Wenn Frauen kochen
erklärte sie. »So sollte man nicht leben.«
»Wir wollen einfach nur höflich sein.«
»Sich herumschubsen zu lassen hat nichts mit Höflichkeit
zu tun«, widersprach Carmen. »Und dich in der Sendung zu haben, lenkt nur noch mehr von meiner Marke ab.«
»Deiner Marke?«
»Das, was ich verkaufe«, antwortete Carmen. »Das Essen von Carmen Vega.«
»So wie die Vorspeisen in einer Kühlvitrine?«
»Nein«, widersprach Carmen. »Ich möchte Investoren für ein Restaurant. Man soll mich den Iron Chef nennen. Ich möchte die weitweit beste Köchin sein.«
»Dann bist du beim falschen Sender gelandet. Diese Show läuft bei der Konkurrenz!«
»Wärst du bei einem Trainer geblieben, der dich nicht gewinnen lässt?«
»Mein Vater war mein Trainer«, sagte Hannah. »Ich hatte keine große Wahl.«
»Und du siehst, wohin dich das gebracht hat. Keine Sorge. Ich werde nichts an die Zeitungen verraten. Das Letzte, was ich brauche, ist, dass du mir mehr Aufmerksamkeit abspenstig machst.«
»Mein Vater war ein Spieler«, erzählte Hannah verbittert. »In erster Linie ein Spieler. Er mochte den Nervenkitzel.«
»Was hat deine Muter von all dem gehalten?« Carmen gab Hannah ein Zeichen, ihr zu folgen. »Ich bin schon ganz durchgefroren, lass uns reingehen.«
»Sie war nicht da«, erklärte Hannah. »Sie starb, als ich noch klein war. Mein Vater hat danach eine Giftschlange von Frau geheiratet. Meine Stiefmutter.«
»Du hast dich ins Tennisspielen geflüchtet.«
»Nein, nicht ganz.« Sie durchquerten mit raschen Schritten den Garten. »Ich musste jeden Tag trainieren. Mein Vater wollte unbedingt einen Champion aus mir machen.«
»Aber es hat nicht jeder das Zeug zum Champion«, warf Carmen ein. »Ich kenne das.«
»Ist schon erstaunlich, wohin Drill und Einsatz einen bringen können«, sagte Hannah. »Aber ich hatte auch Talent. Mein Vater war selbst in seiner Jugend ein guter Tennisspieler gewesen. Aber ihm fehlte die Selbstdisziplin.«
»Und du warst sein Stellvertreter.«
»Mehr so was wie seine Essensgutscheine«, erzählte Hannah. »Nachdem ich das zweite Mal Wimbledon gewonnen hatte, gab es erste Gerüchte wegen Steuerhinterziehung. Ich war damals gerade mal achtzehn.«
»Wurdet ihr beide überprüft?«
»Mein Vater hat sich um meine gesamten Finanzen gekümmert«, sagte sie und klopfte sich mit dem Schläger auf die Handfläche. »Ich habe nur gespielt. Trainiert und gespielt. Sie brauchten ein paar Jahre, bis es für eine Klage reichte.«
»Dann hat er es also getan?«
»Ja. Er nahm den größten Teil meines Geldes und schaffte ihn beiseite.«
»Für Investitionen?«
»Für Glücksspiele. Und als es so aussah, als müssten wir die Zeche bald bezahlen, begann er auf mich zu wetten.«
»Was für ein Druck das für dich gewesen sein muss.« Carmen war ein bisschen außer Atem, weil sie kaum mit Hannahs ausholenden Schritten mithalten konnte.
Hannah sah sie spöttisch an. »Du hast anscheinend wirklich nichts von der Geschichte gelesen. Ich bin überrascht.«
»Ich bin ziemlich beschäftigt, musst du wissen«, antwortete Carmen. »Und ich hab schon genug damit zu tun, meine eigene Presse zu lesen.« Sie grinste.
»Da hast du auch wieder Recht«, sagte Hannah, während sie die Lobby betraten. Der Nachtportier warf ihnen einen
kurzen Blick zu und widmete sich dann wieder seinem Computer. Hannah senkte die Stimme.
»Er hat gegen mich gewettet, Carmen. Mein eigener Vater.«
»Das ist ja furchtbar! Er dachte, du würdest verlieren?«
»Er verlangte von mir, zu verlieren.« Hannah blickte sich misstrauisch um, ob sie auch ja niemand hören konnte. »Das war eine sichere Sache. Du verstehst?«
»Warum hast du zugestimmt?«
»Ich war ein Kind«, sagte Hannah. »Er war mein Vater. Was spielte es für eine Rolle, dass ich der Tabellensiebten unterliegen musste? Davon abgesehen wurde das Problem erst richtig groß, als ich mich irgendwann weigerte.«
»Was passierte dann?«
»Er wettete gegen diese deutsche Spielerin, Heidi Müller. Sie war die Nummer eins auf der Weltrangliste und meine größte Rivalin.«
Carmen schloss ihre Zimmertür auf, ging hinein und gab Hannah ein Zeichen, Platz zu nehmen. Carmen schwang sich aufs Bett, begierig, mehr zu hören.
»Es war das Halbfinale von Wimbledon. Das war immer mein bestes Turnier gewesen. Ich war entschlossen, mein Comeback zu feiern, wollte wieder an die erste Stelle klettern. Daraufhin entschied mein Vater, Heidi ein bisschen nervös zu machen.«
»Er
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