Wenn es Nacht wird in Manhattan
ist, meine Liebe”, antwortete Miss Jewell nachsichtig. “Die Verletzungen werden heilen und die blauen Flecken verschwinden, und Ihre Rippen werden bald auch wiederhergestellt sein. Aber Sie müssen sich ausruhen und viel trinken, damit Sie keine Lungenentzündung bekommen. In Ihrem Zustand ist das Fliegen auch nicht gerade empfehlenswert.”
“Ich weiß”, gab Tippy zu. “Aber diese Strecke mit dem Auto zu fahren wäre noch schlimmer gewesen. Ich verspreche Ihnen auch, dass ich brav meine Medikamente nehme. Ich möchte nämlich diesen Film wirklich gerne zu Ende bringen, damit ich wieder etwas verdiene.” Mrs. Jewells forschender Blick entging ihr nicht, und der Ärger auf die Klatschblätter und deren Artikel über ihren Unfall flammte erneut in ihr auf.
“Der Regieassistent hat geschworen, dass der Sprung vollkommen harmlos und ein Double deshalb nicht nötig sei”, erklärte sie. “Ich hatte von Anfang an kein gutes Gefühl, aber ich wollte natürlich den Job nicht verlieren, weil sie mich wegen meiner Schwangerschaft womöglich für überängstlich hielten. Ich hatte keine andere Einnahmequelle, und schließlich musste ich die Miete und die Schulgebühren für meinen kleinen Bruder zahlen. Ich hatte solche Stunts schon gemacht, ohne einen Unfall zu haben. Deshalb habe ich dummerweise dem Regieassistenten vertraut und hab’s drauf ankommen lassen. Das war ein Fehler, denn ich habe den Halt verloren und bin gestürzt. Und habe mein Baby verloren”, brachte sie mühsam heraus.
Mrs. Jewell sah sie mitfühlend an. “Ich habe zwei verloren”, sagte sie leise. “Ich weiß, wie das ist.”
Schweigend sahen sich die Frauen an. Sie verstanden sich auch ohne Worte.
“Gehen Sie wieder zu Bett”, schlug Mrs. Jewell schließlich vor. “Ich bringe Ihnen noch etwas zu trinken. Dann können Sie vielleicht besser schlafen.”
“Ich werde sowieso kein Auge zu tun, bis Cash zurückkommt”, meinte sie besorgt.
Die Frau lächelte, als sie Tippy mit sanftem Nachdruck aus dem Zimmer führte. “Um diesen Mann brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Er kann selbst auf sich aufpassen. Das werden Sie noch sehen.”
Normalerweise konnte die Spätschicht im Polizeirevier eine ruhige Kugel schieben. Doch in dieser Nacht herrschte eine Hektik wie in einem Bienenstock. Drei Streifenbeamte standen um den Schreibtisch herum, an dem die Sekretärin eifrig arbeitete. Ein älterer Mann, der nicht mehr ganz sicher auf den Beinen war, drohte mit sofortigen Konsequenzen für zwei Polizisten. Die Beamten – ein Mann und eine Frau – sagten kein Wort. Sie wirkten sehr eingeschüchtert. Eine schöne, sehr teuer gekleidete junge Frau erzählte jedem, was passieren würde, wenn die beiden die Vorwürfe gegen ihren Vater nicht sofort fallen ließen.
In dem Moment kam Cash herein, und sein Auftritt hatte etwas Respekt einflößendes. “Also, was ist hier los?”, wollte er wissen.
Und nun redeten alle gleichzeitig.
Cash hob die Hand. “Wer ist denn eigentlich für die Festnahme verantwortlich?”
Lieutenant Carlos Garcia, ein altgedienter Polizist und der verantwortliche Schichtleiter, sowie Officer Dana Hall, eine neue Kollegin, traten einen Schritt vor. Cash kannte beide sehr gut. Garcias Frau war als Krankenpflegerin zuständig für den gesamten Bezirk, und die Menschen liebten sie. Danas verstorbener Vater war einer der angesehensten Richter im Bezirk gewesen.
“Hall fuhr mit mir”, erklärte Garcia ruhig. “Wir bemerkten einen Wagen, der Schlangenlinien fuhr und immer wieder auf die Standspur geriet. Wir haben ihn ungefähr eine Meile verfolgt, um sicherzugehen, dass eine Kontrolle gerechtfertigt wäre. Fast hätte er einen vor ihm fahrenden Wagen gerammt. Da habe ich sofort Blaulicht und Sirenen eingeschaltet und ihn überholt.”
“Erzählen Sie weiter”, forderte Cash ihn auf.
“Hall und ich näherten uns dem Wagen in der vorgeschriebenen Weise, also von zwei Seiten, für den Fall, dass der Fahrer bewaffnet war. Ich habe nach seinem Führerschein und den Fahrzeugpapieren gefragt, aber der Mann stieg sofort aus und begann, uns zu bedrohen. Ich habe seine Alkoholfahne bemerkt und deshalb die üblichen Tests gemacht. Ich bat ihn, die Augen zu schließen und mit der Fingerspitze seine Nase zu berühren und eine gerade Strecke zu laufen. Zu beidem war er nicht in der Lage.”
“Was ist dann passiert?”, fragte Cash.
“Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn für einen Atemtest mit aufs Revier nehmen würde. In
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