Wenn Frauen nicht mehr lieben
für das Auffinden solcher Mechanismen. Bleiben wir bei den eher harmlos anmutenden, noch über jeglichen Verdacht eines klaren Sadismus erhabenen alltäglichen, nichtsdestoweniger feindseligen »Kleinigkeiten« im Leben der Frau.
Gemeint sind nicht etwa die offen ausgetragenen Streitereien unter Nachbarinnen, die bösen Bemerkungen von Frau Meier über Frau Gruber. Viel interessanter ist die subtil getarnte Frauenverachtung, die in die öffentliche Meinung Einzug gehalten hat und in den von der Frauenbewegung geschaffenen Mythen ihren Ursprung hat. Es sind dies allesamt Mythen, Geschichten, die man sich erzählt, Überzeugungen, die sich alle als Vorurteile entpuppen, weil sie nicht den wahren Tatsachen entsprechen. Etwa der Mythos von der dummen Hausfrau.
Als Hausfrau ist man nichts wert. Eine Frau verdummt mit der Kindererziehung. Daß man dadurch gescheiter und reifer werden kann, das ist einer »Befreiungsfrau« noch nie in den Sinn gekommen. Solche von Frauen
geschaffenen Frauenmythen haben den Frauen enorm viel Schaden zugefügt.
106
4. Moderne feministische
Frauenmythen, eine Fundgrube
versteckter Feindseligkeit von
Frauen gegenüber Frauen
Wo die Frau früher unter patriarchalen Strukturen zu leiden hatte, leidet sie heute unter einer neuen Form sozialer Unterwerfung unter die modernen frauenfeindlichen Mythen des 20. Jahrhunderts, welche sich der ganzen westlichen Welt bemächtigt haben. Diese neue larvierte Form der Frauenverachtung unter dem Deckmantel weiblicher Emanzipation – wie etwa der Mythos von der geistig verkümmernden Mutter am Herd der Familie –
hat eine Selbstwertproblematik unter Frauen ausgelöst, unter der viele Frauen bis heute – direkt oder indirekt –
leiden. Von der feministischen und sonstigen Literatur und von den Medien wurden diese Frauen indes jämmerlich allein gelassen.
Iris, eine 37jährige Frau, studierte Historikerin, hat einen fünfjährigen Sohn Rene, den ihr Mann einen Nachmittag pro Woche versorgt. Ansonsten ist Iris rund um die Uhr zu Hause und schreibt ab und zu für eine Zeitung. Sie leidet unter den kritischen und penetranten Bemerkungen ihrer Freundinnen.
»Jedes Mal fragen sie mich halb entsetzt, halb mitleidvoll, ob es mir auch wirklich gut ginge. Sie finden, ich hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank, nur weil ich den ganzen Tag mit Rene verbringe. Sie dichten mir eine Depression an, wo ich doch keine habe. Immer wieder kommen sie auf dieses leidige Thema zurück. Als müßten sie mich bearbeiten, damit ich endlich für mein ›Glück‹
107
sorge und arbeiten gehe. Wenn ich diesen Frauen erzähle, wie gerne ich mit Rene zusammen bin, wie ich Spiel und Gespräch mit ihm genieße, dann schauen sie mich an, als käme ich vom Mond. So fühle ich mich unter Frauen sehr isoliert und nirgendwo richtig verstanden. Ich bin auf der Suche nach einer Frau, die so denkt und fühlt wie ich. Bis jetzt habe ich noch keine gefunden.«
Andersdenkende Frauen wie Iris werden unter Druck gesetzt. So hat der Feminismus sich gegen die Anliegen der Frauen gewendet und ist zu einem entmensch-lichenden Feminismus geworden. Getreu dem Motto. Die Frau hat die gleichen Rechte wie der Mann. Sie soll ein absolut gleiches Leben führen können wie er. Daraus folgen Ableitungen, neue Richtlinien, die dafür sorgen, daß die Gleichheit auch durchgesetzt wird. Solche können etwa lauten: »Orientiere dich am Mann, der hat alles, was Gott erschaffen hat. Trachte danach, genauso viel zu bekommen und zu erreichen wie er. Vergleiche dich mit dem Mann und laß dich neben ihm nicht unterkriegen, koste es, was es wolle.«
Kollektive Mythen prägen unser Seelenleben in oft ungeahntem Ausmaß. Sie begleiten uns bewußt oder unbewußt und liefern Orientierungen in unserem Alltagsverhalten. Mythen verkörpern unausgesprochene Gesetzmäßigkeiten, die für den Menschen richtungweisend sind. Die Frauenbewegung hat zwar viele positive Errungenschaften für die Frauen erkämpft, sie hat aber auch neue Leitbilder geprägt, die dem Wesen der Frau einen fremden Stempel aufdrücken. Aus der erhofften Freiheit sind neue Imperative erwachsen, neue Forderungen entstanden, die die moderne Frau in neue Streß- und Unterwerfungsmechanismen hineinzwingen.
Solche aus dem Feminismus erwachsenen Frauenmythen des 20. Jahrhunderts haben bei vielen Frauen eine große 108
Verunsicherung im Blick auf ihre Geschlechtsidentität und auf das Spektrum ihres Betätigungsfeldes hervorgerufen.
Diese Frauen
Weitere Kostenlose Bücher