gestorben.”
    “Das ist wirklich Pech.”
    “Mein ganzes Leben war eine lange Pechsträhne”, antwortete sie. “Fast wie deines. Wir haben beide Kriege mitgemacht und überlebt.”
    “Aber du musst nicht mit meinen Erinnerungen leben”, meinte er leise.
    “Schlechte Erinnerungen sind wie Geschwüre”, philosophierte sie nur halb im Scherz. “Sie werden immer schlimmer, bis man sie aufbricht.”
    “Meine nicht, Honey.”
    Ihre Augen wurden weit vor Staunen. Sie war beeindruckt von dem Kosewort, das eine ganz neue Bedeutung erhielt, wenn er es mit seiner tiefen, weichen Stimme aussprach. Ihre Wangen röteten sich ein wenig. Seltsam. Normalerweise hasste sie diesen Ausdruck, wenn ihre Möchtegern-Liebhaber es in den Mund nahmen, weil sie es als Waffe gegen ihre Weiblichkeit benutzten.
    Er hob eine Augenbraue und sah sie verschmitzt an. “Das gefällt dir, was?”, fragte er gedehnt. “Weil du weißt, dass ich solche Ausdrücke grundsätzlich nicht benutze, nicht wahr?”
    Sie nickte. “Ich weiß einiges von dir, das ich besser nicht wüsste.”
    Er hob den Kopf und musterte sie von oben herab. “In Jacobsville habe ich nur geglaubt, dass du gefährlich bist. Jetzt weiß ich, dass du es wirklich bist.”
    Sie lächelte verschmitzt. “Gut, dass du’s gemerkt hast.”
    Lachend ließ er die Hand fallen. “Lass uns gehen. Sonst hält man uns nachher auch noch für ein Ausstellungsstück.” Er

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